Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
um ein Vielfaches. Es war nicht nur eine simple Idee, es war eine bedeutende Erfindung, die die Arbeit erleichterte und das Überleben wahrscheinlich machte.
Als Ayla mit dem Festbinden ihres Köchers fertig war, saß sie wieder auf. Sie sah, daß Jondalar einen Speer bereithielt, und legte gleichfalls einen Speer auf ihre Speerschleuder. Dann ritt sie, die Schleuder locker haltend, in die ihr von Jondalar
zugewiesene Richtung. Die Wildrinder wanderten weidend am Fluß entlang, und die Kuh, die sie ausgewählt hatten, befand sich inzwischen an einem anderen, weniger isolierten Ort. Jetzt waren ein Bullenkalb und eine weitere Kuh in ihrer Nähe. Ayla folgte dem Fluß, lenkte Winnie mit Knien, Schenkeln und Körperbewegungen. Als sie sich ihrer Beute näherte, sah sie, wie Jondalar sich auf seinem Pferd der auf die Aue führenden Öffnung im Gestrüpp näherte. Die drei Auerochsen befanden sich zwischen ihnen.
Jondalar hob den Arm, der die Speerschleuder hielt; er hoffte, daß Ayla begreifen würde, daß dies ein Zeichen zum Abwarten war. Vielleicht hätten sie ihre Strategie eingehender durchsprechen sollen, bevor sie sich trennten, aber es war immer schwierig, die Taktik einer Jagd in allen Details vorauszuplanen. Zuviel hing von der Lage ab, die sie vorfanden, und vom Verhalten des Beutetiers. Die beiden anderen Tiere, die jetzt neben der gefleckten Kuh grasten, komplizierten die Lage, aber es bestand kein Anlaß zur Eile.
Plötzlich hoben die Kühe die Köpfe, und aus ihrer ruhigen Gelassenheit wurden ängstliche Besorgnis. Jondalar blickte über die Tiere hinweg, und in ihm wallte Verärgerung auf; es fehlte nicht viel daran, daß er regelrecht wütend war. Wolf war angekommen und bewegte sich mit hängender Zunge auf die Herde zu; irgendwie schaffte er es, bedrohlich und spiellustig auszusehen. Ayla hatte ihn noch nicht bemerkt, und
Jondalar unterdrückte das Verlangen, ihr zuzurufen und ihr zu sagen, sie sollte das Tier zurückhalten. Aber ein Ruf würde die Kühe nur erschrecken und sie veranlassen, in panischer Angst davonzurennen. Statt dessen zeigte er, als sie eine Armbewegung von ihm bemerkte, mit einem Speer auf den Wolf.
Nun sah auch Ayla den Wolf, doch sie war nicht sicher, was Jondalar mit seiner Geste sagen wollte; sie versuchte, sich ihm in der Zeichensprache des Clans verständlich zu machen, ihn zu fragen, was er von ihr wollte. Doch Jondalar erkannte ihr Zeichen nicht. Die Kühe brüllten, und das Kalb, das ihre Angst spürte, begann zu blöken. Alle drei sahen aus, als könnten sie jeden Augenblick losstürmen. Was anfangs ausgesehen hatte wie die perfekte Gelegenheit für eine einfache Jagd, entwickelte sich schnell zu einem fast hoffnungslosen Unterfangen.
Bevor sich die Lage noch weiter verschlechterte, drängte Jondalar Renner vorwärts; im gleichen Augenblick setzte sich die einfarbige Kuh in Bewegung und rannte von dem herannahenden Pferd und seinem Reiter fort, auf die Bäume und Sträucher zu. Das blökende Kalb folgte ihr. Ayla wartete, bis sie sicher war, auf welches Tier Jondalar aus war, dann galoppierte auch sie hinter der gefleckten Kuh her. Sie näherten sich den Auerochsen, die nach wie vor auf der Weide standen, sie beobachteten und unruhig brüllten, als auch die gefleckte Kuh plötzlich losrannte, auf den Sumpf zu. Sie jagten hinterher, aber als sie herankamen, wich die Kuh plötzlich aus, machte kehrt und stürmte zwischen den beiden Pferden hindurch auf die Bäume am entgegengesetzten Ende der Wiese zu.
Ayla verlagerte ihr Gewicht, und Winnie änderte prompt die Richtung. Die Stute war an schnelle Wendungen gewöhnt. Ayla hatte schon früher von ihrem Rücken aus gejagt, wenn auch gewöhnlich kleinere Tiere, die sie mit ihrer Schleuder erlegen
konnte. Jondalar hatte mehr Schwierigkeiten. Mit einem Führzügel ließ sich nicht so schnell ein Befehl geben wie mit einer Verlagerung des Körpergewichts, und der Mann und der junge Hengst hatte viel weniger Erfahrung im gemeinsamen Jagen; doch wenig später setzten auch sie der gefleckten Kuh nach.
Die Kuh rannte, so schnell sie konnte, auf das vor ihr liegende Dickicht aus Bäumen und Sträuchern zu. Wenn sie es schaffte, dort hineinzugelangen, würde es schwierig sein, sie zu verfolgen, und sie hatte eine gute Chance, ihnen zu entkommen. Ayla auf Winnie und, hinter ihnen, Jondalar auf Renner verringerten den Abstand zu ihr; aber Wildrinder konnten, wenn sie sich bedroht fühlten, fast so schnell sein wie
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