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Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Titel: Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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verstand, und hatte ihr ausführlich seine
Gedankengänge über das Wahrnehmen von Schönheit und das
Schaffen schöner Dinge für sich selbst und zu Ehren der Gro
ßen Erdmutter dargelegt. Sie glaubte zu erkennen, dass
Marthona dafür wohl ein ähnliches Gespür besaß.
Ayla schlürfte ihren warmen Tee und betrachtete Jondalars
Familie, wie sie still und entspannt um den niedrigen Tisch
herum saß. Sie spürte eine Ruhe und eine Zufriedenheit, die sie
bis dahin nicht gekannt hatte. Dies waren Menschen, die sie
verstehen konnte, Menschen wie sie selbst, und ihr ging plötz
lich auf, dass sie ja wirklich eine der Anderen war. Vor ihrem
geistigen Auge sah sie die Höhle von Bruns Clan, in der sie
aufgewachsen war, und der Gegensatz versetzte sie in Erstau
nen.
Bei den Zelandonii hatte jede Familie ihre eigene Behausung,
die durch Wandschirme und Wände unterteilt war. Stimmen
und Geräusche drangen zwar nach draußen - wobei es Sitte
war, sie zu überhören -, doch jede Familie verfügte über eine
vor den Blicken anderer geschützte Privatsphäre. Auch bei den
Mamutoi besaß in der Erdhütte des Löwenlagers jede Familie
ihren abgegrenzten Bereich, und Vorhänge boten Sichtschutz,
wenn das gewünscht war.
In der Höhle des Clans kannten alle die Grenzen, die um den
Bereich einer jeden Familie gezogen waren, selbst wenn sie
diese Grenzen nur mit strategisch platzierten Steinen kenn
zeichnete. Privatsphäre entstand aus dem Beachten von Regeln.
Man blickte beispielsweise nicht direkt in das Herdfeuer des
Nachbarn hinein und »übersah«, was jenseits der unsichtbaren
Grenze geschah. Die Clan-Leute waren geübt darin, nicht zu
sehen, was sie nicht sehen sollten. In Ayla krampfte sich etwas
zusammen, als sie daran zurückdachte, wie sie sogar für die
Menschen, die sie liebten, einfach Luft gewesen war, als sie
unter einem Todesfluch stand.
Bei den Zelandonii waren die Räume innerhalb und außer
halb der Behausungen weiter unterteilt. Sie kannten Bereiche
für das Schlafen, Kochen und Essen sowie für verschiedene
Arbeiten. Beim Clan waren die Bereiche für verschiedene Tä
tigkeiten weniger genau bestimmt. Meist waren nur Schlafbe
reich und Feuerstelle deutlich sichtbar abgegrenzt, während
sich ansonsten die Raumgliederung aus Sitten, Gewohnheiten
und Verhaltensregeln ergab. Die Unterteilungen bestanden aus
Vorstellungen über die Ordnung der Gruppe und waren nicht
konkret fassbar. Frauen mieden Orte, an denen Männer gerade
arbeiteten, Männer hielten sich von den Betätigungen der Frau
en fern, und Arbeiten wurden oft spontan dort verrichtet, wo es
gerade günstig war.
Die Zelandonii scheinen, so dachte Ayla, mehr Zeit zur Ver
fügung zu haben als der Clan, um verschiedenartigen Tätigkeiten nachzugehen. Sie stellen sehr viele unterschiedliche Dinge
her, und nicht alle davon sind lebensnotwendig. Vielleicht
kommt es daher, dass sie anders jagen. Sie war so in Gedanken
versunken, dass sie eine Frage überhörte.
»Ayla? Ayla!«, wiederholte Jondalar laut.
»Oh! Tut mir Leid, Jondalar. Was hast du gesagt?« »Was hat dich denn so beschäftigt, dass du mich gar nicht
gehört hast?«
»Ich dachte über die Unterschiede zwischen den Anderen und
den Clan-Leuten nach und fragte mich, warum die Zelandonii
mehr Gegenstände herzustellen scheinen als die Clan-Leute.« »Und hast du eine Antwort darauf gefunden?«, fragte
Marthona.
»Ich weiß nicht, aber vielleicht hat es etwas mit den ver
schiedenen Arten der Jagd zu tun«, sagte Ayla. »Wenn Brun
und seine Jäger loszogen, brachten sie gewöhnlich ein ganzes
Tier mit zurück, manchmal auch zwei. Zum Löwenlager gehör
ten etwa gleich viele Leute wie zu Bruns Clan, doch wenn man
dort jagte, zogen alle mit, die nur konnten, Männer, Frauen und
sogar manche Kinder, und sei es auch nur, um die Tiere vor
sich herzutreiben. Meistens erlegten sie eine große Anzahl Tie
re und nahmen nur die besten und nahrhaftesten Teile mit, und
der größte Teil des Fleisches wurde für den Winter haltbar ge
macht. Ich kann mich nicht erinnern, dass man im Clan oder im
Löwenlager jemals hungern musste, doch am Ende des Winters
waren im Clan oft nur die magersten Nahrungsmittel übrig, die
am wenigsten sättigten, und manchmal musste man schon im
Frühling auf die Jagd gehen, wenn die Tiere noch ganz abge
zehrt waren. Im Löwenlager wurde im Spätfrühling manches
knapp, und die Leute waren gierig auf Grüngemüse, aber sie
hatten noch immer reichlich zu essen.«
»Das könntest du später

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