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Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Titel: Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Sorgfalt dafür vonnöten. Ayla drehte sich auf die Seite, und Jondalar kuschelte sich an
ihren Rücken, so dass sie wie zwei auf der Seite liegende Löf
fel aneinander geschmiegt dalagen. Er schlief ein, während er
sie so in den Armen hielt, doch sie war noch zu wach, auch
wenn sie sich wohlig und zufrieden fühlte. Sie hatte am Mor
gen viel länger als sonst geschlafen und dachte nun wieder über
den Clan und die Anderen nach. Erinnerungen an das Leben im
Clan und bei verschiedenen Gruppen der Anderen gingen ihr
durch den Sinn, und sie begann Vergleiche anzustellen. Beide Völker mussten mit denselben Lebensbedingungen zu
rechtkommen, nutzten das Vorhandene aber keineswegs auf dieselbe Weise. Beide jagten Tiere, sammelten Pflanzen als Nahrung und verwendeten Tierhäute, Knochen, pflanzliche Materialien und Steine für Kleider, Behausungen, Gerätschaf ten und Waffen. Davon abgesehen gab es aber gewichtige Un
terschiede.
Am auffälligsten war vielleicht, dass Jondalars Leute ihre
Umgebung mit gemalten und geschnitzten Tierdarstellungen
und Mustern schmückten, die Clan-Leute dagegen nicht. Sie
stellte fest - auch wenn sie sich das nicht recht zu erklären
wusste -, dass dieses Verzieren und Schmücken bei den ClanLeuten noch in den Anfängen steckte. Für eine Bestattung zum
Beispiel bestochen sie den Leichnam mit rotem Ocker. Sie in
teressierten sich für ungewöhnliche Gegenstände, die sie für
ihre Amulette sammelten. Bei bestimmten Anlässen versahen
sie den Körper mit Totemfarben und farbigen Malen. Doch
Kunst hinterließen die urzeitlichen Menschen des Clans keine. Dies war nur bei Menschen wie Ayla der Fall, bei den Ma
mutoi, den Zelandonii und jenen Gruppen von Anderen, die sie
und Jondalar auf ihrer Reise getroffen hatten. Sie fragte sich,
ob die ihr unbekannten Menschen, bei denen sie geboren wor
den war, die Gegenstände ihrer Welt wohl ebenfalls schmück
ten und verzierten. Sie vermutete es. Die Anderen, die später
gekommen waren als die Clan-Leute und jene kalte, vorzeitli
che Welt eine Zeit lang mit ihnen teilten, vollzogen als Erste
den Schritt vom Sehen eines Tieres, das sich bewegte, lebte
und atmete, hin zu seiner Darstellung in Zeichnungen oder
Schnitzereien. Dies war ein großer Unterschied gegenüber den
Clan-Leuten.
Indem sie Kunst schufen, Tiere darstellten und gezielt Muster
gestalteten, trat die Fähigkeit zur Abstraktion zutage - die Fä
higkeit, das Wesen einer Sache zu erfassen und es in einem
Symbol wiederzugeben, das für die Sache selbst stand. Ein
solches Symbol konnte auch die Form eines Lautes oder eines
Wortes haben. Denn in einem Gehirn, das zu künstlerischer Wahrnehmung imstande war, konnte auch eine andere bedeut same Form der Abstraktion zur Entfaltung kommen: die Spra che. Und dieses selbe Gehirn, das aus der Abstraktion der Kunst und der Abstraktion der Sprache eine Synthese zu schaf fen vermochte, würde eines Tages auch ein Werkzeug ersin nen, in dem beide Symbolformen zusammenwirkten, gleichsam
ein Gedächtnis der Wörter: die Schrift.
Anders als tags zuvor erwachte Ayla an diesem Morgen sehr
früh. In der Feuerstelle glomm keine Glut mehr, und alle Lam
pen waren erloschen, doch über den dunklen Wandschirmen
von Marthonas Wohnplatz konnte sie im schwachen Wider
schein des ersten Tageslichts, der ersten Ankündigung des
Sonnenaufgangs, die Konturen des Kalküberhangs erkennen.
Keiner der anderen regte sich, als sie leise aus den Fellen
schlüpfte und in der nicht mehr ganz so pechschwarzen Dun
kelheit hinüberging, um den Nachtkorb zu benutzen. Wolf hob
den Kopf, sobald sie aufstand, ließ ein freudiges Jaulen hören
und folgte ihr.
Ihr war ein wenig übel, aber nicht so schlimm, dass sie sich
hätte übergeben müssen. Ihr Magen war durcheinander, und es
verlangte sie nach kräftiger Nahrung. Sie ging in den Kochbe
reich, entfachte ein kleines Feuer und aß dann ein paar Bissen
von dem Wisentfleisch, das vom Abend übrig war und auf der
Servierplatte aus einem Beckenknochen lag, und dazu ein we
nig von dem weichen Gemüse in dem Korb, in dem Gekochtes
aufbewahrt wurde. Hinterher ging es ihr nicht viel besser, und
sie beschloss, sich einen Tee zuzubereiten, um den Magen zu
beruhigen. Sie wusste nicht, wer am Morgen zuvor den Tee für
sie zubereitet hatte. Wahrscheinlich Jondalar; dafür würde sie
ihm jetzt einen seiner bevorzugten Morgentees kochen. Sie holte ihren Medizinbeutel aus dem Reisegepäck. Nun, da
wir am Ziel sind, dachte sie, werde ich wohl auch meinen

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