Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers
Rechtecken eingeteilt war. Die vier senk rechten Linien reichten nach oben über das große Rechteck hinaus, so dass, wenn man sie durch eine Linie verbunden hät te, eine dritte Reihe von kleinen Rechtecken entstanden wäre. Die Umrisse der Rechtecke waren dunkel, doch drei waren mit Rottönen ausgemalt und eines mit Gelb.
Sie hatte bei einigen der Leute, denen sie hier begegnet war, unter anderem bei Marthona, Joharran und Willamar, Tätowierungen der einen oder anderen Art gesehen. Ob die Zeichen jeweils eine besondere Bedeutung hatten, wusste sie nicht, doch nach Zelandonis Erklärung erschien ihr das wahrschein lich.
»Mamut hatte ein Zeichen auf der Wange«, sagte Ayla und deutete die Stelle auf der eigenen Wange an. »Das war bei al len Mamutii so. Manche trugen auch noch andere Zeichen. Ich hätte eines bekommen, wenn ich geblieben wäre. Bald nach dem Mamut mich adoptiert hatte, begann er mich zu unterwei sen, doch die Ausbildung war bei meinem Fortgehen noch nicht ganz abgeschlossen, also wurde ich nie tätowiert.«
»Aber hast du nicht gesagt, die Gefährtin des Häuptlings ha be dich adoptiert?«
»Ich ging ebenso wie Nezzie davon aus, dass sie mich adop tieren würde, aber bei der Zeremonie sprach Mamut dann vom Mammut-Herdfeuer, nicht vom Löwen-Herdfeuer. Er adoptier te mich dann also selbst.«
»Ist dieser Mamut Einer, Der Der Mutter Dient?«, fragte Ze landoni und dachte: Sie war also auf dem Weg, Eine, Die Dient, zu werden.
»Ja, so wie du. Das Mammut-Herdfeuer war das Herdfeuer von ihm und von Denen, Die Der Mutter Dienen. Die meisten entscheiden sich irgendwann für das Mammut-Herdfeuer oder glauben zu spüren, dafür erwählt worden zu sein. Mamut sagte, ich sei dafür geboren.« Sie errötete leicht und blickte zur Seite. Es war ihr ein wenig peinlich, von etwas zu sprechen, das ihr gegeben war und das sie sich nicht verdient hatte. Sie musste an Iza denken, die ihr mit großer Sorgfalt beizubringen ver sucht hatte, eine gute Clan-Frau zu sein.
»Ich denke, dein Mamut war ein kluger Mann«, sagte Zelan doni. »Du sagtest aber, dass du deine heilerischen Fähigkeiten von einer Frau aus jenem Clan, der dich aufzog, gelernt hast. Gibt es bei ihnen denn keine Kennzeichen, um Rang und Wür de einer Person deutlich zu machen?«
»Als sie mich als eine Medizinfrau des Clans anerkannten«, antwortete Ayla, »gaben sie mir einen schwarzen Stein, den ich in meinem Amulett aufbewahren sollte. Eine Medizinfrau wird aber nicht durch eine Tätowierung oder etwas in der Art kennt lich gemacht. Solche Zeichen sind für die Totems vorbehalten, wenn ein Junge zum Mann wird.«
»Wie erkennen die Leute denn eine Heilerin, wenn sie Hilfe brauchen?«
Darüber hatte Ayla nie nachgedacht. Sie überlegte einen Moment. »Medizinfrauen müssen kein Zeichen tragen. Die anderen wissen um ihre besondere Stellung und erkennen diese stets an. Iza nahm den höchsten Rang unter den Frauen des Clans ein und stand sogar noch über der Gefährtin von Brun.«
Zelandoni schüttelte den Kopf. Sie verstand noch nicht, was Ayla meinte, obwohl diese offenbar dachte, sie habe eine ein leuchtende Erklärung gegeben. »Du beschreibst das sicher rich tig, aber woran erkennen die Leute, ob sie es mit einer Medi zinfrau zu tun haben?«
Ayla bemühte sich, es noch deutlicher zu machen: »An ihrer Position. An der Position, die sie einnimmt, wenn der Clan unterwegs ist, an der Stelle, an der sie steht, wenn sie isst, an den Zeichen, die sie macht, wenn sie ... redet, an den Zeichen, die die anderen machen, wenn sie sich an sie wenden.«
»Ist das nicht sehr mühselig? Dieses umständliche Verwen den von Positionen und Zeichen?«, fragte Zelandoni.
»Nicht für sie. Das ist die Art, wie die Leute des Clans reden. Mit Zeichen. Sie tun das nicht wie wir mit Worten.«
»Aber warum nicht?«, wollte Marthona wissen.
»Sie können es nicht. Sie können nicht alle Laute erzeugen, die wir beherrschen. Einige ja, aber nicht alle. Sie reden mit den Händen und mit dem ganzen Körper.«
Jondalar sah, dass die Verwirrung bei seiner Mutter und den anderen wuchs und Ayla nicht mehr weiterwusste. Er kam zu dem Schluss, dass es an der Zeit war, für Klarheit zu sorgen. »Ayla ist bei Flachschädeln aufgewachsen, Mutter«, sagte er.
Fassungsloses Schweigen folgte.
»Flachschädel? Flachschädel sind doch Tiere!«, rief Joharran.
»Nein, das sind sie nicht«, widersprach Jondalar.
»Aber natürlich sind sie das«, sagte Folara. »Sie können doch nicht
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