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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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waren erstaunlich
vollständig, zeigten Augen und Andeutungen ihres wolligen
Fells, doch auch ohne die Stoßzähne und andere Ergänzungen reichten die Umrisse aus, um das Gefühl zu vermitteln, ein vollständiges Tier vor sich zu haben.
Angesichts der Zeichnungen überlegte sie, ob sich die
Klangfarbe ihrer Pfiffe und von Zelandonis Gesang tatsächlich in manchen Bereichen der Höhle veränderte und ob irgendein Ahne hier das Gleiche gehört und diese Stellen mit
Mammuts, Nashörnern und anderem gekennzeichnet hatte.
Sich vorzustellen, dass die Höhle selbst den Menschen mitteilte, wo sie zu kennzeichnen war, fand Ayla faszinierend. Oder war es die Mutter, die ihren Kindern durch die Höhle mitteilte, wo sie Zeichnungen anbringen sollten? Führten sie die Geräusche, die sie von sich gaben, tatsächlich näher an die Unterwelt der Mutter? Anscheinend war es so, doch
tief im Innern blieben Ayla gewisse Zweifel.
Sie nahm ihre Vogelrufe wieder auf. Ein Stück weiter vorne war sie sich nicht sicher, fühlte sich aber veranlasst, stehen zu bleiben. Zuerst erkannte sie nichts, aber nachdem
sie ein paar Schritte gegangen war, schaute sie zur linken
Seite der breiten Höhle. Dort entdeckte sie ein beachtliches
Mammut in vollem zotteligen Winterfell. Deutlich waren
die Haare auf der Stirn, um die Augen und um den Rüssel
zu erkennen.
»Es sieht aus wie ein weiser alter Mann«, sagte Ayla. »Es wird >Der Alte< genannt, oder manchmal auch >Der
weise Alte<«, erwiderte Zelandoni.
Wieder begann Zelandoni zu singen und wandte sich der
gegenüberliegenden Wand zu, an der es weitere Mammuts
gab, sehr viele, alle in Schwarz gemalt. »Könntet ihr die
Zählwörter anwenden und mir sagen, wie viele Mammuts
ihr seht?«, fragte sie Jondalar und Ayla.
Sie traten nahe an die Höhlenwand, hielten ihre Lampen
hoch, um besser sehen zu können, und machten ein Spiel
daraus, das Zählwort für jedes Tier auszusprechen, das sie
sahen. »Manche sind nach links gerichtet, andere nach
rechts«, berichtete Jondalar, »und in der Mitte sind wieder
zwei, die sich anschauen.«
»Das sieht aus, als hätten sich die beiden Anführer, die
wir vorhin gesehen haben, erneut getroffen und ein paar
von ihrer Herde mitgebracht«, sagte Ayla. »Ich habe elf gezählt.«
»Ich bin auf dieselbe Zahl gekommen«, bestätigte Jondalar.
»Das entspricht dem, was die meisten zählen«, sagte Zelandoni. »Wenn wir diesen Weg weiter verfolgen, gibt es noch ein paar Tiere zu sehen, aber ich glaube, wir müssen sie diesmal nicht besuchen. Lasst uns umkehren und in den anderen Gang gehen. Ich denke, ihr werdet überrascht
sein.«
Sie kehrten zu der Stelle zurück, an der die beiden Tunnel
abzweigten, und Zelandoni führte sie in den anderen. Im
Gehen summte oder sang sie leise. Sie kamen an weiteren
Tieren vorbei, und Ayla fielen weitere Fingerabdrücke auf,
einige waren deutlich erkennbar, andere wirkten eher zufällig aufgedrückt. Plötzlich hob die Erste die Stimme und verlangsamte ihre Schritte. Dann setzte sie mit den vertrauten
Worten des Liedes von der Mutter ein.

Aus dem Chaos der Zeit, im Dunkel verloren Ward aus wirbelndem Strahl die Mutter geboren, Wird gewahr ihres Seins, sieht des Lebens Wert, Doch die Erdmutter trauert, denn eins ist ihr verwehrt.
    Sie ist allein. Will es nicht sein.
    Aus dem Staub erschafft sie.
Und es erscheint Der schimmernde Bruder, Gefährte, Freund.
In Liebe und Freundschaft vergeht Jahr um Jahr. Dann ist sie bereit. Sie werden ein Paar.
    Er liebkost ihr Gesicht mit seinem schimmernden Licht.
    Ihre volle Stimme schien den ganzen Raum der großen Höhle zu durchdringen. Ayla war zutiefst ergriffen. Schauer überliefen sie, die Kehle wurde ihr eng, und ihr kamen Tränen.
    Das nachtschwarze Dunkel, die wüste Erde Erwarten, dass etwas geboren werde.
Ihr Blut, ihr Atem nährt das neue Sein, Bis drängendes Leben durchbricht ihr Gebein.
    Die Mutter erschafft. Sie teilt die Kraft.
    Die sprudelnden Wasser füllen Flüsse und Seen, Lassen Bäume, Blätter und Gräser entstehen. Das kostbare Nass, von der Mutter geweiht, Hüllt die Erde in ein üppiges Pflanzenkleid.
    Ihre Wasser fließen. Neues Grün darf sprießen.
    Hoch lodern die Flammen, denn sie wälzt sich in Pein. Die lebende Frucht will erlitten sein.
Rot wie Ocker gerann in der Erde ihr Blut,
Doch das Kind, das helle, belohnt ihren Mut.
    Der Mutter Lohn. Ein leuchtender Sohn.
    Das Gebirge stieg auf, spie Flammen vom Grat. Der Mutter Milch schrieb am Himmel den Pfad. Sie nährte den

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