Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
für Huftiere bequem zu erklimmenden Abhängen aus, daher eignete sich das Tal nicht so gut als Jagdfalle, wenn man keine ausgedehnten Zäune und Pferche bauen wollte. Diese Arbeit war einmal begonnen, aber nie fertiggestellt worden. Nur ein vermodertes Stück Zaun war zurückgeblieben.
Männern war der Zugang zu dem als Frauenplatz bekannten Gelände zwar nicht verwehrt, doch da es hauptsächlich von Frauen genutzt wurde, kamen nur wenige Männer hierher, die nicht zur Zelandonia gehörten. Ayla war schon dort gewesen, aber für gewöhnlich, um eine Botschaft zu überbringen, oder sie hatte jemanden begleitet, der hier nur vorüberkam. Nie hatte sich die Gelegenheit für einen längeren Aufenthalt ergeben. Sonst war sie aus Richtung der Neunten Höhle gekommen, und sie wusste, wenn sie die Wiese mit dem Grasfluss im Rücken betrat, befand sich auf der Außenseite der Felswand zur Rechten eine kleine Grotte, die als vorübergehender Unterschlupf und manchmal als Lagerplatz diente. Eine weitere kleine Grotte durchbrach diese Kalksteinwand, kurz nachdem man in das geschlossene Tal abgebogen war.
Viel wichtiger waren zwei Höhlen, schmale, gewundene Spalten, die sich aus einer kleinen Felsnische am hinteren Ende der Wiese in geringer Höhe über der Talaue öffneten. Diese Höhlen hinten im Tal waren ein weiterer Grund gewesen, warum man gezögert hatte, hier ein Jagdrevier einzurichten. Der erste Gang zur Rechten wand sich innerhalb der Kalksteinwand in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren, bis er in einen schmalen Ausgang nicht weit von der ersten kleinen Grotte in der rechten Wand mündete. Obwohl es viele Ritzzeichnungen an den Wänden gab, wurden dieser Durchgang und die Felsnische, in der er begann, hauptsächlich als Rastplatz benutzt, wenn man die andere Höhle besichtigte.
Als Ayla, Jondalar und Zelandoni eintrafen, war niemand da. Die meisten waren von ihren sommerlichen Unternehmungen noch nicht zurückgekehrt, und die wenigen, die zu Hause geblieben waren, hatten keinen Grund, hierherzukommen. Jondalar schirrte die Pferde aus, damit sie sich erholen konnten. Die Frauen, die dieses Gebiet benutzten, hielten es in der Regel sauber und ordentlich, doch es wurde häufig besucht, und ein Frauenplatz war unweigerlich auch ein Platz für Kinder. Bei Aylas früheren Besuchen hatte normales Leben und Treiben geherrscht. Schalen und Kästen aus Holz, geflochtene Körbe, Spielzeug, Kleidung, Gestelle und Stangen zum Trocknen oder zur Herstellung von Gegenständen waren überall zu sehen gewesen. Werkzeuge aus Holz, Knochen, Horn oder Feuerstein gingen zuweilen verloren oder zerbrachen, wurden von Kindern fortgeschleppt und schließlich beiseitegetreten oder in der Felsnische zurückgelassen, da man sie im Dunkeln übersehen hatte. Mahlzeiten wurden gekocht, Abfall stapelte sich besonders bei schlechtem Wetter in der Grotte, wenn auch nur in der rechten, wie Ayla erfahren hatte.
Einige Gegenstände waren immer noch vorhanden. Ayla fand einen Holzklotz, aus dem ein Trog geschnitzt worden war. Offensichtlich hatte man darin Flüssigkeit aufbewahrt, doch Ayla beschloss, ihre eigenen Utensilien zu verwenden, um Tee und Suppe zu kochen. Sie sammelte ein wenig Holz und machte in einer vorhandenen, mit Holzkohle gefüllten Grube Feuer. Sie fügte Kochsteine hinzu, um das Wasser zu erhitzen. Ein paar Holzblöcke und Kalksteinbrocken waren von früheren Bewohnern an das Herdfeuer gezogen worden, und Zelandoni nahm die Polster von ihrer Schleiftrage und legte sie auf die Steine, um eine bequemere Unterlage zu haben. Ayla stillte Jonayla, bettete sie dann auf ihre Decke im Gras, während sie selbst aß, und sah zu, wie die Kleine einschlief.
»Willst du mitkommen, Jondalar?«, fragte Zelandoni. »Du warst wahrscheinlich nicht mehr hier, seit du als Junge dort drinnen dein Zeichen hinterlassen hast.«
»Ja, gern.«
Fast alle brachten irgendwann ein Zeichen auf den Wänden dieser Höhlen an, manchmal mehr als eins, wobei die Männer das für gewöhnlich nur taten, wenn sie noch Kinder oder Heranwachsende waren. Jondalar erinnerte sich an das erste Mal, als er selbst hineingegangen war. Die Höhle war schlicht und hatte keine Nebengänge, in denen man sich verlaufen konnte, und die Jungen durften sich ihren eigenen Weg suchen. Im Allgemeinen gingen sie allein oder höchstens zu zweit hinein, um ihre persönlichen Zeichen anzubringen, pfiffen, summten oder sangen unterwegs, bis die Wände zu antworten schienen. Die Zeichen
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