Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
erfahren, was sie unternehmen würden.
Die anderen Männer bei ihm waren nicht wütend, sie hatten einfach nur Angst. Sie wussten, was sie getan hatten, und es gab hier genug Menschen, die das auch wussten. Der Mann, der neben Balderan stand, dachte an die missliche Lage, in der er sich befand. Balderan zu folgen, war immer so einfach gewesen, sich zu nehmen, was sie haben wollten, und Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Freilich jagte auch Balderan ihm manchmal Angst ein, doch er fühlte sich stark, wenn er sah, dass andere sich vor ihm fürchteten. Und wenn ihnen die Menschen dicht auf den Fersen waren, konnten sie sich immer rechtzeitig davonmachen. Sie waren sich sicher gewesen, dass man sie nie fangen würde, doch die fremde Frau mit ihren Waffen und ihren Tieren hatte sie eines Besseren belehrt.
Ohne Zweifel war sie eine Zelandoni, und sie hätten niemals eine angreifen dürfen, Die Der Mutter Dient. Aber woher hätten sie das wissen sollen? Sie war nicht mal tätowiert. Man behauptete, sie sei eine Gehilfin, aber die Gehilfin der Ersten? Er wusste nicht einmal, ob es die Erste wirklich gab. Er dachte, sie wäre bloß eine Legende wie die Überlieferungen der Alten. Doch jetzt war die mächtigste Zelandoni auf Erden hier mit ihrer Gehilfin, die magische Kräfte über Tiere besaß und ihn gefangen genommen hatte. Was würden sie ihm antun?
Als hätte er seine Gedanken gehört, fragte einer der Zelandonia: »Jetzt, da sie hier sind, was fangen wir mit ihnen an?«
»Vorerst müssen wir ihnen zu essen geben, einen Platz suchen, an dem wir sie festhalten, und Leute finden, die sie bewachen, bis eine Entscheidung getroffen werden kann«, sagte die Erste und wandte sich an die Zelandoni der Ersten Höhle der Hüter. »Und vielleicht solltest du zunächst das Wisentfleisch verteilen.«
Die Zelandoni lächelte der Ersten zu und nahm zur Kenntnis, dass sie ihr Autorität übergeben hatte, als wisse sie, dass die Frau in dieser Region die Erste war, obwohl es ihr niemand gesagt hatte. Die Frau rief ein paar Namen auf und überließ den Anführern der beiden Höhlen die Entscheidung, wie das Fleisch aufzuteilen war, bestimmte aber mehrere andere Zelandonia, die Arbeit des Häutens und Zerlegens zu überwachen. Einige Tiere waren bereits gehäutet, und man fing an, das Fleisch für die Abendmahlzeit zu zerteilen.
Andere brachten Balderan und seine Männer zur Felswand.
Sobald man die Männer in Verwahrung genommen hatte, pfiff Ayla Wolf zu sich und ging zu Jondalar, um ihm beim Ausschirren der Pferde zu helfen. Sie hatte eine etwas abgelegene Grasfläche entdeckt, wollte aber lieber erst nachfragen, ob sie die Pferde dort unterbringen konnte. Man tat stets gut daran, nicht über das Gebiet anderer Höhlen zu verfügen. Zunächst fragte sie Demoryn, den Anführer von Amelanas Höhle.
»Wir haben hier in diesem Jahr kein Sommertreffen abgehalten, daher ist das Gras vermutlich nicht plattgetreten, aber du kannst Zelandoni die Erste fragen, wenn du Gewissheit haben willst«, sagte er.
»Zelandoni die Erste?«, fragte Ayla. »Meinst du, von der Ersten Höhle der Hüter?«
»Ja, aber das ist nicht der Grund, warum sie Zelandoni Die Erste genannt wird. Sie ist unsere >Erste<«, antwortete er. »Sie ist nur zufällig Zelandoni jener Höhle. Dabei fällt mir ein, ich sollte ihr auch sagen, dass ich einen Läufer zu zwei weiteren Höhlen geschickt habe, um ihnen mitzuteilen, dass Balderan gefangen ist. Sie haben mehr als alle anderen unter ihm gelitten. Kann sein, dass noch mehr Leute kommen.«
Ayla runzelte die Stirn und fragte sich, wie viele andere Höhlen es wohl genauso machten. Vielleicht sollte sie sich nach einem abgeschiedeneren Platz umsehen oder eine Umfriedung für die Pferde errichten, so wie bei ihren Sommertreffen. Sie wollte Jondalar danach fragen, nachdem sie sich mit Zelandoni der Ersten beraten hatte.
Ayla und Jondalar sprachen mit den übrigen Reisenden, und sie beschlossen, sich nach einem der besten Plätze umzusehen, auf dem sie ihr Lager aufschlagen konnten. Die Erste stimmte Aylas Vermutung zu, dass mehr Menschen eintreffen könnten, als man erwartet hatte.
An diesem Abend wurden die Mahlzeiten zwar von den Familien oder Gruppen gekocht, die auch sonst zusammen aßen, aber alle saßen mehr oder weniger zusammen wie bei einem Festmahl.
Ayla und Jondalar ließen Wolf bei Jonayla, damit er sich von seiner anstrengenden Wache ausruhen konnte, und begaben sich gemeinsam auf den Weg zum Zelt der
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