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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Da ist er glattrasiert. Seine breite Stirn, auf der sich allmählich Falten eingraben, weil er sie vor Konzentration oder Sorge zu runzeln pflegt. Seine leuchtend blauen Augen, die mich liebevoll und verlangend anblicken - Jonayla hat seine Augen. Seine gerade, schmale Nase, das kräftige Kinn mit dem vollen, sinnlichen Mund.
Ihre Gedanken verweilten bei seinem Mund, sie glaubte ihn fast zu spüren. Seine breiten Schultern, die muskulösen Arme, die großen, empfindsamen Hände. Hände, die ein Stück Feuerstein berührten und wussten, wie es brechen würde, die aber auch ihren Körper so kundig zu liebkosen verstanden und genau wussten, wie Ayla reagieren würde. Seine langen, kräftigen Beine, die Narbe in seiner Leiste von seiner Begegnung mit ihrem Löwen, Baby, und daneben seine Männlichkeit.
Sie spürte, wie ihr Verlangen nach ihm anstieg, allein, wenn sie an ihn dachte. Sie wollte ihn sehen, wollte bei ihm sein. Sie hatte ihm nicht einmal gesagt, dass sie ein Kind erwartete, und jetzt gab es kein Kind mehr, von dem sie ihm erzählen konnte. Kummer durchflutete sie. Ich wollte das Kind, aber die Mutter wollte es noch mehr. Bei dem Gedanken verzog Ayla das Gesicht. Die Mutter wusste, dass ich noch ein Kind wollte, aber ich glaube nicht, dass sie ein Kind gewollt hätte, das ich nicht wollte.
Zum ersten Mal seit ihrer Prüfung dachte sie an das Lied von der Mutter, und schaudernd erinnerte sie sich an die Strophe, die neue Strophe, die von der neuen Gabe berichtete, der Gabe der Kenntnis, dem Wissen, dass Männer notwendig sind, damit neues Leben beginnt.
    Als letzte Gabe die Kenntnis, ihre Kinder zu lehren, Des Mannes Saft bedarf es, um das Leben zu mehren. Es ehrt die Mutter, teilt ein Paar die Wonnen,
    Dann wird in der Frau neues Leben begonnen.
Zufrieden nun, kann die Mutter ruhn.
    Ich weiß es schon seit langem, jetzt hat die Große Mutter mir bestätigt, dass es tatsächlich wahr ist. Warum hat sie mir diese Gabe geschenkt? Damit ich sie teile, den anderen davon berichte? Deshalb wollte sie mein Kind! Ich war die Erste, der sie es erzählt hat, sie hat mir ihre letzte große Gabe geschenkt, aber ich musste mich würdig erweisen. Der Preis war hoch, aber er war wohl notwendig. Vielleicht musste die Mutter mir etwas derart Kostbares nehmen, damit ich weiß, wie sehr ich diese Gabe wertschätzen muss. Gaben werden nur dann geschenkt, wenn etwas gleichermaßen Wertvolles zurückgegeben wird.
    Bin ich berufen worden? Bin ich jetzt eine Zelandoni? Weil ich mein Kind geopfert habe, hat die Große Mutter zu mir gesprochen, hat mir den letzten Vers des Liedes von der Mutter offenbart, damit ich ihn allen mitteile, damit ich ihren Kindern diese Gabe überbringe. Jetzt wird Jondalar sicher sein können, dass Jonayla ebenso sein Kind ist wie meines. Und wir wissen, wie wir ein neues Kind beginnen können, wenn wir eines wollen. Jetzt wird jeder Mann wissen, dass es mehr ist als sein Geist, dass er es ist, sein Lebenssaft, dass seine Kinder Teil von ihm sind.
    Aber was ist, wenn eine Frau kein weiteres Kind haben will? Oder keines mehr bekommen sollte, weil sie zu schwach ist, zu erschöpft von den vielen, die sie bereits bekommen hat? Dann weiß sie, wie sie es verhindern kann! Jetzt weiß jede Frau, was sie tun muss, um kein Kind zu bekommen, wenn sie nicht dazu bereit ist oder keines will. Sie braucht nicht die Große Mutter zu fragen, sie braucht keine besonderen Kräuter zu nehmen, sie braucht einfach nicht mehr die Wonnen zu teilen. Dann wird sie nicht schwanger. Zum ersten Mal kann eine Frau über ihren eigenen Körper, über ihr eigenes Leben bestimmen. Das verleiht ihr Macht ... aber es gibt eine Kehrseite. Was ist mit dem Mann?
    Was, wenn er die Wonnen auch weiterhin teilen will? Oder wenn er ein Kind haben will, bei dem er weiß, dass es von ihm stammt? Oder wenn er kein Kind haben will?
    Ich will noch ein Kind, und ich weiß, dass sich auch Jondalar noch eines wünscht. Er geht so gut mit Jonayla und mit den jungen Lehrburschen um. Es tut mir leid, dass ich sein Kind verloren habe. Bei dem Gedanken traten Ayla Tränen in die Augen. Aber ich kann noch eins bekommen. Wenn nur Jondalar hier wäre, dann könnten wir sofort versuchen, noch eins zu beginnen, aber er ist beim Sommertreffen. Ich kann ihm nicht einmal sagen, dass ich das Kind verloren habe, solange ich hier bin. Ich weiß, es würde ihm wehtun. Auch er würde gleich noch eins beginnen wollen.
    Warum gehe ich nicht? Ich brauche nicht mehr den Himmel

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