Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
Tochter zu den Mädchen gehörte, die dieses Jahr die Ersten Riten begangen hatten, und sie bemerkte, dass Dinara die junge Frau anlächelte. Da fiel ihr auch der Name der jungen Frau wieder ein.
»Nichts hat sich verändert, Diresa«, sagte die Erste. »Kinder sind immer schon das Ergebnis der Verbindung eines Mannes und einer Frau gewesen. Nur weil wir es früher nicht wussten, heißt das nicht, dass es nicht immer schon so war. Doni hat einfach entschieden, es uns jetzt zu sagen. Sie muss das Gefühl gehabt haben, dass wir für diese Kenntnis bereit sind. Kennst du den Mann, dessen Gefährtin deine Mutter bei deiner Geburt war?«
»Ja. Jeder kennt ihren Gefährten. Das ist Joncoran«, antwortete Diresa.
»Dann ist Joncoran dein Vater«, sagte Zelandoni. Sie hatte auf eine Gelegenheit gewartet, das Wort zu nennen, das sie ausgewählt hatten. »Vater soll der Mann heißen, der Kinder hat. Ein Mann ist notwendig, damit das Leben beginnen kann, aber er trägt das Kind nicht in sich, er bringt es nicht zur Welt und stillt es auch nicht, aber ein Mann kann das Kind ebenso lieben wie die Mutter.«
Die Versammelten begannen wild durcheinanderzureden. Ayla hörte, wie das neue Wort mehrfach wiederholt wurde, als müssten die Menschen es sich auf der Zunge zergehen lassen. Zelandoni wartete, bis sich der Lärm wieder gelegt hatte.
»Du, Diresa, bist die Tochter deiner Mutter Dinara und die Tochter deines Vaters Joncoran. Deine Mutter hat Söhne und Töchter, und auch dein Vater hat Söhne und Töchter. Diese Kinder können ihn >Vater< nennen, so, wie sie die Frau, die sie gebar, >Mutter< nennen.«
»Was, wenn der Mann, der sich mit meiner Mutter paarte und mich begann, nicht der Mann ist, mit dem sie verbunden war?«, fragte Jemoral, der junge Mann von der Fünften Höhle.
»Der Mann, der mit deiner Mutter verbunden ist, der Mann deines Herdfeuers, ist dein Vater«, sagte Zelandoni ohne zu zögern.
»Aber wenn er mich nicht begonnen hat, wie kann er dann mein Vater sein?«, beharrte Jemoral.
Dieser junge Mann wird für Ärger sorgen, dachte die Eine, Die Die Erste Ist. »Du weißt nicht, wer dich begonnen hat, aber du kennst den Mann, der mit dir und deiner Mutter lebt. Sehr wahrscheinlich ist er derjenige, der dich begonnen hat. Wenn du über jemanden etwas nicht mit Sicherheit weißt, könnte er ebenso gut nicht existieren, und es ist sinnlos, einer Beziehung, die es nicht gibt, einen Namen zu geben. Der Gefährte deiner Mutter hat gelobt, dich zu versorgen. Er hat dich umsorgt, dich geliebt und dabei geholfen, dich großzuziehen. Ein Mann wird zu deinem Vater nicht durch das Paaren, sondern durch die Fürsorge. Wenn der Mann, mit dem deine Mutter verbunden ist, gestorben wäre und sie sich mit einem anderen Mann verbunden hätte, der dich liebte und versorgte, würdest du ihn dann weniger lieben?«
»Aber welcher ist der richtige >Vater«
»Den Mann, der für dich sorgt, kannst du immer >Vater< nennen. Wenn du deine Zugehörigkeiten angibst, zum Beispiel bei einer förmlichen Vorstellung, ist dein Vater der Mann, der bei deiner Geburt mit deiner Mutter verbunden war, der Mann, den du >den Mann deines Herdfeuers< nennst. Wenn der Mann, der für dich sorgt, zur Zeit deiner Geburt nicht da war, so nennst du ihn deinen >zweiten Vater<, um ihn, wenn nötig, vom anderen zu unterscheiden«, erläuterte Zelandoni. Jetzt war sie froh, dass sie sich eine ganze schlaflose Nacht lang Gedanken über die komplizierten Verwandtschaftsbeziehungen gemacht hatte, die das neue Wissen mit sich brachte.
Die Eine, Die Die Erste Ist, hatte allerdings noch eine weitere Ankündigung zu machen. »Jetzt ist vielleicht ein günstiger Zeitpunkt, etwas anzusprechen, das noch zu erwähnen ist. Die Zelandonia waren der Meinung, dass die Männer enger in die Rituale und Sitten eingebunden werden müssen, die mit der Begrüßung eines neugeborenen Kindes einhergehen, um ihnen ein besseres Verständnis und ein tieferes Gefühl für ihren Anteil an der Schaffung von neuem Leben zu geben. Deshalb werden von nun an die Männer die Söhne benennen, die ihrem Herdfeuer geboren werden. Die Frauen benennen natürlich weiterhin die Töchter.«
Diese Ankündigung wurde sehr unterschiedlich aufgenommen. Die Männer blickten überrascht, mehrere lächelten auch. Allerdings sah Zelandoni an den Mienen einiger Frauen, dass sie ihr Vorrecht, die Kinder zu benennen, nicht aufgeben wollten. Zwar widersprach in diesem Moment niemand offen, es wurden auch keine Fragen
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