Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
Lebenssaft die Mutter begann?«, fragte der Anführer der Fünften Höhle. »Oder wenn jemand durch die nächste Welt reist? Wie benennt man dann die Verbindung?«
»Wenn du weißt, welcher Mann der Gefährte der Mutter deiner Mutter war, dann ist er dein Großvater. Dasselbe gilt für deinen Vater. Auch wenn er durch die nächste Welt reist, wurde dein Vater von einem Mann begonnen, der mit seiner Mutter verbunden war, genauso wie deine Mutter von einem Mann begonnen wurde, der seinen Lebenssaft in ihre Mutter abgab«, erklärte Zelandoni ausführlich.
»NEIN! Neiiin!«, gellte ein Schrei aus der Mitte der Versammelten. »Das stimmt nicht! Jetzt hat sie es wieder gemacht! Sie hat mich verraten, gerade als ich anfing, ihr zu vertrauen.«
Alle drehten sich um. Am äußeren Rand der großen Gruppe der Neunten Höhle stand ein Mann. »Das ist gelogen! Das ist alles gelogen! Die Frau will euch hereinlegen. Das hätte die Große Mutter ihr nie gesagt!«, brüllte er und deutete auf Ayla. »Sie ist eine gemeine Lügnerin.«
Ayla beschattete sich die Augen, blickte nach oben und sah Brukeval. Brukeval? Warum schreit er mich so an? Das verstehe ich nicht, dachte sie. Was habe ich ihm angetan?
»Ich bin vom Geist eines Mannes, der von der Großen Mutter erwählt wurde, sich mit dem Geist meiner Mutter zu vereinen«, brüllte Brukeval. »Meine Mutter kam vom Geist eines Mannes, der von Doni erwählt wurde, sich mit dem Geist ihrer Mutter zu vereinen. Sie kam nicht vom Organ eines Tieres! Nicht vom Lebenssaft eines Organs. Ich bin ein Mensch! Ich bin kein Flachschädel! Ich bin kein Flachschädel!« Seine Stimme überschlug sich schrill, brach bei den letzten Worten und erstarb in einem schluchzenden Geheul.
B rukeval lief den Hügel hinab und über das kleine Feld davon, ohne auch nur einen einzigen Blick zum Versammlungsplatz zurückzuwerfen. Mehrere Männer, zumeist aus der Neunten Höhle, setzten ihm nach, darunter auch Joharran und Jondalar. Sie hofften, dass sie, wenn er erst einmal außer Atem geraten war, mit ihm reden, ihn beruhigen und zurückbringen konnten. Aber Brukeval rannte, als jagte der Geist der Toten ihm nach. So heftig er jede Verbindung zum Clan auch leugnete, so hatte er doch von seinem Großvater die Kraft und Ausdauer des Clans. Die Männer, die ihm folgten, liefen anfangs zwar schneller als er und holten auch auf, aber ihnen fehlte die Ausdauer, und sie konnten ihr Tempo nicht beibehalten.
Keuchend blieben sie schließlich stehen, einige wälzten sich am Boden, alle rangen nach Luft, hatten Seitenstechen und raue Kehlen. »Ich hätte Renner holen sollen«, stieß Jondalar hervor. Er konnte kaum sprechen. »Ein Pferd hätte er bestimmt nicht abhängen können.«
Als sie sich zum Lagerplatz zurückschleppten, war die Versammlung bereits halb in Auflösung begriffen. Viele waren aufgestanden, gingen umher, unterhielten sich. Zelandoni wollte verhindern, dass das Treffen mit diesem unglückseligen Zwischenfall endete, und hatte eine Unterbrechung ausgerufen, bis die Männer zurückkamen, im besten Falle mit Brukeval. Als sie ohne ihn zurückkehrten, beschloss die Erste, die Versammlung rasch zu Ende zu bringen.
»Wie schade, dass Brukeval von der Neunten Höhle es so sieht. Seine Empfindlichkeit, was seine Herkunft betrifft, ist allgemein bekannt, obwohl niemand wirklich weiß, was seiner Großmutter zustieß. Wir wissen nur, dass sie eine Weile verschwunden war, und nachdem sie schließlich doch zum Lagerplatz zurückgekehrt war, brachte sie Brukevals Mutter zur Welt. Jeder, der eine so lange Zeit vermisst ist, leidet auf die eine oder andere Art unter der Strapaze, und als Brukevals Großmutter wiederkam, war sie nicht mehr ganz klar bei Verstand. Sie war derart verängstigt, dass niemand recht glauben konnte, was sie sagte, sofern es überhaupt zu verstehen war.
Die Tochter, die sie gebar, war körperlich schwach, vermutlich aufgrund der Leiden ihrer Mutter, und ihre Schwangerschaft wiederum und die Geburt ihres Sohnes waren für sie derart beschwerlich, dass sie daran starb. Durchaus möglich, dass die Spuren der schwierigen Schwangerschaft in Brukevals Statur und Aussehen zutage treten, auch wenn er zu seinem Glück stark und gesund herangewachsen ist. Meiner Ansicht nach hatte Brukeval absolut Recht, als er sagte, er sei ein Mensch. Er ist ein Zelandonii-Mann der Neunten Höhle, ein guter Mann, der viele Vorzüge besitzt. Ich bin sicher, dass er zu uns zurückkehren wird, wenn er es sich noch
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