Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
Worte gelangweilt hatte, doch sie wusste, wie wichtig die Zeremonie jedem Paar oder den mehrfach Verbundenen und ihren engsten Verwandten war, wozu auch die Anerkennung durch alle anwesenden Zelandonii gehörte. Im Übrigen wurde von allen Zelandonia erwartet, bis zum Ende zu bleiben, und zu diesen gehörte Ayla jetzt.
Sie hatte achtzehn Hochzeitszeremonien gezählt, als die Erste sie alle um sich versammelte. Man hatte Ayla gesagt, es würden zwanzig oder mehr sein, doch einige waren sich nicht sicher. Es gab zahlreiche Gründe, die Teilnahme an der formellen Zusammengebungszeremonie zu verschieben, vor allem an der ersten des Jahres, angefangen mit der Unsicherheit, ob jemand zu der Verbindung bereit war, bis hin zu der Tatsache, dass sich ein wichtiger Verwandter verspätet hatte. Am Ende des Sommertreffens fand stets eine weitere Hochzeitszeremonie statt für Spätentschlossene und alle, deren Verwandte verzögert eingetroffen oder deren Vereinbarungen noch nicht vollständig ausgehandelt waren, sowie für Liebesverhältnisse, die sich im Laufe des Sommers ergeben hatten.
Ayla lächelte, als die Erste mit ihrer volltönenden Stimme das Lied von der Mutter anstimmte:
Aus dem Chaos der Zeit, im Dunkel verloren Ward aus wirbelndem Strahl die Mutter geboren, Wird gewahr ihres Seins, sieht des Lebens Wert,
Doch die Erdmutter trauert, denn eins ist ihr verwehrt.
Sie ist allein. Will es nicht sein.
Ayla hatte die Legende von der Mutter von Anfang an geliebt, aber am besten gefiel sie ihr, wenn sie von der Ersten Unter Denen, Die Der Großen Erdmutter Dienen, gesungen wurde. Die anderen Zelandonii fielen ein, manche sangen mit, andere rezitierten den Text. Flötenspieler begleiteten sie, und die Zelandonia ergänzten sie durch mehrstimmigen Gesang.
Ayla hörte Jondalar singen, der neben ihr stand. Er hatte eine schöne Stimme, obwohl er nicht oft sang, und wenn doch, dann für gewöhnlich mit anderen zusammen. Ayla hingegen konnte keinen Ton halten, hatte es nie gelernt und besaß keine natürliche Neigung, es auch nur zu versuchen. Sie brachte höchstens einen Singsang zustande, aber sie hatte die Worte auswendig gelernt und sprach sie aus vollem Herzen mit. Ganz besonders hatte es ihr der Teil angetan, in dem die Große Erdmutter einen Sohn bekam, »Der Mutter Lohn, ein leuchtender Sohn«, und verlor. Stets kamen ihr die Tränen, wenn sie hörte:
Und weil die Mutter trauert und schmerzvoll erkennt, Dass sie und ihr Sohn sind für immer getrennt Und keiner ihn je zurück zu ihr bringt
Weckt sie in sich die Kraft, aus der Leben entspringt.
Sie hat nicht verwunden. Dass der Sohn ihr entschwunden.
Dann kam der Teil, in dem die Mutter alle Tiere hervorbringt, ebenfalls als ihre Kinder, und danach die Erste Frau und den Ersten Mann in die Welt setzt.
Als sie Frau und Mann hervorgebracht, Die Erde sie ihnen als Heimstatt vermacht, Land und Wasser und alles, was darin enthalten, Es sorgsam zu nutzen und klug zu verwalten.
Die Erde zu hegen. Und treu zu pflegen.
Als die Kinder der Erde das Nötigste haben, Beschließt die Mutter, den übrigen Gaben Die Gabe der Wonnen hinzuzufügen, Damit sie sie ehren durch ihr Vergnügen.
Der Gabe ist wert, wer die Mutter ehrt.
Die Mutter ist zufrieden mit Frau und Mann. Sie hat gegeben, was sie geben kann. Hat sie fühlen, lieben und sorgen gelehrt, Ihnen die Gabe der Wonnen beschert. Die Kinder haben die Lebensgaben.
Zufrieden nun, kann die Mutter ruhn.
Das war der Teil, auf den alle warteten. Damit waren die Förmlichkeiten abgeschlossen, und es wurde Zeit für das Festmahl und andere Feierlichkeiten.
Alle schlenderten umher und warteten darauf, dass das Festmahl aufgetragen wurde. Jonayla, die zufrieden geschlafen hatte, während Ayla still dasaß, war unruhig geworden, als alle in das Lied von der Mutter eingestimmt hatten. Sie wachte auf, als sich ihre Mutter erhob. Ayla holte sie aus ihrer Tragedecke und hielt sie über den Boden, damit sie es laufen ließ. Sie hatte rasch gelernt, je schneller sie machte, desto eher war sie wieder aus der Kälte und wurde an einen warmen Körper gedrückt.
»Gibt sie doch mir.« Jondalar streckte die Arme nach dem Kind aus. Jonayla lächelte den Mann an, was ihm ebenfalls ein Lächeln entlockte.
»Wickel sie in diese Decke.« Ayla reichte ihm die weiche Rothirschhaut, in der sie die Kleine stets trug. »Es wird kühl, und sie ist noch warm vom Schlaf.«
Ayla und Jondalar gingen auf den Lagerplatz der Dritten Höhle zu. Die Dritte
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