Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Titel: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Pan
Vom Netzwerk:
unglücklichen Ehe lebende Serviererin namens Cecilia (gespielt von Mia Farrow) geht immer und immer wieder in den gleichnamigen Film, um den von ihr angehimmelten Filmstar Tom Baxter zu bewundern. Plötzlich passiert das völlig Unerwartete: Er spricht sie von der Leinwand herab an, steigt aus dem Bild zu ihr ins Parkett herab. Gegen den Protest der Mitspieler und der anderen Kinozuschauer fliehen beide in das wirkliche Leben, wo sie sich aber schnell an den harten Gesetzen der Realität stoßen. So fehlt das Geld, um eine Restaurantrechnung zu bezahlen, ein Fluchtauto will ohne Autoschlüssel nicht anspringen, und nach einer zärtlichen Kußszene kommt keine Abblende. Am Schluß findet Cecilia die Kraft, ihre verklärt-romantische Liebe wieder dorthin zurückzuschicken, wo sie hingehört – auf die Leinwand.
    Auch das ist ja noch Film. In der »wirklichen Wirklichkeit« aber ist der Schritt von der Idealisierung zur realen Interaktion mit dem angehimmelten Star ernüchternd. Stars als Ziele erotischer Projektionen müssen unerreichbar bleiben, damit die von ihnen ausgehenden Versprechen ewiger Verliebtheit und ewigen Begehrens, letztlich unerfüllbare Träume, nicht zerstört werden. Versucht man es doch einmal, etwa als Groupie, setzt die Enttäuschung am Morgen danach ein. Angesichts vieler gescheiterter Beziehungen soll Rita Hayworth diese Erfahrung einmal mit dem Satz beschrieben haben, ihre Liebhaber seien halt mit einer Göttin ins Bett gegangen und mit einer Frau wieder aufgewacht. Staffiert sich aber der reale Lebenspartner nach dem medialen Vorbild aus, droht erst recht Ernüchterung: »Angetrieben von der (unbewußten) Sehnsucht, von einer anderen Person endlich geliebt zu werden, erhält man freilich statt des insgeheim Ersehnten lediglich den Duft eines Parfüms, den Geruch eines Intim-Sprays, den Blick auf tigerbedruckte Unterhosen, knapp bemessene Büstenhalter und Slips in einem den Vorbildern des Fernsehens, des Films und der Reklame nachgestellten Szenario, in welchem man dann ... sinnlos aufeinander herumturnt« (Zepf, 1993, S. 170).
    Das Problem ist: Ob Ich- oder Partnerideal, wenn der Fan einen Medienstar als Ziel seiner Idealisierung auswählt, tritt er in eine histrionische Spirale ein. Er selbst hat (mindestens) eine histrionische Disposition und wählt sich nun auch noch eine Figur als Ziel seiner Idealisierungen, die histrionische Merkmale geradezu verkörpert. Anstatt daß durch die Wahl eines heilsameren Vorbildes die neurotischen Züge des Fans gemildert werden, entzündet der Star das histrionische Feuer seines Bewunderers immer wieder neu. Die Idolisierung von (histrionischen) Stars durch ihre (histrionischen) Fans verhindert geradezu die Entwicklung eines stabileren Selbstwerts. Je geringer und weniger stabil das Selbstwertgefühl ist, um so ausgeprägter muß die Identifizierung mit dem geborgten Ich-Ideal sein.
    Der Fan ist aber noch in anderer Hinsicht als Fußvolk der Mediengesellschaft zu bezeichnen. Er wird ja nicht nur psychologisch, sondern auch ökonomisch ausgenutzt. So sein wollen wie der Star bleibt ja kein unsichtbarer psychologischer Vorgang. Der Histrio muß sich und anderen ja zeigen, daß er eigentlich eher John Travolta als Manfred Pumpelmus ist. Und das geschieht am einfachsten dadurch, daß er sich mit Accessoires schmückt, die diesen Eindruck befördern. Auch dafür drei Beispiele:
    Nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverbandes wollten im Jahr 2003 rund 80.000 Kinder zwischen sieben und 17 Jahren tanzen wie die Musikstars. Ein dafür entwickeltes Programm »Dance 4 Fans« wurde in ca. 400 Tanzschulen in Deutschland angeboten. Die Firma Nivea warb parallel dazu für die Teilnahme an einer Become-a-star- Tour und einem Tanzwettbewerb, dem »Nivea Dance 4 Fans Deutschlandcup«.
    Der Sender ProSieben organisierte im Jahr 2003 zeitgleich zu der von ihm gesendeten TV-Serie Sex and the City eine gleichnamige »Fashion Party Tour« in München, Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf, Hamburg, Berlin und Dresden. Als Veranstalter fungierten neben dem Pro-Sieben-Club die Zeitschrift Cosmopolitan sowie die Firmen Lancia, Passionata und Paramount. Für die Teilnahme wurden die folgenden Verhaltensempfehlungen gegeben: »Regel Nr. 1: Heiße Sex- und Flirt-Tipps aus der aktuellen Cosmopolitan ... Regel Nr. 2: Geh nie zu Fuß zu einem Date! Vorfahren mit den neuen Lancia Ypsilon ... Regel Nr. 3: Verführung pur – mit Passionata ... Regel Nr. 4: Nie ein Trend Event

Weitere Kostenlose Bücher