Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Titel: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
hautenges, schwarzglänzendes Etwas von knappem Schnitt, schwarze Netzstrümpfe und die gewissen schwarzglänzenden Schuhe mit überhohen Absätzen, auf die viele Männer maßlos stehen. Aber der Gesamteindruck war trotzdem nicht besonders sexy. Die einzelnen Teile des Kostüms hatten samt und sonders, wie alles übrige auch, schon bessere Tage gesehen, und das Mädchen selbst wirkte eher kränklich als knackig. Unter anderen Umständen, so dachte ich zunächst, wäre sie wahrscheinlich hübsch gewesen, aber sie hatte grünen Puder aufgetragen, den sie (oder ein anderer an ihrer Stelle) offenbar absichtlich ausgesucht hatte, und ihr Haar, wie bei einer Ballettänzerin zu einem festen Knoten hochgesteckt, war nicht einmal mehr mausgrau, sondern schlicht farblos. Als Krönung des Ganzen lag sie mehr in dem Stuhl, als daß sie darin saß, als fühle sie sich matt oder irgendwie krank. Mit Sicherheit unternahm sie nichts, um die Jungs anzuspitzen. Nicht daß ich für meine Person darauf Wert gelegt hätte. Jedenalls glaubte ich das zu Beginn.
    Und vor ihr, am Bühnenrand, befand sich dieser Stapel aus Schwertern. Die Schwerter waren wie Käsestangen überkreuz auf einem niedrigen Schemel aufgeschichtet, einem eckigen schwarzen Ding von der Sorte, die man in Sedgeley und Wednesfield herstellt und als ›japanisch‹ verkauft; allerdings war dies ein ganz schlichtes und schmuckloses Exemplar, wenn auch mehr als nur ein bißchen verschrammt. Es müssen 30 oder 40 Schwerter gewesen sein, denn der Stapel hatte vier Eckpunkte, wo die Schwertgriffe schräg übereinandergelegt waren. Später kam mir die Idee, daß es vielleicht ein Schwert für jeden Sitzplatz gab – für den Fall, daß das Zelt jemals ausverkauft sein würde.
    Wenn ich nicht das Schild draußen gesehen hätte, wäre mir vielleicht gar nicht aufgefallen, daß es sich tatsächlich um Schwerter handelte, zumindest nicht sofort. Es war nichts Glänzendes an ihnen und keinerlei Verzierungen. Die Klingen waren von einem stumpfen Grau, und die Griffe bestanden aus irgendeinem schwarzen Material, möglicherweise Plastik. Sie sahen durch und durch nach industrieller Massenproduktion aus, und ich konnte mir nicht denken, woher sie stammten. Es handelte sich nicht um Florette, sondern um etwas viel Schwereres, und die Nachfrage nach echten Schwertern dürfte heutzutage hauptsächlich zeremonieller Natur sein, und selbst die nimmt wohl immer mehr ab. Möglicherweise kamen diese Schwerter von Theaterausstattern, obwohl ich auch das bezweifle. Jedenfalls waren sie ganz und gar schäbig und hätten keinem Regiment mehr Ehre gemacht.
    Ich weiß nicht, wie lange die Show schon im Gange gewesen war, bevor ich eintrat, und ob der Mann im Seemannspullover irgendwelche Erläuterungen gegeben hatte. So ziemlich das erste, was ich hörte, war seine Frage: »Also, meine Herren, wer von Ihnen ist der erste?«
    Niemand rührte sich oder sagte etwas. Wie nicht anders zu erwarten.
    »Na los«, drängte nicht übertrieben höflich der Seemann. Mir kam es vor, als sei er an die Zurückhaltung seines Publikums derart gewöhnt, daß er nicht mehr bereit war, darauf Rücksicht zu nehmen. Er machte auf mich nicht den Eindruck eines Mannes vieler Worte, auch wenn Reden anscheinend sein Job war. Er hatte einen starken Akzent, meiner Meinung nach Black Country, obwohl ich mir zu dieser Zeit meines Lebens wahrhaftig nicht sicher sein konnte, außerdem war ich selbst Londoner.
    Nichts geschah.
    »Was glauben Sie, wofür Sie bezahlt haben?« rief der Seemann – wie ich fand, eher trotzig als sarkastisch.
    »Sagen Sie es uns!« antwortete einer der Männer auf den Stühlen. Zufällig war es der Mann, der mir am nächsten saß, allerdings in der Reihe vor mir.
    Es war keine sehr kluge Bemerkung, und der Seemann schlug sofort Kapital daraus.
    »He, Sie!« brüllte er und richtete seinen dicken roten Zeigefinger auf den Mann, der ihm frech gekommen war. »Kommen Sie hoch! Damit wir zu Potte kommen.«
    Der Mann rührte sich nicht. Meine eigene Nähe zu ihm machte mir allmählich Angst. Ich konnte als nächster an der Reihe sein und wußte nicht einmal, was man von mir erwarten würde, falls ich mich darauf einließ.
    Die Situation wurde gerettet, als sich jemand freiwillig meldete. Auf der anderen Seite des Zelts erhob sich ein Mann und rief: »Ich mach’s.«
    Das einzige Licht im Zelt kam von einer Tilley-Lampe, die am Querbalken des Dachs ihr Paraffin verzischte (keine sonderlich sichere

Weitere Kostenlose Bücher