Augenblick lang meine erste Frau, obwohl ich sie kaum sehen konnte. Ich konnte mich noch immer nicht mit der Vorstellung anfreunden, im Licht jener einsamen matten Glühbirne Liebe zu machen, die den schäbigen Raum nur noch schäbiger aussehen ließ.
Gehorsam stieg Madonna in mein Bett, und ich folgte ihr, so schnell ich konnte. Gehorsam erfüllte sie all meine Wünsche, genau wie der Mann in dem blauen Pullover es versprochen hatte. Sie kam mir auch jetzt noch sonderbar und enttäuschend vor – ›schlaff‹ traf es ziemlich genau, ganz sicher anders, als sich der Körper einer Frau in meiner Phantasie immer angefühlt hatte, wann immer ich nahe genug herangekommen war. Aber nichtsdestotrotz verhalf sie mir zu meiner ersten Erfahrung, und genau darum geht es ja. Eines sprach für sie: Sie sprach während der ganzen Zeit kein überflüssiges Wort. Das ist nicht immer so.
Aber alles war schiefgelaufen. Wir hatten uns zu Anfang nicht einmal geküßt. Mein Bild von Madonna war übertrieben romantisch, aber sie schien in dieser Hinsicht keine große Hilfe zu sein, trotz ihres liebreizenden Lächelns, ihrer sanften Stimme und der Liebenswürdigkeit ihrer Worte. Sie war fast zu leicht zu haben und förderte nicht eben meine beste Seite zutage. Es war, als hätte ich einfach nur neue Kenntnisse gewonnen, wichtige zwar, aber ohne innere Beteiligung. Man empfindet natürlich oft so bei der ein oder anderen Gelegenheit, aber in dieser besonderen Situation kam es mir furchtbar vor, vor allem weil ich erst vor kurzer Zeit ganz anders darüber gedacht hatte. »Los«, sagte ich zu ihr, »wach auf.«
Das war nicht fair, aber ich war bitter enttäuscht, um so mehr, weil ich mir den Grund dafür nicht erklären konnte. Ich hatte nur das Gefühl, daß möglicherweise mein gesamtes Leben auf dem Spiel stand.
Sie gab einen kleinen Klagelaut von sich.
Ich setzte mich im Bett auf und schlug die Bettdecke zurück. Sie lag ausgestreckt vor mir, ganz und gar grau, jedenfalls in dem dämmrigen Zwielicht. Sogar ihr Haar war farblos, beinah unsichtbar.
Ich tat etwas ziemlich häßliches. Ich packte ihren linken Arm, indem ich beide Hände um ihr Handgelenk legte, und versuchte, sie zu mir hochzuziehen, damit ich den Anprall ihres Körpers spüren und ihren Hals und ihre Stirn mit Küssen bedecken konnte, wenn sie es nur geschehen ließe. Wahrscheinlich tat ich ihr dabei nur weh und hätte es besser gelassen. Aber man kann nicht sagen, daß es sonderlich schlimm gewesen wäre. Es war eigentlich ganz alltäglich, so etwas zu tun, würde ich sagen.
Aber was dann geschah, war nun wirklich mehr als schlimm. So schlicht und so schlimm, daß mir kein Mensch jemals Glauben schenken wird.
Ich zerrte also heftig, mißgelaunt und enttäuscht an Madonnas Arm. Sie schnellte zu mir empor und sank dann mit einer Art Wimmern wieder nach hinten. Ich hielt Hand und Handgelenk noch immer mit beiden Händen umklammert und brauchte einige Zeit, um zu begreifen, was geschehen war: Ich hatte ihr die linke Hand samt Handgelenk abgerissen.
Augenblicklich sprang sie aus dem Bett und begann sich wieder in ihre Kleider zu winden. Mir fiel auf, daß sie dazu in der Lage war, sich sogar in der fast vollständigen Dunkelheit sehr rasch zu bewegen. Ich sah voller Entsetzen, wie sie in meinem Zimmer mit nur einer Hand herumhantierte, und fragte mich ängstlich, wie sie das überhaupt schaffte. Die ganze Zeit über weinte sie vor sich hin, ›wimmerte‹ wäre wohl das passendere Wort. Die Laute, die sie von sich gab, waren sehr leise, so leise, daß ich sie für ein Hirngespinst hätte halten können, wenn all das andere nicht gewesen wäre.
Ich stand auf und wollte das Licht einschalten. Der einzige Schalter befand sich naturgemäß neben der Tür. Ich dachte, daß sich bei ein wenig Licht vielleicht manches aufklären ließe. Aber ich mußte feststellen, daß ich nicht an den Schalter herankam.
Vor allem konnte ich den Gedanken nicht ertragen, Madonna auch nur zufällig zu berühren. Und in zweiter Linie wurde mir klar, daß meine Füße mich nicht tragen würden. Ich war dermaßen entsetzt, daß ich mich nicht mehr bewegen konnte. Entsetzt, abgestoßen und noch etwas anderes – jenes verworrene Etwas nach enttäuschendem Sex, für das es keinen Begriff gibt.
So hockte ich bloß auf der Bettkante, während Madonna ihre Kleider anzog und unausgesetzt auf jene fürchterliche, herzzerreißende Weise weinte, die ich nie vergessen werde. Nicht daß es lange
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