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ich es ihr abnahm und an die Tür hängte. Ich will nicht sagen, daß es tatsächlich tropfte, aber es war völlig durchtränkt, und ich konnte einen nassen Fleck auf der Daunendecke sehen, wo sie gesessen hatte. Sie hatte noch immer kein Wort gesprochen. Ich mußte zugeben, daß es dazu für sie auch noch keine Veranlassung gegeben hatte.
    Der Regen war bis auf ihre weiße Bluse gedrungen. Das konnte ich sogar in dem fast dunklen Zimmer erkennen. Die Schulterpartien waren durchweicht und klebten an ihrer Haut, die eine mehr als die andere. Ohne das Jackett wirkte die Bluse absonderlicher denn je. Sie war nicht nur zu weit und formlos, die Ärmel waren so lang, daß sie über ihre Hände hinabgerutscht waren, als sie das Jackett abgelegt hatte. Vor meinem geistigen Auge sah ich den Typ Frau, für den die Bluse gemacht war, groß und füllig, überhaupt nicht mein Typ.
    »Sie ziehen das besser auch aus«, sagte ich, ohne zu wissen, wie ich die Worte herausbekam. Ich denke, daß der Instinkt auch beim ersten Mal in die Bresche springt, vorausgesetzt, er erhält eine Chance. Und Madonna gab mir eine Chance, jedenfalls kam es mir so vor. Das Leben war für ein paar Minuten köstlicher, als ich es jemals für möglich gehalten hätte.
    Wortlos zog sie ihre Bluse aus, und ich hängte sie über die Lehne des einzigen Stuhls im Zimmer.
    Im Café hatte ich bemerkt, daß sie darunter etwas Schwarzes trug, aber erst jetzt erkannte ich, daß es dasselbe hautenge, glänzende Trikot war, das sie in der Show getragen hatte und das ihr dieses französische Aussehen gab.
    Sie streifte ihren nassen Rock ab. Mir fiel nichts Besseres ein, als ihn über die Sitzfläche des Stuhls zu breiten.
    Da stand sie nun, mit ihren superhohen Absätzen und all dem anderen. Sie sah aus, als sei sie bereit für einen Auftritt, was mich indes eher enttäuschte.
    Sie stand da, als erwarte sie irgendwelche Anweisungen.
    Ich sah, daß auch das schwarze Trikot stellenweise durchnäßt war, aber diesmal fehlte mir der Mut, ihr vorzuschlagen, daß sie es auszöge.
    Schließlich machte Madonna den Mund auf. »Womit soll ich anfangen?«
    Ihre Stimme klang so wundervoll und ihre Frage so verlockend, daß es mich überkam und ich, bevor ich mich beherrschen konnte, meine Arme um sie geschlungen hatte. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie etwas Derartiges getan, welche geheimen Empfindungen ich auch gehabt haben mochte. Sie zeigte keine Regung, so daß ich annahm, ich hätte mich falsch verhalten. Das war auch kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, wie unerfahren ich war.
    Aber ich hatte außerdem den Eindruck, daß etwas anderes nicht stimmte. Ich hatte, wie gesagt, keine genaue Vorstellung davon, wie eine halbnackte Frau sich anfühlt, und ich selbst war noch mehr oder weniger vollständig bekleidet, aber dennoch dachte ich augenblicklich, daß die Berührung eine Enttäuschung war. Es war ein wenig wie ein Schock, sogar wie ein ziemlich schwerer; wie so oft, wenn die Wirklichkeit die Vorstellung einholt. Mit einem Mal hatte sich die Begegnung in einen Alptraum verwandelt.
    Ich trat zurück.
    »Tut mir leid«, sagte ich.
    Sie ließ ihr gewohntes reizendes Lächeln sehen. »Macht nichts«, entgegnete sie.
    Das war freundlich von ihr, aber meine Gefühle für sie waren nicht mehr ganz dieselben. Jeder weiß, wie selbst unter den günstigsten Voraussetzungen eine Nichtigkeit unsere Empfindungen für eine Frau völlig verändern kann, und ich war keineswegs sicher, daß es sich hier nur um eine Nichtigkeit handelte. Ich mußte mich fragen, ob sich jetzt nicht zeigte, daß ich für das Leben nicht ausreichend gerüstet war. Schon früher war ich vor etwas zurückgeschreckt, und vielleicht lag hier der Grund dafür.
    Dann dachte ich, all das könnte mit ihrem Auftritt zusammenhängen, mit den Schwertern. Sie war möglicherweise irgendwie anders; vielleicht stellte der Mann in dem blauen Pullover etwas komisches mit ihr an, hypnotisierte sie irgendwie.
    »Sag mir doch, was du möchtest«, bat sie und blickte dabei auf den fadenscheinigen, schmalen Bettvorleger hinab.
    ›Ich bin ein Idiot‹, dachte ich, ›und zeige meine Unbedarftheit.‹ »Zieh das Ding aus«, erwiderte ich. »Es ist ganz naß. Geh ins Bett. Dort wirst du es wärmer haben.«
    Ich begann mich jetzt selbst auszuziehen.
    Sie tat, was ich ihr gesagt hatte, schälte sich aus dem schwarzen Trikot, schlüpfte sachte aus den aufregenden Schuhen, streifte die langen Strümpfe ab. Vor mir stand einen

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