0002 - Die Totenkopf-Insel
sein Jackett ausgezogen und es unter den Arm geklemmt.
»Jetzt drücken Sie mir die Daumen«, sagte Preston.
Er hob das rechte Bein und stieg auf die zusammengefalteten Hände Dann drückte er sich mit dem anderen Bein vom Boden ab. Alle starrten ihn an.
»Hoffentlich geht es gut«, hörte er Linda Grey flüstern.
Kelland wankte unter dem Druck. Adam Preston krallte seine Hände in den Jackenstoff an Kellands Schulter. »Halten Sie nur fest!« keuchte er.
»Ja…«
Preston ging in die Senkrechte. Dabei hob er das linke Bein und stellte es auf Kellands Schulter.
Der Mann stöhnte.
»Keine Panik«, flüsterte Preston. »Versuchen Sie, einen halben Schritt zurückzugehen.«
Kelland schaffte es.
Die anderen Gefangenen hielten den Atem an.
Cliff Kelland stand jetzt dicht an der Wand. Preston ließ sich etwas vorfallen und stützte sich am Fels ab. »Wunderbar«, sagte er gepreßt. Dann zog er auch noch das rechte Bein nach, nahm sein Jackett in die Hand und hängte es mit einer blitzschnellen Bewegung über die Linse der Kamera. Er hatte dabei noch Glück, denn der Aufhänger hakte sich an irgendeiner kantigen Stelle fest.
Preston sprang von der Schulter des Mannes.
»Ausgezeichnet«, rief er, als er auf dem Boden landete. »Das haben Sie phantastisch gemacht.«
Cliff Kelland lehnte sich gegen die Wand. Mit dem Handrücken wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Dabei zitterte er wie ein Rehpinscher.
Der Weißhaarige war aufgesprungen.
Er schlug Adam Preston auf die Schulter. »Jetzt glaube ich auch, daß es klappt«, jubelte er, und seine Augen leuchteten dabei.
Preston winkte ab. »Immer langsam, mein Lieber. Der schwerste Teil liegt noch vor uns.« Er schlug Cliff Kelland auf die Schulter. »Fühlen Sie sich stark genug, das gleiche noch einmal zu machen?«
Kelland grinste tapfer. »Was sein muß, muß sein.«
»All right, dann ran. Aber jetzt stelle ich mich unter den Schacht. Mal sehen, wie das klappt.«
Sie probierten es aus. Zwei Versuche schlugen fehl. Dann stellten sich Nathan Grey und noch ein anderer Mann neben Kelland, so daß Adam Preston einen besseren Stand hatte.
Und nun klappte es.
Die Männer legten ihre Hände unter Prestons Schuhsohlen und stemmten den Mann hoch.
Prestons Finger ertasteten die Wände: des Schachts. Sie waren rauh und rissig, für einen Aufstieg also gut geeignet.
»Noch mehr Schub«, rief Preston.
Andere Männer kamen zu Hilfe. Sie schoben Adam Preston in den Schacht hinein.
Bis jetzt schien niemand etwas von dem Fluchtversuch bemerkt zu haben, denn weder Proctor noch Ali hatten sich sehen lassen.
Adam Prestons Unterkörper war schon im Luftschacht verschwunden. Die Finger seiner rechten Hand hatten einen kleinen Vorsprung entdeckt, an den sie sich festklammerten.
Er konnte jetzt die Beine nachziehen, spreizte sie und stemmte sie fest.
»Okay, Leute, haltet mir die Daumen!« rief er. Seine Stimme klang hohl.
Die Gefangenen hätten nicht gewußt, was sie lieber taten.
Adam Preston begann mit dem Aufstieg. Zoll für Zoll schob er sich hoch. Schon bald riß der Stoff seiner Kleidung, aber das war ihm egal. Einen Anzug konnte man ersetzen, ein Leben jedoch nicht. Die Haut von den Fingerkuppen platzte weg. Blut rieselte an Prestons Händen entlang. Auch das störte ihn nicht. Für ihn zählte nur noch die Freiheit.
Und immer weiter stieg er in die Dunkelheit des Schachts. Immer, wenn er sich mit den Händen ein kleines Stück höher gehangelt hatte, winkelte er die Beine an und zog sie nach.
So schaffte er Yard für Yard.
Schon bald war er in Schweiß gebadet. Das Wasser lief ihm in Strömen über Gesicht und Körper. Doch Preston gab nicht auf. Er gönnte sich keine Ruhepause.
Wie viele Yards er zurückgelegt hatte, wußte er nicht mehr. Auf jeden Fall wurde die Luft, die sein erhitztes Gesicht streifte, immer kühler und klarer.
Und das gab Hoffnung.
Dann sah Adam Preston einen hellen Schimmer. Er war schon ziemlich nah.
Preston verdoppelte seine Anstrengungen. Plötzlich ertasteten die Finger seiner rechten Hand den Rand des Ausstiegs.
Geschafft!
Preston hätte schreien können vor Freude.
Mit einer letzten, gewaltigen Kraftanstrengung zog er sich ganz aus dem Schacht – und lag im Freien.
Geblendet schloß Adam Preston die Augen. Er war in einem Gebüschgürtel gelandet, der auf einem an den Rändern blank gewaschenen Fels wuchs.
Keuchend und immer wieder nach Luft ringend, blieb er liegen. Das Rauschen des Meeres war für ihn das
Weitere Kostenlose Bücher