0003 - Die Teufelsklause
lange Schatten in das Gewölbe, die sich in bizarren Formen über die Särge und Seitenwände legten.
Dann verstummten die Schritte. Auch das flackernde Licht kam zur Ruhe.
»Nicole Duval!« dröhnte eine Stimme.
Die Französin gab keine Antwort. Sie wagte sich nicht zu rühren.
»Nicole Duval! Ich weiß, daß du hier bist. Komm aus deinem Versteck!«
Drei, vier Sekunden vergingen. Sekunden, in denen Nicoles Nerven zum Zerreißen gespannt waren.
Dann folgte sie dem Befehl des Unheimlichen. Nicole wußte, daß es sinnlos war, sich zu widersetzen.
Langsam trat sie aus ihrer Deckung.
Und sah den Mann, der mit ihr gesprochen hatte.
Er stand direkt vor dem steinernen Altar. In der Hand hielt er eine Kerze, deren Schein seine Gestalt anleuchtete.
Der Mann trug einen blutroten Umhang, auf dessen Vorderseite allerlei magische Zeichen und Symbole aufgenäht waren. Über den Kopf hatte der Unheimliche eine schwarze Kapuze gezogen, die nur zwei Sehschlitze für die Augen freiließ.
Rechts und links dieser unheimlichen Gestalt standen zwei Mods.
Ihre dunkle Lederkleidung glänzte im Schein des Kerzenlichtes.
Nicole konnte ihren Blick nicht von den funkelnden Augen hinter der Kapuze lösen. Dieses Augenpaar strahlte etwas Gefährliches, Dämonisches aus. Etwas, dem sich Nicole nicht entziehen konnte.
»Ich bin der Meister!« Hohl klang die Stimme unter der Kapuze.
Der Unheimliche hob den Arm und machte eine weit ausholende Bewegung. Und dann sah Nicole etwas, was sie in ihrem ganzen Leben wohl nie vergessen würde.
Ein seltsames Brausen erfüllte plötzlich die Luft. Die beiden Mods rechts und links des Meisters griffen sich an die Kehlen und taumelten auf die leeren Särge zu.
Mit keuchenden Lauten ließen sie sich in die Totenkisten fallen.
Nicole sah, wie die Luft über den beiden Särgen plötzlich flimmerte, sich dann zu einer weißen Wolke verdichtete und in einem wirbelnden Sog in den Särgen verschwand.
»Was - was war das?« ächzte Nicole schwer atmend.
Der Meister stellte die Kerze, die er bisher immer noch in der Hand gehalten hatte, auf den steinernen Altar.
»Sie sind meine Gehilfen«, sagte er. »Es sind Dämonen. Und sie gehören einer niederen Kaste an. Aber wenn ich sie brauche, sind sie für mich da. Sie haben normalerweise die Gestalt von Skeletten, doch wenn ich es will, nehmen sie auch menschliche Formen an.«
Nicole merkte, wie ihre Kraft nachließ. So sehr hatte sie alles getroffen. Sie stützte sich mit einer Hand auf dem steinernen Altar ab.
»Wer sind Sie?« flüsterte Nicole mit rauher Stimme. »Etwa Dr. - Dr. Norton?«
Der Meister lachte. Es war ein grausames, teuflisches Lachen. Dann hob er beide Hände und faßte an den Rand der Kapuze. Er wartete noch einige Sekunden und zog sie urplötzlich mit einem Ruck über den Kopf.
Nicole sah in das wahre Gesicht des Meisters.
Sekunden später hallte ihr gellender Angstschrei durch die finsteren Gewölbe…
***
Am nächsten Morgen wurde Bill Evans Leiche gefunden. Seine ehemalige Wirtin hatte sie entdeckt. Sie bekam einen Nervenzusammenbruch, und die Nachbarn mußten die Polizei alarmieren. Inspektor Murray nahm mit einigen Beamten die Untersuchungen auf.
Professor Zamorra hörte davon während des Frühstücks. Ein Hotelgast hatte die schreckliche Nachricht gebracht. Zamorras sowieso nicht allzu großer Appetit verging nun endgültig.
Er ließ den Rest des Frühstücks stehen und zog sich auf sein Zimmer zurück.
Nicole hatte sich noch immer nicht gemeldet. Zamorras Sorgen wuchsen. Er war drauf und dran, Dr. Nortons Landhaus einen Besuch abzustatten. Doch dann verwarf er den Gedanken wieder. Sollte Norton Nicole wirklich gefangen halten, konnte Zamorra mit einem offiziellen Besuch gar nichts ausrichten. Nein, er mußte bei seinem ursprünglichen Plan bleiben, auch wenn es ihm schwerfiel. Aber noch war ja nicht bewiesen, daß Dr. Norton der geheimnisvolle Meister war. Bisher waren es nur Vermutungen von Inspektor Murray.
Zamorra verzog das Gesicht, als er an den Beamten dachte. Dieser Mann war der einzige Unsicherheitsfaktor in seiner Rechnung. Es mußte ihm einfach gelingen, Murray noch einmal zu hypnotisieren, um durch dessen Hilfe ungeschoren in das Landhaus zu gelangen.
Mit einem weiteren Mordanschlag Murrays rechnete Zamorra nicht. Wenigstens nicht am Tag. Dafür war das Hotel viel zu belebt.
Zamorra verbrachte die Stunden in seinem Hotelzimmer. Quälend langsam verging die Zeit.
Endlich schlich sich die Dämmerung
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