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0006 - Ich stürmte das graue Haus

0006 - Ich stürmte das graue Haus

Titel: 0006 - Ich stürmte das graue Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Zehn Yard waren es bis zum Schreibtisch, nicht mehr als drei Sprünge, wenn man richtig in Fahrt ist. Ich war in Fahrt, aber beim zweiten Sprung ging ein furchtbarer Schlag durch meinen Körper, als fielen tausend Boxerfäuste auf einmal auf mich nieder, nein, nicht auf mich nieder, sondern stießen aus meinem Körper von innen nach außen und trafen dabei doch jeden Muskel, den ich habe.
    Es ging einfach unsagbar schnell. Ich lag auf der Erde und zappelte. Meine Beine und Arme zuckten, mein Kopf schlug hin und her. Dann ebbten die krampfhaften Erschütterungen, gegen die ich absolut wehrlos war, ab. Mein Körper beruhigte sich, aber ich fühlte mich völlig zerschlagen. Mühselig stellte ich mich auf die Beine. Ich schwankte.
    Gradness saß unbewegt hinter seinem Schreibtisch. Das Lächeln lag wie eine Kerbe um seinen Mund.
    »Du glaubst doch nicht, daß ich durch einen einfachen Boxhieb zu besiegen bin«, höhnte er. »Der Fußboden sieht zwar aus, als bestünde er aus Parkettholz, aber ein paar Stücke davon sind Eisen, elektrisch geladenes Eisen, eine kleine Barriere, die ich mir zu meiner Sicherheit aufgebaut habe. Du verstehst, es ist besser, einige Sicherheiten einzurichten, wenn man der Chef von Leuten ist, die ihren ersten Mord bereits hinter sich gebracht haben, und es hilft wunderbar gegen Tobsüchtige.«
    Er zog eine Schublade seines Schreibtisches auf und nahm ein Paar schwere schwarze Gummihandschuhe heraus. Er streifte sie über seine Hände, griff hinter sich und stand auf.
    »Wir werden dich in eine kleine Ohnmacht versetzen«, sagte er, während er langsam auf mich zukam. »Ich hasse Prügeleien. Die Methoden sind überholt. Schon die Steinzeitmenschen haben ihre Meinungsverschiedenheiten mit den Fäusten ausgetragen. Ich finde, man ist es seiner Zeit schuldig, eleganter vorzugehen.« Er trug etwas in den Händen, das wie ein gewöhnlicher Stock aussah, nur war die Spitze aus Eisen, und der Schaft war mit Gummi überzogen. Oben an der Krücke mündete ein Kabel in das Instrument.
    »Keine Angst, G-man«, flüsterte er, während er näher schlich. »Es tut nicht weh, und die Bewußtlosigkeit ist vollkommen.«
    Er hob den Stock, streckte den Arm aus, die eiserne Spitze richteten sich auf mich. Ich wich langsam zurück. Wirre Gedanken zuckten mir durchs Gehirn. Ich dachte, daß man ihn fassen, ihm mit einem geschickten Griff den Oberarm auskugeln müßte, aber während ich das dachte, stand ich schon mit dem Rücken gegen die Wand gepreßt.
    »Hast du Angst, G-man?« fragte er grinsend. »Viel Angst?«
    Ich riß mich zusammen, sammelte alle Kraft in meinen noch weichen Knien und sprang ihn an.
    Die eiserne Spitze berührte mich irgendwo. Ich spürte nicht, welche Stelle es war. Mein Körper krümmte sich, als wäre er knochenlos. Dann wurde es dunkel.
    ***
    Als ich erwachte, lag ich auf einer Holzpritsche in einem fensterlosen Raum von vielleicht zwanzig Quadratyard. Erhellt wurde er durch eine nackte Glühbirne an der ungewöhnlich niedrigen Decke. Seine Einrichtung bestand aus einem Tisch und einem Hocker, sonst nichts.
    Bis auf ein ziehendes Gefühl in den Gelenken fühlte ich mich soweit ganz wohl. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich in der Ohnmacht gelegen hatte und ob diese Ohnmacht später in einen normalen Schlaf übergegangen war. Die Zeiger meiner Armbanduhr zeigten auf eine Viertelstunde vor zwölf. Blieb also nur fraglich, ob es Mittag oder schon Mitternacht war. Ich war ungefesselt, und als ich meine Taschen durchsuchte, stellte ich fest, daß man mir nichts abgenommen hatte. Ich besaß noch die Taschenlampe und das Messer, vor allen Dingen aber eine fast volle Schachtel Zigaretten und Streichhölzer.
    Ich steckte mir erst einmal eine Zigarette an und rauchte sie gemächlich zu Ende, und dabei versuchte ich, mir darüber klarzuwerden, ob es noch eine Chance für mich gab oder nicht. Daß Gradness mich nicht auf Anhieb gekillt hatte, lag einmal wohl daran, daß er erst einmal abwarten wollte, was das FBI nach meinem Verschwinden unternahm, zum anderen machte es ihm wahrscheinlich einigen Spaß, mich auf die Folter zu spannen.
    Ich kramte aus meinem Gedächtnis alles aus, was ich über Elektrizität und ihre Anwendungsmöglichkeiten einmal gelernt hatte. Es war nicht sehr viel, und ich wußte eigentlich nur, daß man ziemlich gegen alle elektrischen Tricks gefeit ist, wenn man sich von oben bis unten in Gummi kleidet. Wo sollte ich eine Gummiausrüstung herbekommen?
    Ich untersuchte die

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