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0006 - In den Klauen der Mumie

0006 - In den Klauen der Mumie

Titel: 0006 - In den Klauen der Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F. Morland
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sagte er verlegen.
    »Wir trinken nur Whisky«, sagte Nicole lächelnd.
    Rush füllte drei Gläser und setzte sich dann zu ihnen an den niedrigen Couchtisch.
    »Professor für Parapsychologie sind Sie also«, sagte Rush. Er war nun etwas freundlicher geworden und stellte gleich klar, daß er nicht über Ravazza reden wollte. Die Hausjacke saß nun auch besser, und das zerzauste Haar hatte er mit den schlanken Fingern halbwegs in Ordnung gebracht. »Vermutlich haben Sie in der Zeitung von der geisterhaften Mumie gelesen, die ein Mädchen umbrachte und im Theater auftauchte«, sagte der Magier.
    »Das haben wir gelesen«, sagte Nicole Duval.
    »Und nun kommen Sie zu mir, weil mir ausgerechnet gestern meine Mumie gestohlen wurde«, meinte Rush und trank seinen Whisky schnell aus.
    »Sie wurde Ihnen gestohlen?« fragte Professor Zamorra.
    Rush nickte.
    »Gestohlen. Richtig. Natürlich ist die Mumie, von der in den Zeitungen steht und meine Mumie, nicht ein und dieselbe. Ich sehe Ihnen an, daß Sie das glauben, Professor Zamorra. Aber da befinden Sie sich leider - oder besser gesagt: zum Glück - auf dem Holzweg.«
    »Wieso sind Sie so sicher, daß es nicht dieselbe Mumie ist, Mr. Rush?« fragte Zamorra.
    Rush lehnte sich zurück und grinste breit.
    »Wie Sie wissen, bin ich Magier. Ihnen kann ich nichts vormachen, Professor. Sie wissen, daß die Magier ausschließlich mit Tricks arbeiten. Manchmal sind die Tricks verblüffend, manchmal sind sie durchschaubar. Aber es sind immer nur Tricks. Das Publikum ist ja so blöde.« Er lachte. »Verzeihen Sie, wenn ich das sage, aber es ist tatsächlich so. Die Leute wollen das glauben, was sie sehen. Sie wollen getäuscht werden, wollen belogen werden. Wir Magier tun ihnen den Gefallen. Leider gibt es ein wahres Heer von Zauberkünstlern, und der Konkurrenzkampf ist dementsprechend hart, wie Sie sich vorstellen können. Man darf den Leuten nicht immer nur die alten Hüte aufsetzen, sonst werden sie sauer und kommen nicht mehr. Man muß neues bringen. Man muß etwas bringen, das den Leuten unter die Haut geht, das ihnen angst macht, wobei sie gruseln können. Wenn Sie dem Publikum eine Mumie zeigen, wenn Sie den Leuten erzählen, Sie hätten sie aus Ägypten mitgebracht, dann wirkt das kolossal. Wenn sich diese steife Mumie dann vor den Augen der Leute durch versteckte Tricks aufrichtet, während ich irgendwelche dämlichen Sprüche vor mir hersage, dann macht das wahnsinnigen Eindruck auf das Publikum. Die Leute meinen, ich könnte Tote zum Leben erwecken. Die Mumie gehorcht meinen Befehlen, verstehen Sie, Professor? So etwas fasziniert die Menschen…«
    »Die Mumie ist nicht aus Ägypten?« fragte Nicole Duval.
    Der Magier lachte.
    »Wo denken Sie hin, Miß Duval.«
    »Woher haben Sie sie?«
    »Nirgendwoher. Ich habe die Mumie selbst angefertigt. Sie besteht aus Pappmaché, Holz und so weiter. Ein kleiner Elektromotor reagiert auf die Impulse, die ich sende. Dadurch kann sich die Mumie aufrichten und bewegen. Das ist der ganze Zauber. Die Leute fressen das. Ganz hingerissen sind sie. Seit ich mit meiner Mumie auftrete, hört der Applaus gar nicht mehr auf. Nächste Woche wollte ich Europa mit meinem bandagierten Monster erschrecken. Ich habe ein paar verlockende Angebote in der Tasche. Und nun kommt so ein hirnverbrannter Idiot daher und klaut mir meine Puppe.«
    »Sie können sich eine neue bauen«, sagte Zamorra.
    »Natürlich kann ich das. Aber das braucht Zeit. Man kann so etwas nicht in ein paar Tagen zusammenbasteln, verstehen Sie? Man muß Zeit haben. Und die habe ich nicht.«
    »Vielleicht findet die Polizei den Dieb.«
    »Das hoffe ich sehr, Professor«, sagte Rush erregt. »Das hoffe ich wirklich sehr.«
    ***
    Bill Fleming klingelte. Schritte schlurften zur Tür. Sie wurde einen kleinen Spalt aufgemacht. Ein bleiches hohlwangiges Gesicht kam zum Vorschein. Graues Haar hing seitlich am Kopf herab. Graue Augen musterten Bill mißtrauisch.
    Eine dünne Stimme fragte: »Sie wünschen?«
    »Wohnt hier Millie Springs?« fragte Bill.
    »Millie ist nicht hier. Ich bin ihre Großmutter. Was wollen Sie von ihr?«
    »Ich hätte ihr gern ein paar Fragen gestellt.«
    »Sind Sie von der Zeitung? Wahrscheinlich sind Sie das. Hören Sie, lassen Sie Millie zufrieden. Sie hat genug mitgemacht. Ich will nicht, daß Sie sie mit Ihren Fragen quälen.«
    »Ich will sie nicht quälen…«
    »Natürlich wollen Sie es nicht. Aber Sie tun es. Das arme Mädchen wird niemals über dieses

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