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0007 - Die Nacht der mordenden Leichen

0007 - Die Nacht der mordenden Leichen

Titel: 0007 - Die Nacht der mordenden Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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umklammerte das Gebetbuch.
    Das Herz – es schlug. Es pulsierte unter den bleichen Rippen. Regelmäßig. Der Muskel zuckte.
    Der Pater hob das Kreuz. Er hielt es über die Grube. Er nahm seine ganze Kraft zusammen. Seine Lippen murmelten lautlos Worte.
    »Satanos«, sagte er dann mit lauter werdender Stimme. »Satanos! Im Namen Gottes. Ich befehle dir, heimzugehen in dein Reich. Laß ab von diesem Frevel! Laß ab! Kehre zurück in dein Reich! Exitere, Satanos!«
    Ein irres Gelächter brach über die Menschen am Grabe der Hexe herein. Es schien aus allen Winkeln zu kommen. Die Blätter der Bäume schienen es zu lachen, die Stämme und die Wurzeln und der Sand unter ihren Füßen. Das Kreuz in der Hand des Priesters zitterte.
    Das Herz schlug kräftiger. Es dehnte sich aus und zog sich wieder zusammen. Wie eine rote Qualle. Man vermeinte ein Pochen zu hören.
    Das Lachen drang durch Mark und Bein, nistete sich in die Gehirne der Menschen und fraß sich fest.
    Und dann bewegte sich die Erde im Grab.
    Eine Knochenhand erhob sich aus dem schwarzen Sand, kam höher und glitt über den Rand der Grube. Die Hand wuchs an, wurde immer größer. Fransige Sehnen bewegten die Knochenfinger, die immer größer wurden. Die Klaue schloß und öffnete sich. Dieses irre Gelächter, dieses wahnsinnige Lachen – es zerrte an den Nerven.
    Der Pater fiel auf die Knie. Mit beiden Händen hielt er das Kreuz umklammert.
    Und dann faßte die knöcherne Hand nach dem Kreuz. Dürre Knochen umfingen es und drückten zu.
    Die Knochenhand zermalmte das Kreuz des Priesters.
    Das Herz schlug, wurde roter, lebendiger.
    Zamorra sprang neben den Basaltblock. Er stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen.
    Der Stein gab nach.
    Er polterte in die Grube, in der das Herz pulsierte.
    Schlagartig brach das Gelächter ab und wurde durch ein drohendes Schweigen abgelöst. Der Priester starrte fassungslos auf seine leeren Hände.
    Das Kreuz. Es war weg. Begraben unter dem Basalt, auf den Wind und Wetter den Drudenfuß gemeißelt hatten. Undeutlich zwar, aber sichtbar.
    ***
    Nicole Duval war an diesem Abend sehr schweigsam. Sie rätselte darüber nach, ob sie den Vorfall von heute mittag glauben sollte oder nicht. Sie entschied sich für die zweite Lösung. Sie weigerte sich hartnäckig, an das zu glauben, was sie gesehen hatte. Danach hatte sie ihren Seelenfrieden wieder.
    Es war sechs Uhr vorbei, als draußen vor der Taverne eine hochtourige Maschine aufröhrte.
    Bill Fleming kam herein. Er sah den Tisch mit seinen Freunden sofort.
    Inspektor Mallyrand war für diese Nacht nach Valence gefahren, der Priester nach Tournon zurückgekehrt. Er konnte das alles nicht begreifen.
    Zamorras Freund präsentierte sich in bester Laune. In seiner Linken hielt er einen mächtigen Blumenstrauß. Er wickelte das Papier ab und hielt einen Busch roter Rosen über den Tisch.
    »Schönste aller Schönen«, sagte er, »nimm diesen Strauß als Zeichen meiner ewigen Unterwerfung.«
    Bill Fleming verbeugte sich und küßte Nicoles Hand.
    Viel zu lange, fand Professor Zamorra.
    Nicole genoß die Gunstbezeigung sichtlich. Wann küßte ein Amerikaner schon die Hand einer Dame?
    Der Historiker aus New York setzte sich.
    »Du warst im Institut Historique d’Inquisition?« fragte Professor Zamorra. »Wo sind die Unterlagen?«
    Bill Fleming riß seinen Blick von Nicole los. »Ich habe sie nicht bekommen«, antwortete er. »Es waren nur Originale vorhanden, und die durften sie nicht aushändigen. Ich habe deshalb Notizen gemacht. Ich weiß über den Fall Yvonne Mortal Bescheid.«
    »So hieß die Hexe?«
    »Ja, so hieß sie. Yvonne Mortal. Sie scheint übrigens eine der wenigen zu sein, die den gewaltsamen Tod wirklich ehrlich verdient hatten. Ansonsten wurde ja während der Inquisition alles hingerichtet, was auch nur den Anschein der Unregelmäßigkeit besaß. Ich habe die Akten durchgeblättert. Ich könnte dir da Sachen erzählen…«
    »Yvonne Mortal?« fragte Professor Zamorra. »Bist du sicher, daß es sich hier um unseren Fall handelt?«
    Bill Fleming förderte umständlich ein Notizbuch zutage. »Im Jahre 1574 wurde eine Yvonne Mortal in Lamastre hingerichtet. Unter Schwierigkeiten.«
    »Wie ist das jetzt wieder zu verstehen?«
    »Sie brannte nicht«, erklärte Bill Fleming. »Die Brüder damals haben es redlich versucht, die Dame via Feuer zu den Engeln oder zu den Teufeln zu schicken. Aber sie fing einfach kein Feuer.«
    »Und das ist den Unterlagen, die du einsehen

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