0007 - Die Nacht der mordenden Leichen
erzählt, was draußen bei diesem merkwürdigen Basaltblock geschehen sein soll, doch ich kann das immer noch nicht so recht glauben. Ein pulsierendes Herz in einem verwesten Gerippe. Du hast dich bestimmt getäuscht.«
»Wie du meinst«, sagte Zamorra. Er erwartete nicht, daß der Freund ihm in allen Punkten glaubte. Für ihn – den Wissenschaftler – erschien das alles recht ungeheuerlich, obwohl Bill Fleming schon so einige haarsträubende Abenteuer zusammen mit Zamorra erlebt hatte. Doch Bill Fleming blieb ein Mann der strengen Wissenschaft; ein Mann, der für alles erst einmal logische, rationale Erklärungen suchte. Das war nun mal so, daran hatten bisher auch die Erfahrungen mit seinem Freund Zamorra nicht viel geändert, und Zamorra fand auch, daß diese Einstellung nicht die falscheste war.
Von Mallyrand konnte Zamorra keine Unterstützung erwarten.
Der brütete nur dumpf vor sich hin und verstand die Welt nicht mehr. Trübsinnig stierte er in sein Glas.
Nicole nagte intensiv an ihren Zweifeln und wollte nur zu gerne glauben, daß es für alles eine natürliche Erklärung gab. Wenn nur der Massenmord in Le Cheylard nicht gewesen wäre. Sie hatte einige der Leichen gesehen. Sie waren grausam zugerichtet. Wie von Tieren zerfetzt.
»Ich werde mich auf jeden Fall noch mal am Basaltstein umsehen«, sagte Professor Zamorra bestimmt. »Wer will, kann mitkommen.«
Er stand auf. Bill Fleming erhob sich ebenfalls. »Ich lasse mir das nicht entgehen. Ich habe noch nie ein Herz gesehen, das in einem toten Körper schlägt.«
»Dann bleiben Sie hier bei Nicole, Monsieur Mallyrand«, bestimmte Zamorra. »Passen Sie auf, daß ihr nichts passiert.«
Ich brauche kein Kindermädchen, wollte Nicole aufbegehren, doch etwas in Zamorras Blick ließ sie verstummen. Sie wollte im Augenblick nicht widersprechen.
Zamorra ging voraus auf den Citroën zu. Wortlos schloß er auch die Tür auf der Beifahrerseite auf. Bill Fleming setzte sich neben ihn und streckte seine langen Beine aus.
Professor Zamorra fuhr an und lenkte den Wagen durch die enge Altstadt. Auf der Route National ließ er die PS galoppieren. Schon nach einer Viertelstunde waren sie an der Stelle, an der der Feldweg in den Wald führte.
Der Citroën war nicht das einzige Auto. Vor ihnen auf dem Weg parkte ein Peugeot 504. Ein Schild hinter der Windschutzscheibe besagte, daß sein Besitzer Angehöriger der ›Agence France Press‹ war, einer Agentur in Paris. Ein strohblonder Mann mit drei Fotoapparaten um den Hals kommandierte einen Trupp von Arbeitern, die Schaufeln auf den Schultern trugen.
»Was wollen Sie hier?« fragte der Strohblonde, als die beiden Männer auf ihn zukamen.
»Wir wollen zum Basaltblock«, antwortete Bill Fleming, und der Strohblonde wurde sichtlich wütend.
»Verschwinden Sie«, meinte er unfreundlich. »Das ist meine Story. Ich habe zweihundert Franc ausgegeben, bis einer vom Dorf mir sagte, daß es hier etwas für mich gäbe.«
»Wir sind nicht von der Konkurrenz«, mischte sich Professor Zamorra ein. »Von uns beiden nimmt Ihnen keiner die Story. Wir wollen ebenfalls zum Grab der Braut des Satans.«
Plötzlich wurde der Strohblonde superfreundlich. Er spürte, daß die beiden Fremden vielleicht etwas wußten, was ihm dienlich sein konnte.
»Ich heiße Jacques Distel«, stellte er sich vor. »Nichts für ungut, Messieurs, aber ich habe es wirklich nur sehr ungern, wenn mir jemand ins Handwerk pfuscht. Verzeihen Sie meine Schroffheit. Wie haben Sie doch eben schnell gesagt? Grab der Braut des Satans? Ist die Dame unter diesem Namen hier bekannt?«
»Sie wußten das nicht?« forschte Bill Fleming.
»Woher sollte ich? Ich bin vor zwei Stunden angekommen. Im Dorf spricht man von Hexenmorden, und ich habe herausbekommen, daß hier das Grab einer Hexe sein soll. Für alle Fälle habe ich einmal vorbeigeschaut. Können Sie mir nicht mehr über diese angebliche Hexe sagen?«
»Es gab mal eine«, gab Bill Fleming Auskunft. Mit knappen Worten erzählte er von Yvonne Mortal und ihrem Tod vor vierhundert Jahren.
Der Reporter machte sich eilig Notizen. »Sehr schön«, sagte er immer wieder zwischendurch. »Dann wollen wir uns das Grab einmal näher ansehen.«
Die Männer mit den Schaufeln hatten gewartet, bis der Wissensdurst des Reporters gestillt war. Dann brachen sie auf zum Basaltblock, der durch die Sträucher schimmerte. Die Arbeiter begannen zu graben. Nach zehn Minuten hatten sie das Grab freigelegt.
Professor Zamorra trat
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