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0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

Titel: 0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder
Autoren: Delfried Kaufmann
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äußeren Spuren des überstandenen Abenteuers mehr zeigte.
    »Sie fanden den Beruf eines G-man ja äußerst spannend«, sagte ich nach der Begrüßung.
    »Danke, ich bin bedient«, antwortete sie mit einem schwachen Lächeln.
    Ich pirschte mich vorsichtig an mein Thema heran.
    »Lilly, es ist unbedingt erforderlich, daß Sie mir erzählen, was mit Ihnen passierte, nachdem ich mehr oder weniger zusammengeschossen worden war. Werden Sie das können, ohne umzufallen?«
    Sie schluckte und sagte tapfer: »Ich werde es versuchen, aber alles ging so rasend schnell, daß ich nicht einmal genau weiß, ob ich es in der richtigen Reihenfolge behalten habe.«
    »Passen Sie auf, Lilly. Es war so. Wir gingen zusammen die Böschung hoch. Auf der Straße riefen Sie dann, daß derjenige fahren dürfe, der zuerst am Wagen sei, und Sie liefen los. Im selben Augenblick fiel der erste Schuß. Was taten Sie?«
    »Ich blieb stehen und drehte mich um. Ich blickte wohl genau in dem Moment hin, in dem die Kugel Sie traf, denn Sie fielen um. Gleich darauf wurde ich ohnmächtig.«
    »Was ist das nächste, woran Sie sich erinnern können?«
    Sie strich sich mit der Hand über die Stirn. Ihre Augen standen weit offen.
    »Ich weiß dann, daß ein Mann mich an der Schulter packte, mich hochzerrte und mich in ein Auto stieß, das plötzlich dort stand. Ich lag auf dem Boden im Fond, und der Mann drückte meinen Kopf auf den Sitz. Der Wagen fuhr sehr schnell!«
    »Weiter, Lilly, was passierte dann?«
    »Ich weiß… nicht, wieviel Zeit verging. Jedenfalls sagte der Mann, der mich festhielt: ›Er ist hinter uns!‹ Er rief diesen Satz. Daraufhin antwortete der Mann am Steuer: ›Stop ihn!‹ Ich wurde losgelassen. Mein Wächter beugte sich aus dem Fenster. Er schoß nach Ihnen, aber ich war mir in der Aufregung nicht klar darüber. Er zog seinen Kopf ziemlich bald wieder aus der Fensteröffnung zurück und rief dem Fahrer etwas zu, das ich nicht verstanden habe.«
    »Hieß es ungefähr: Er läßt seinen Wagen abfallen. Ich kann ihn nicht treffen.«
    »Ja, so etwa kann es gelautet haben.«
    »Und was antwortete der Mann am Steuer?«
    »Er rief: ›Wirf das Mädchen raus!‹«
    Sie schlug die Hände vor das Gesicht. Ich wartete geduldig, bis sie sich erholt hatte.
    Sie sprach von selbst weiter: »Der Mann faßte mich mit einer Hand und stieß mit der anderen die Tür auf. Ich sehe noch genau vor mir, wie die Straßenböschung an mir vorbeiflitzte. Ich wehrte mich verzweifelt, aber er war viel stärker, und als die Tür offen war, griff er mit beiden Händen zu. Dann weiß ich nur, daß ich durch die Luft flog. Die nächste Station war das Erwachen im Krankenhaus.«
    Ich winkte Phil zu, ihr eine Zigarette zu geben. Wir bedienten uns alle.
    »Liane, haben Sie den Eindruck, daß der Mann im Fond oder der Mann am Steuer der Chef war?«
    »Ja, ich glaube, der am Steuer war derjenige, der am meisten zu sagen hatte.«
    »Wie sah der Mann aus?«
    »Ich — ich sah ihn nicht genau, Jerry. Ich war viel zu aufgeregt. Er trug keinen Hut. Seine Haare waren schwarz, tiefschwarz sogar. Er muß so groß gewesen sein wie Sie oder sogar noch etwas größer. Er wandte einmal seinen Kopf nach hinten. Seine Nase war etwas gebogen und — ja, er hatte eine ziemlich deutlich sichtbare Narbe, die sich vom linken Ohr tief in die Wange hineinzog.«
    Phil stieß einen Pfiff aus. Das war viel wert. Ein so deutlich sichtbares und unverwischbares Kennzeichen hatten wir nicht erhofft.
    Ich bat Liane noch, uns den anderen Mann zu beschreiben. Die Beschreibung war undeutlicher und ungenauer. Es mußte ein Mann um die vierzig Jahre sein, spärliches braunes Haar, breites Gesicht,, gepreßter Mund, breitschultrige, plumpe Gestalt. Ich dankte dem Mädchen, und ich sagte ihr, daß sie uns wahrscheinlich ein gutes Stück weitergeholfen habe.
    Während ich nun wartete, daß mein Arm heilte, entfaltete Phil Decker in den nächsten vierzehn Tagen eine emsige Tätigkeit, die aber im wesentlichen in der Richtung polizeilicher Fahndungsroutine lief. Er bereitete eine große Fahndung nach dem Mann mit der Narbe vor, und Liane, die sich mehr und mehr von dem erlittenen Schock erholte — sie trat auch bald wieder im Theater auf —, half eifrig mit.
    Die Suche in den Karteien war eine recht einfache Sache. Es gab nicht sehr viele Verbrecher mit der Narbe, wie Liane sie beschrieben hatte. Soweit die uns bekannten Burschen ein in etwa passendes Kennzeichen aufzuweisen hatten, wurde ihre Bilder aus
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