0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder
die wir in ungefähr der gleichen Version nicht zum erstenmal hörten.
Sie war vor rund vier Wochen beim Verlassen des Geschäftes von einem jungen Mann angesprochen worden. Bei Miss Forbanks Erscheinung war klar, daß ihr das nicht gerade häufig passierte. Der junge Mann nannte sich Glen Badding, war hübsch, blond, lustig und eroberte Miss Forbanks jungfräuliches Herz im Handumdrehen. Man traf sich täglich. Glen redete vom Wetter, vom Sport, von gemeinsamen Ferien, vom baldigen Verlöbnis. Miss Forbank sprach von Antiquitäten. Badding interessierte sich brennend dafür.
Dann blieb Glen plötzlich aus. Miss Forbank trauerte. Glen blieb kommentarlos fast acht Tage fort. Eines Tages stand er wieder vor dem Laden. Er gebrauchte faule Ausreden, um sein Fortbleiben zu erklären. Miss Forbank glaubte zu gern, aber weil sie, abgesehen von der Belastung mit einem sehnsüchtigen Herzen, durchaus ein kluges Mädchen war, fiel ihr auf, daß er sich jetzt ungeniert nach den Absichten und Gewohnheiten von Elisabeths Chef erkundigte. Sie sagte ihm, was er zu wissen wünschte.
Als Miss Forbank heute mittag, während Mr. Sound sein Mittagsschläfchen hielt, die ›Chicago Tribune‹ las, stieß sie selbstverständlich auf den Artikel über den Eisenbahn-Mörder. Und während sie noch die Zeilen überflog, fiel ihr ein Satz ein, den Glen einmal gesagt hatte: »Wenn dein Chef mal verreist, laß es mich rechtzeitig wissen.«
Er hatte diese Aufforderung damals zwar damit begründet, daß sie sich in solchem Falle sicherlich vom Geschäft befreien könnte, um mit ihm einen mehrtägigen Ausflug zu unternehmen, aber unter dem Eindruck der Zeitungsmeldung erschien Miss Forbank die Frage sehr verdächtig. Sie verbrachte einen unruhigen Nachmittag, gequält von Gewissensnöten, und schließlich ging sie in Mr. Sounds Büro und gestand ihm ihren Verdacht. Mr. Sound freilich donnerte sie gleich nieder und rief, was kein Fehler war, das FBI.
»Wo wohnt Badding?« erkundigte ich mich.
Miss Forbank mußte gestehen, daß sie es nicht wußte. Die Bande schien vorsichtiger geworden zu sein und gab ihren Zuträgern offensichtlich Anweisung ihren Wohnsitz nicht mehr zu nennen.
Wir verglichen die Aussagen des Mädchens mit unseren Daten. Die Woche, in der Glen Badding ausgeblieben war, begann ungefähr mit dem Tag, an dem Earl Lutter an unseren Kugeln starb. Wahrscheinlich hatte Lutter diese Verbindung hergestellt. Durch seinen Tod war sie unterbrochen worden. Später hatte ein anderes Mitglied der Bande sie wieder aufgegriffen.
Ich winkte Freddey zu, mit mir herauszukommen.
»Wollen wir Badding verhaften?« fragte er.
»Wer ist er schon? Ein Zuträger, mehr nicht. Alles, was wir von ihm erwarten können, ist eine mehr oder weniger faule Beschreibung des Mannes, der an Earl Lutters Stelle getreten ist. Wir haben hier eine bessere Chance, Freddey, vorausgesetzt, es steckt wirklich das hinter der Geschichte des Mädchens, was wir erwarten. Wir können dem Eisenbahn-Mörder eine erstklassige Falle stellen. Kommen Sie, wir müssen den alten Sound dazu bringen, daß er mitspielt.«
Wir gingen ins Büro zurück. Sound stapfte mit seinen kurzen Beinen hinter dem Schreibtisch auf und ab.
»Können Sie mir sagen, wo und wann die nächste Auktion von bedeutenden Altertümern stattfindet, Mr. Sound?« fragte ich ihn.
»Selbstverständlich«, grollte er. »In fünf Tagen wird in New Orleans eine große Anzahl bedeutender Bilder versteigert.«
»Wunderbar, da könnten Sie ja mit dem Mississippi-Expreß hinfahren. Direkte Verbindung, soviel ich weiß. Darf ich mal Ihr Telefon benutzen?«
Ich holte mir einige Auskünfte vom Hauptbahnhof.
»Es paßt ganz großartig, Mr. Sound«, erklärte ich, als ich den Hörer wieder auflegte. »Der Expreß fährt um zweiundzwanzig Uhr vierzehn von Chicago ab und hält zum erstenmal morgens gegen fünf Uhr in St. Louis. Wir werden Ihnen eine Schlafkabine bestellen.«
»Ich denke nicht daran, mit diesem Zug zu fahren!« rief er. »Ich verstehe, Sie wollen mich als Lockvogel benutzen, aber ich riskiere mein Leben nicht. Bin ich ein Polizist? Außerdem interessieren mich die Bilder in New Orleans nicht. Sie sind viel zu teuer.«
»Selbstverständlich zahlen wir die Reise«, sagte ich.
»Nein, nein, nein!« brüllte er.
Eine dreiviertel Stunde lang redeten Freddey und ich auf ihn ein. Wir setzten ihm auseinander, wie ungefährlich die Sache für ihn sei. Wir packten ihn beim Staatsbürgerehrgeiz, und wir stellten
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