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0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

Titel: 0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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wartete ein Taxi. Der ältere Herr kletterte nicht ohne Mühe in den Fond, lehnte sich in die Polster und sagte: »Zum Hauptbahnhof, bitte.«
    Das Taxi quälte sich durch den Abendverkehr, erreichte den Bahnhof.
    »Besorgen Sie mir bitte einen Gepäckträger«, sagte der alte Herr und gab dem Taxichauffeur ein gutes Trinkgeld.
    Der Gepäckträger kam und nahm den Koffer und das Reiseplaid.
    »Zum Mississippi-Expreß«, nannte der Weißhaarige sein Ziel und steuerte etwas tapperig dem Träger nach.
    Der Expreß, ein weiß- und blaugestrichener vollverkleideter Zug, fuhr von Bahnsteig vier. Er stand bereits auf seinem Abfahrtsgleis, und um ihn war das Gequirle von Leuten, die sich von Verwandten verabschiedeten, Zeitungen kauften und warme Würstchen aßen.
    Der Schaffner der Luxuswagen, wie auf fast allen Zügen ein Schwarzer, half dem alten Herrn einsteigen.
    »Mein Name ist Robert Sander. Ich habe Kabine zweiunddreißig.«
    »Bitte, hier entlang, Sir«, sagte der Schwarze. »Soll ich Ihnen gleich das Bett richten?«
    »Ja, und besorgen Sie mir bitte ein paar Zeitungen.«
    Eine Fünfdollarnote wechselte den Besitzer.
    Der Schwarze holte einen Stoß Abendblätter und Magazine, richtete das Bett, fragte, ob er noch einen Drink bringen dürfte.
    »Eine Flasche Scotch«, sagte der alte Herr. Der Schwarze entfernte sich mit rollenden Augen. Er hatte den Alten eigentlich für zu kränklich gehalten, um sich mit einer ganzen Flasche Scotch-Whisky allein zu beschäftigen, aber er erfüllte den Wunsch und kassierte noch einmal zwei Dollar Trinkgeld.
    Ich ließ mich aufs Bett fallen, als sich die Tür hinter dem Schwarzen endgültig schloß. Aber ich stand sofort wieder auf und zog die Vorhänge vors Fenster.
    Ich sah durch den Vorhangspalt Mr. Mark Sound auf unseren Waggon zusteuern. Er stampfte mit kurzen Beinen über den Perron, beladen mit einer riesigen Aktentasche. Hinter ihm keuchte ein Gepäckträger mit zwei schweren Koffern. Wir hatten ihm jedes Stück seines Gepäcks vorgeschrieben. Wir hatten sogar ein Telegramm an die Auktionsleitung in New Orleans aufgegeben, daß Mr. Sound zwei wertvolle Bilder zur Auktion stellen würde.
    Neben dem kleinen Antiquitätenhändler ging gesenkten Hauptes Miss Forbank und ließ sich beschimpfen. Auch ihr Erscheinen auf dem Bahnhof war von uns angeordnet.
    Sounds Karawane entschwand aus meinem Blickfeld. Ich blieb am Fenster, wenn auch durch den Vorhang gedeckt. Ganz instinktiv suchte mein Blick nach einem Mann mit geschmeidiger Gestalt, nach einem Gesicht, dessen Augen hart und böse schauten.
    Ich entdeckte den Mann nicht. Ich fand nicht einmal Freddey, der, soviel ich wußte, die Uniform eines Navy-Offiziers und einen Schnurrbart trug.
    Zweiundzwanzig Uhr vierzehn. Die Lautsprecher dröhnten, eine Signalpfeife schrillte. Durch die Wagenschlange ging ein leichtes Rucken, der Mississippi-Expreß begann seine rasende Fahrt nach Süden.
    Ich streckte mich aufs Bett und versuchte, mir die Zeit durch Lesen zu vertreiben. Sicherlich verstehen Sie, daß ich nicht viel Sinn für das hatte, was die Zeitungen schrieben. Immer wieder blickte ich auf die Uhr. Die Zeiger schlichen nur.
    Wenige Minuten nach Mitternacht klopfte es hastig an meiner Tür. Ich sprang auf, besann mich auf meine Rolle, ging zur Tür und öffnete.
    Auf dem Gang stand Sound, hielt eine Zigarre mit bebenden Fingern an den Mund und stotterte: »Entschuldigen Sie, Sir, haben Sie vielleicht Feuer?«
    Der kleine Antiquar hatte es verdammt eilig, aus seiner Kabine herauszukommen. Er mußte einen günstigen Augenblick abgepaßt haben und erschien fast eine Stunde früher, als ich gerechnet hatte.
    »Bitte«, antwortete ich, zog mein Feuerzeug aus der Tasche und ließ es aufschnappen. Dabei streckte ich den Kopf vor und blickte rasch nach rechts und links. Niemand außer uns war auf dem Gang.
    »Los!« zischte ich, zog ihn rasch an den Rockaufschlägen herein, ging selbst die wenigen Schritte bis zu seiner Kabine und zog die Tür hinter mir zu.
    So, das war geschafft. Ich sah mich in der Kabine um. Das Bett war so gut gerichtet wie meins. Sound hatte vergessen, die Vorhänge zuzuziehen. Ich holte es nach. Dann öffnete ich den kleineren der beiden Koffer. Wir hatten an alles gedacht. In dem Koffer befand sich ein Anzug von Sound. Ich drapierte ihn am Kleiderständer. Ich stellte Pantoffeln vor das Bett. Ich hängte seinen Schlafrock auf, und ich garnierte das Waschbecken mit Utensilien aus seinem Reisenessesaire.
    Dann baute

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