0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder
klappt, Freddey, dann sitzen wir diesmal am längeren Hebel und haben die Überraschung auf unserer Seite.«
»Sie können es trotzdem nicht machen, Cotton«, beharrte er. »Sie sind der Beamte des FBI, den der Eisenbahn-Mörder am besten kennt. Sie müssen damit rechnen, daß er selbst oder einer seiner Leute in Chicago auf dem Bahnsteig ist. Werden Sie dabei gesehen, fällt die Falle um, bevor sie richtig aufgestellt ist.«
»Dies ist mein Fall, Freddey«, sagte ich hartnäckig. »Allein schon wegen der beiden Narben an meiner Schulter, obwohl sie nicht das Schlimmste sind, die er auf dem Kerbholz hat. Ich wette, es gibt einen guten Maskenmacher in Chicago. Schicken Sie ihn mir ins Krankenhaus.«
»Wie viele Leute sollen mit in den Zug?«
»Keiner, Freddey, außer Ihnen. Kleben sie sich einen Schnurrbart an für den Fall, daß Ihr Gesicht den entsprechenden Kreisen auch schon bekannt sein sollte. Nehmen Sie sich eine Kabine möglichst weit weg von der unserigen.«
Wir hielten vor dem Krankenhauseingang.
»Ich werde doch im Hospital bleiben, bis die Sache steigt. Schicken Sie mir rechtzeitig den Maskenbildner. Jerry Cotton bleibt brav im Bett, während Mr. Robert Sander mit dem Mississippi-Expreß gen Süden fährt.«
Die drei Tage waren voller Spannung. Daß unsere Fährte richtig war, wußten wir schon am nächsten Abend, als Miss Forbank uns durch einen Anruf mitteilte, Badding habe ihre Verabredung nicht eingehalten. Wie Frank Nees versetzte er seine Freundin sofort, als ihm bedeutet wurde, daß er seinen Auftrag als erledigt betrachten könne.
Lender, der sich im Auftrag Freddeys an Baddings Fußsohlen geheftet hatte, berichtete, daß er keine Kontaktaufnahme zwischen dem Beschatteten und irgendwem feststellen könne. Wir kannten jetzt Baddings Wohnung und konnten jederzeit auf ihn zurückgreifen. Da Lender ihn auch nicht telefonieren gesehen hatte, mußten wir annehmen, daß er angerufen wurde. Eine Anfrage beim Fernamt klärte uns darüber auf, daß er sich vor wenigen Wochen einen Anschluß hatte geben lassen. Damit war auch dieser Punkt geklärt.
Freddey spielte den Boten zwischen Sound und mir. Mark Sound war der schwächste Punkt in unserem Spiel, aber wir konnten nicht auf ihn verzichten. Ich fürchtete sehr, daß seine Aufgeregtheit uns verraten könnte, zumal er in gewisser Weise aktiv mitspielen mußte. Der Kabinenwechsel mußte unter allen Umständen so durchgeführt werden, daß niemand etwas davon merkte. Freddey versuchte, ihm jede Handbewegung einzutrichtern. Er sagte später, das sei eine seiner anstrengendsten Aufgaben gewesen.
Am dreiundzwanzigsten, einen Tag vor dem Start, kam Freddey noch einmal zu mir.
»Ich verstehe immer noch nicht, Cotton, warum Sie auf die Durchführung in dieser Form bestehen. Der Zug fährt von Chicago bis St. Louis in einer Tour durch. Er braucht dazu von zweiundzwanzig Uhr bis fünf Uhr morgens. Nur während dieser Zeit kann er seine Tat ausführen. Er muß also in Chicago in den Zug steigen. Sie würden ihn erkennen. Er selbst hat diese Meinung dadurch bewiesen, daß er hartnäckig versucht, Sie zu beseitigen. Warum sind Sie nicht damit einverstanden, daß der Bahnhof in aller Heimlichkeit umstellt wird? Sie selbst könnten ihn identifizieren.«
»Sind Sie sicher, daß er sich auf dem Bahnhof befindet?«
»Natürlich. Es gibt keine andere Möglichkeit für ihn, in den Zug zu kommen.«
»Hören Sie, Freddey, ich war dabei, als Oswell Boom umgebracht wurde, und ich überraschte den Mörder, wie er im Begriff war, sich aus dem fahrenden Expreß von einem Hubschrauber abholen zu lassen. Wissen Sie, ob er nicht auf die gleiche Weise den Zug, in dem er sein Opfer weiß, zu entern gewohnt ist? Im Intercontinental fehlte kein Fahrgast, und doch war ein Mann während der Fahrt ausgestiegen.«
»Na, gut«, antwortete Freddey, »ich gebe es auf. Machen wir es also auf Ihre Tour. Morgen mittag kommt der Maskenbildner, der beste Spezialist, den wir auf diesem Gebiet in Chicago haben.«
***
Am vierundzwanzigsten, um neun Uhr abends, verließ ein ziemlich großer älterer Herr das Hospital. Er trug einen weiten, dezent karierten Mantel und einen grauen Hut mit steifem Rand, unter dem sein volles, fast weißes Haar zu sehen war. Er trug eine schwarze Hornbrille auf der beachtlich großen, leicht gekrümmten Nase. Ein etwas unordentlicher Schnurrbart bedeckte seinen Mund. Ein Spitaldiener trug ihm einen Koffer und eine karierte Reisedecke nach.
Vor dem Ausgang
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