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0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

Titel: 0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Stimme. Das war Cummingham, Slim Cummingham, der vermutlich tote Mississippi-Fischer und Jäger. Oh nein, es war durchaus nicht so, daß ich mich nun erst einmal freute, daß Mr. Cummingham offenbar doch lebte, denn an flüsternden Besuch aus dem Jenseits glaube ich nicht. Ich dachte vor allen Dingen daran, daß Cummingham hier freiwillig oder unfreiwillig dazu benutzt wurde, mich in den Garten zu locken, aber das war kein Grund, nicht trotzdem hinzugehen, allerdings unter einigen Vorsichtsmaßnahmen.
    »Moment!« rief ich hinunter, wandte mich ins Zimmer zurück und weckte mit leisem Ruf Phil, denn die Verbindungstür zwischen unseren Räumen stand offen.
    Er war sofort wach. »Ja?« fragte er.
    »Ich werde im Garten verlangt«, erklärte ich. »Es scheint Cummingham zu sein. Paß ein wenig auf, wenn es nur ein Trick sein sollte!«
    Unterdessen hatte ich mir die Nullacht aus dem Halfter geangelt und stieg auf die Fensterbank. Phil kam, ebenfalls im Schlafanzug herüber und faßte kopfschüttelnd Posten am Fenster.
    Wie Sie wissen, wohnten wir allein in dem kleinen Hotel, das nur ein Stockwerk über dem Parterre besaß. Der Sprung aus dem Fenster war daher kein Risiko. Ich ließ mich fallen und landete im weichen Erbsenbeet.
    »Hallo!« rief ich. »Wo sind Sie, Cummingham?«
    »Hier!« flüsterte es zurück. Ein Gebüsch rauschte, und trotz der Dunkelheit sah ich die dürre Gestalt des alten Fischers auf mich zuschwanken. Ich ging ihm entgegen. In meinem hübsch gestreiften Schlafanzug, den ausgelatschten Pantoffeln an den Füßen und dem Mordwerkzeug der Null-acht in der Faust muß ich ausgesehen haben wie ein Detektiv aus einem Kriminallustspiel.
    »Dachte, Sie wären tot«, flüsterte ich, als ich mit dem langen Schatten zusammentraf.
    Ich fühlte, wie er grinste. »Bin ich auch«, sagte er etwas mühsam.
    »Haben Sie etwas abbekommen?«
    »Ziemlich.« Außer dem Wirt und uns schlief niemand in dem kleinen Hotel, da die Putzfrau und der Hausknecht nach getaner Arbeit nach Hause zu gehen pflegten. Der Besitzer hatte weder Weib noch Kind. Er schloß abends, bevor er in seine Dachkammer ging, die Haupttür ab und ließ den Schlüssel von innen stecken.
    Ich verständigte mich durch ein paar geflüsterte Worte mit Phil, faßte Cumminghams Arm und führte ihn möglichst geräuschlos um das Haus herum. Phil erwartete uns schon. Gemeinsam stützten wir den alten Fischer, der jetzt down zu sein schien, und brachten ihn unter Vermeidung aller unnötigen Geräusche die leider knarrende Treppe hoch.
    Im Zimmer postierten wir ihn in einen Sessel, schlossen Tür und Fenster, zogen die Vorhänge vor und machten dann Licht.
    Hallo, der alte Cummingham sah heiter aus. Er war barfuß, trug nur Hemd und Hose, die völlig zerbeult, zerrissen und auch noch feucht waren. An der Stirn hatte er eine häßliche, verkrustete Wunde. Der eine Ärmel seines Hemdes war aufgerissen. Er hatte ihn über die rechte Schulter gebunden, und auch sonst zeigte er einige Beulen und Kratzer. Er hielt die Augen geschlossen. Sein Kopf hing über der Brust.
    Phil verwahrte eine leicht angeschlagene Flasche, guten Whiskys in seinem Zimmer. Davon brachte er ein halbes Zahnputzglas voll, und er machte sich nicht die Mühe, ihn mit Wasser zu verdünnen. Wir legten Cumminghams Kopf zurück und flößten ihm den Drink ein. Er schluckte, ohne zu husten, schlug seine kleinen, blauen Augen auf und quälte ein dünnes Lächeln um seinen schmalen Mund.
    »Mit sechzig auf dem Buckel taugt man nicht mehr viel«, sagte er mühsam. »Es ist kläglich, wie wenig man vertragen kann.«
    »Es sieht aus, als hätten Sie eine Portion einstecken müssen«, antwortete ich. »Wo kommen Sie her?«
    »Von der anderen Flußseite. — Die Schweinerei ist, daß ich kein Boot bekommen konnte und herüberschwimmen mußte. Der Mississippi versteht es, einen älteren Mann auszulaugen, der ihn überqueren will.«
    »Besonders wenn der Mann etwas angekratzt ist«, sagte Phil kopfschüttelnd, und ich setzte hinzu: »Erzählen Sie mal der Reihe nach, Cummingham, wenn Sie es durchzuhalten glauben.«
    »Kann ich vorher noch ein Glas davon haben?« fragte er und deutete auf das Zahnputzglas. — Selbstverständlich konnte er.
    Cumminghams Geschichte war schnell erzählt. Am Morgen, als er nach der Unterredung mit uns nach Hause kam, hatte er lange geschlafen. Am frühen Nachmittag war er mit seinem Ruderboot hinausgefahren, hatte ein paar Fische gefangen, die für sein Abendbrot bestimmt

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