0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten
nicht, was er mit dieser Versammlung von Halbnackten anfangen sollte. Ich informierte ihn kurz.
»Ich werde sofort einen von den Smiths wecken«, versicherte er eilfertig. »Sie haben beide große Wagen. — Glauben Sie, ich könnte einen davon notfalls für Dienstzwecke beschlagnahmen, Mr. Cotton, falls Mr. Smith sich weigern sollte, den Wagen zur Verfügung zu stellen?«
Ich unterdrückte einen Seufzer. Dieser wichtigtuerische und bürokratische Wahlpolizist ging mir auf die Nerven.
»Ihre Mitkämpfer in der Piratenjagd werden sich nicht weigern, Mr. Legram. — Hauen Sie schon ab!«
Unsere Klamotten waren in der Zwischenzeit leidlich getrocknet, wenn auch von Bügelfalten keine Rede mehr sein konnte. Seath mußte in seine Kluft kriechen. Er war so niedergeschlagen wie ein Mann nur sein kann, dem seine Kameraden deutlich gezeigt haben, was sie von ihm denken.
Legram kam ziemlich rasch wieder. »Der Wagen steht vor der Tür«, meldete er. »Wenn Sie gestatten, Mr. Cotton, werde ich diesen Mann dort verhaften und ihn ins Gefängnis nach Memphis überführen.«
Mir riß der Geduldsfaden.
»Sheriff«, sagte ich kopfschüttelnd, »tun Sie mir einen Gefallen und kümmern Sie sich nicht um Angelegenheiten, die ich bereits in die Hand genommen habe. — Seath wird nach New Orleans gebracht.«
Er wagte einen schwachen Protest. »Aber Basqueville ist nach Memphis zuständig. Mr. Thamp wird es nicht gern sehen, wenn ein so wichtiges Verbindungsglied nach New Orleans gebracht wird.«
Jetzt brüllte ich: »Zum Henker, Sheriff, wenn Sie sich halb so viel darum kümmern würden, wer von den Leuten hier am Fluß mit einer Schußwunde herumläuft, oder wer überhaupt seit heute tot und damit verschwunden ist, hätten wir längst wichtigere Verbindungsglieder zum Mississippi-Piraten als diesen dreckigen Sprengstoffverräter gegen Saufdollars.«
Er zuckte zusammen, schnitt die übliche beleidigte Miene und zog sich zurück.
Von Beek bekam Seath ein paar Handschellen verpaßt, wurde in den Fond des Autos verfrachtet, und ich setzte mich hinter das Steuer.
»Sorgen Sie, daß er auf den Elektrischen Stuhl kommt«, rief mir Kapitän Petitpierre zum Abschied nach.
Nach einer schlaflosen Nacht stundenlang am Steuer eines Wagens zu sitzen, das ist nicht gerade eine von den Sachen, die zu den angenehmen Dingen des Lebens gehören. Nach vier Stunden schalt ich mich selbst einen Idioten, daß ich nicht Beek oder wenigstens einen von seinen Polizisten als Fahrer mitgenommen hatte. Na ja, zum Umkehren war es jetzt zu spät. Ich holte mir eine wachhaltende Musik ins Radio und ließ das Auto die Meilen in sich hineinfressen. Hinten im Fond war Seath in den tiefen Schlummer gefallen, der leider auch die Ungerechten heimsucht. Und die Tatsache, daß er dort schnarchen konnte, während ich wach bleiben mußte, machte mich fast wütender auf ihn als seine Dynamitladung, mit der er meinen schönen Plan ins Wasser gejagt hatte.
Auch die längste Autofahrt geht einmal zu Ende. Noch vor der Dunkelheit trafen wir in New Orleans ein. Der dicke FBI-Chef Cachot wartete in seinem Büro auf mich, denn ich hatte Beek gebeten, ihn telefonisch von den Ereignissen zu informieren.
»Schade, Cotton«, sagte er zur Begrüßung, »aber nicht mehr zu ändern. Bringen wir dieses Früchtchen gleich in den Projektionsraum.«
Er geleitete uns in das kleine Zimmer mit der Leinwand, auf das die Bilder von Verbrechern projektiert werden konnten.
»Langes Suchen können wir uns wohl sparen«, entschied Cachot und wandte sich an den Mann am Projektionsgerät: »Zeig mal gleich das Bild von Fosco Brooderick.«
»Okay, Chef«, antwortete der Beamte, schaltete das Licht aus und ließ Brooderick gleich in dreifacher Ausfertigung, rechtes Profil, linkes Profil und sein Face erscheinen.
Cachot funkelte den niedergeschlagenen Seath mit seinen kleinen Augen an: »Na, ist er das, du Wurm?«
Seath hauchte ein tonloses »Ja«.
»Also schon erledigt. — Bringen Sie den Mann hier im Kittchen unter! — Cotton, Sie kommen mit in mein Büro!« Oben ließ er sich in seinen Schreibtischsessel fallen.
»Steckbrief?« fragte er. »Logischerweise. Glauben Sie, daß es lange dauert, bis wir ihn fassen?«
Cachot zuckte die Schultern. »Sehr lange hoffentlich nicht.«
»Fragt sich nur, ob er uns weiterhelfen kann. Vielleicht kennt er den Piraten überhaupt nicht, wenn er auch seine Geschäfte besorgt.«
»Halte ich für unwahrscheinlich. Fosco ist ein alter Hase, der keine
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