0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten
Sie seine Privatwohnung erreichen.«
Es war acht vorbei. Ich ließ mir eine Verbindung mit der zweiten Nummer geben.
»Na, endlich«, dröhnte Cachots Baß. »Kommen Sie in meine Wohnung, Cotton. Frazers-Street 49. Geben Sie Ihr Hotelzimmer auf. Wir fahren sofort nach Callington.«
»Wer oder was ist Callington?« fragte ich.
»Zum Henker, ich erzähle es Ihnen während der Fahrt. Beeilen Sie sich!«
Ich legte auf.
»Rechnung und ein Taxi!« befahl ich dem Portier, ging auf mein Zimmer, packte die paar Sachen zusammen, die ich neu erwarben hatte, kam wieder herunter, zahlte und stieg ins Taxi.
Vor Cachots Haus wartete ein schwerer Polizeiwagen mit Fahrer. Der FBI-Chef selbst stampfte auf dem Bürgersteig umher und zerknautschte eine Zigarre, die er wegfeuerte, als ich aufkreuzte.
»Endlich«, knurrte er, packte mich am Ärmel und zog mich in den Fond.
»Los!« befahl er dem Fahrer. »Rotlicht und Sirene, damit wir schneller aus der Stadt herauskommen.« Er stopfte sich eine neue Zigarre zwischen die Lippen.
Ich schnippte mir eine Zigarette aus dem Päckchen, besah Cachots grimmiges Gesicht von der Seite und fragte vorsichtig:
»Callington ist sicherlich eine Sehenswürdigkeit, die nur bei Nacht richtig zur Geltung kommt?«
»Nehmen Sie mich bloß noch auf den Arm, und Sie können es erleben, daß ich platze«, fauchte er. Er war von einer ganz anderen Sorte als Mr. High in New York, der nie seine Ruhe verlor, aber das bedeutet durchaus nicht, daß er nicht, genausoviel konnte.
»Also«, lächelte ich. »Zähmen Sie Ihre Nerven und sagen Sie mir, was der Mississippi-Pirat neu angestellt hat?«
»Er hat einen seiner Leute erschossen«, knurrte er zwischen Zähnen und Zigarre.
»Fosco Brooderick?« fragte ich schnell.
Cachot nickte, aber gleich darauf platzte er heraus:
»Das braucht durchaus nicht zu stimmen. Das kann gar nicht stimmen. — Callington ist ein Dorf, kurz vor Freebanc, flußaufwärts gerechnet. Sie haben einen Toten aus dem Mississippi gefischt, und irgendein Dorfpolizist, der gerade den Steckbrief bekommen hatte, glaubt, es wäre Fosco, und ruft mich an. — Das ist bestimmt Quatsch. Jährlich werden Hunderte von Ertrunkenen aus dem Fluß geangelt. — Warum soll es jetzt gerade ein Mann sein, den wir suchen? Der Dorfcop wollte sich wichtig machen.«
Ich sog nachdenklich an meiner Zigarette. Ich machte mir keine Illusionen mehr. Ich war überzeugt, daß es sich bei dem Toten aus dem Fluß um Fosco Brooderick handelte.
Wir erreichten Callington nach Mitternacht. Es war wirklich nicht mehr als ein Dorf. Der Polizist und noch ein paar Leute, deren Funktionen nicht ganz zu durchschauen waren, erwarteten uns schon den ganzen Tag. Sie hatten aus irgendwelchen Überlegungen heraus Posten auf der Einfahrtsstraße gefaßt, und es sah romantisch und ein wenig gespensterhaft aus, denn sie trugen Sturmlaternen bei sich, die sie schwenkten, als unsere Scheinwerfer auftauchten.
»Wo ist er?« fragte Cachot.
Ein Mann in Uniform salutierte. »Ich zeige Ihnen den Weg, Sir.«
Da sie über keinen geeigneteren Platz verfügten, hatten sie, ihn im Holzschuppen eines Hauses aufgebahrt. Es gab dort kein elektrisches Licht, und als wir vor ihm standen, nahm Cachot einem der Männer die Sturmlaterne aus der Hand, zog das Zeltleinen vom Kopf des Toten und beugte sich tief darüber. Ich stand ihm gegenüber und sah gut das Gesicht des Mannes, als der Schein der Lampe darauf fiel.
Tja, die Steckbriefe an den Anschlagbrettern der Polizeistationen konnten überklebt werden. Die Zollbeamten konnten einen Namen aus den Fahndungslisten streichen, ebenso wie die Polizisten in den Städten das Gesicht eines Gesuchten aus ihrem Gedächtnis löschen konnten. Fosco Brooderick war von dem Arm der irdischen Gerechtigkeit nicht mehr zu erreichen.
Cachot richtete sich auf und schnaufte. »Ist er ärztlich untersucht worden?« fragte er. Ein älterer, schon weißhaariger Mann trat einen Schritt vor.
»Ich bin Dr. Cryer aus Freebanc«, sagte er. »Ich habe ihn untersucht, obwohl ich natürlich nicht viel von kriminalärztlichen Untersuchungsmethoden verstehe. Er hat sechs Einschüsse in der Brust.«
»Maschinenpistole!« brummte der FBI-Chef von New Orleans mir zu. »Wie lange hat er im Wasser gelegen?« fragte er dann den Doktor.
Der alte Arzt hob die Schultern. »Mit Sicherheit kann ich das nicht sagen, Sir, aber sicherlich nicht sehr lange. Vierundzwanzig Stunden höchstens, eher weniger.«
Cachot wandte sich zum
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