0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten
Geschäfte mit Leuten macht, die er nicht kennt.«
»Hoffentlich haben Sie recht, Mr. Cachot. — Das mit dem Steckbrief erledigen Sie wohl. — Ich suche mir ein Hotelbett und schlafe mal zwölf Stunden.«
»Warten Sie, ich besorge Ihnen eines«, antwortete er und griff zum Telefon.
Eine halbe Stunde später lag ich unter einer schönen, leichten Steppdecke und nach weiteren fünf Minuten verabschiedete sich der liebe Jerry Cotton vorübergehend von den Ereignissen.
***
Jawohl, ich schlief zwölf Stunden, und dann ging ich am frühen Morgen durch New Orleans und kaufte mir ein neues Oberhemd und einen neuen Schlips. Die alte Krawatte hatte bei dem nächtlichen Bad abgefärbt. Dabei hatte sie vier Dollar fünfzig gekostet. Na, diesem gaunerischen Chinesen in der 39. Straße würde ich einiges erzählen, wenn ich nach New York zurückkam.
Ich telefonierte mit Phil. Er wußte bereits Bescheid.
»Was weiter?« fragte er.
»Cachot hofft, daß Brooderick bald gefaßt wird, und daß wir dann über ihn weiterkommen. — Ich bleibe noch ein paar Tage in Orleans. Wie geht’s Cummingham?«
»Er zappelt vor Ungeduld in seinem Krankenhausbett und behauptet, wenn er nicht bald herauskäme, würde er ernsthaft krank.«
»Von mir aus kann er sich auf seine Beine stellen. Die Komödie ist doch geplatzt, aber behalte ihn im Auge, damit sie ihn nicht wegputzen. Wenn’s mit Fosco nicht klappt, wird uns der Alte vielleicht noch nützlich sein.«, Nach diesem Gespräch meldete ich New York an. Ich berichtete Mr. High, wie der Film abgerollt war. Er hörte ohne eine Frage zu.
»Nicht ganz so verlaufen, wie Sie sich es vorgestellt haben, Jerry«, sagte er dann, »aber wenn die Suche nach Brooderick zum Erfolg führt, kann der Mississippi-Pirat seine Totenkopfflagge niederholen.«
»Wenn, Chef«, antwortete ich zweiflerisch. »Ich hätte trotzdem gern den ›Springer‹. Wie steht es damit?«
»Schwimmt bereits. In drei oder vier Tagen müßten Sie es dort haben. Es kommt mit einem direkten Schiff von Florida.«
»Vielen Dank. Vielleicht brauchen wir es nicht mehr, aber besser ist besser.«
Ich suchte Cachot in seinem Büro auf. Er machte einen ganz zufriedenen Eindruck.
»Steckbrief, Mitteilung an die Hafenbehörden, die Zollmänner und die Staatspolizei sind draußen«, sagte er nach der Begrüßung. »Ich habe es eigentlich noch nicht erlebt, daß jemand, der von allen Hunden gehetzt wird, länger als höchstens drei Wochen herumläuft.«
»Ich leider doch schon. — Vergessen Sie nicht, Mr. Cachot, daß wir bisher nicht einmal das Versteck des Bootes gefunden haben, und ein Boot ist ’ne Menge größer als ein Mann.«
»Ach, Unsinn, Fosco trieb sich doch in den Hafenkneipen herum, als er Seath anheuerte. — Wir haben viele Augen dort, die für uns sehen.«
»Sehr richtig, — er trieb sich herum, aber das beweist nicht, daß er wieder dorthin kommen wird. — Sie müssen berücksichtigen, daß die Sache mit der ›Marguerite‹ nicht nur für uns ein Fehlschlag war, sondern im Grunde genommen auch für den Piraten. Wenn ich er wäre, würde ich mich jetzt eine ganze Weile totstellen, und ich glaube nicht, daß er bei einem Intelligenztest wesentlich schlechter abschneidet als ich.«
Cachot rieb sich die Glatze.
»Sie sehen schwarz, Cotton«, knurrte er. »In drei Wochen haben wir Fosco. Ich möchte darum wetten.«
Er war völlig im Recht. Ich hatte gar keinen Grund zu meinem Pessimismus, und anfangs, als Seath gestanden hatte, war ich selber voller Hoffnungen gewesen. Es war nur so ein blödsinniges Gefühl, das mich den Gedanken nicht loswerden ließ, diese Piratengeschichte würde sich noch erheblich in die Länge ziehen.
»Niemand wünscht sich mehr als ich, daß Sie ihn bald fassen«, sagte ich. »Ich werde noch ein paar Tage in New Orleans bleiben. — Ich sprach vorhin mit Mr. High. Er teilte mir mit, daß das Schnellboot, das ich angefordert habe, in drei Tagen hier eintrifft. — Sobald es kommt, muß ich Ihre Hilfe noch einmal in Anspruch nehmen. — Ich möchte es möglichst lautlos den Mississippi heraufbringen, um es irgendwo in der Gegend von Basqueville zu verstecken.«
Ich ging zum Lunch, ich fuhr in den Hafen, ich besuchte ein Kino, aber was ich auch tat, ich wurde meine Unruhe nicht los. Als ich am frühen Abend in mein Hotel zurückkam, sagte der Portier:
»Es ist für Sie angerufen worden, Mr. Cotton. Mr. Cachot. Bis sieben Uhr sollen Sie diese Nummer anrufen. Danach diese hier, unter der
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