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001 - Der Gott aus dem Eis

001 - Der Gott aus dem Eis

Titel: 001 - Der Gott aus dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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draußen…«
    ***
    Kaum jemand in der Horde sprach noch mit normalem Tonfall. Baloor hörte gesenkte Stimmen und sah scheue Blicke zur Gotteshütte schielen als könnte Maddrax jedes Wort mithören, das man sprach.
    Und oft sah Baloor einen Krieger oder eine Kriegerin mit leuchtendem Gesicht an sich vorbei gehen und die Hütte ansteuern. Wie einen Schatz ,hielten sie Wurzeln, Insekten oder Würmer in den hohlen Händen.
    Manche stiegen sogar in tiefergelegene Bergregionen hinab, um Samen und Früchte des Vorjahres unter dem Laub auszugraben. Mit ihren Schätzen in den Händen rutschten sie auf Knien zu Maddrax' Lagerstätte hin und brachten ihm die Opfergaben dar.
    Zu Baloor kam man nur noch, wenn man sich eine entzündete Wunde eingehandelt hatte. Wenn man einen faulen Zahn loswerden wollte oder unter Durchfall litt. Niemand mehr bat ihn um die Beschwörung von Geistern oder um Gebete zu Wudan oder einem seiner Götter. Wozu auch? Wudan hatte ja einen Abgesandten geschickt. Sie hatten ja nun einen leibhaftigen Gott im Lager.
    Ein brennender Knoten zog sich im Bauch des Göttersprechers zusammen. Jeden Tag ein Stück mehr. Er begann den Gott aus dem Eis zu hassen.
    »Du weißt, wo Aruulá sich aufhält?« fragte er eines Tages den Sohn des Häuptlings. Auf Schwert und Spieß gestützt, lernte Radaan wieder laufen.
    »Ich sehe sie manchmal vor der Hütte des Gottes«, antwortete der junge Krieger.
    »Vor der Hütte…?« Baloor verzog sein knochiges, faltiges Gesicht zu seinem höhnischen Grinsen. Seine langen gelben Zähne wurden sichtbar. »Meistens hält sie sich in seiner Hütte auf.«
    »Ich weiß«, gestand Radaan verdrossen. »Aber wäre das nicht deine Aufgabe? Du bist doch der Göttersprecher.«
    »Es ist Maddrax' Wille…« Radahn nickte nur. Aber er begriff nichts.
    »Und mir scheint, Maddrax hat gute Gründe, nach ihr zu verlangen«, fügte Baloor hinzu.
    Radaan machte ein erschrockenes Gesicht. »Aber er ist doch ein Gott! Können Götter denn auch… ?«
    »Nichts, was die Menschen bewegt, ist den Göttern unbekannt…« Mit diesen Worten ließ der Göttersprecher den Häuptlingssohn stehen. Zunächst einmal.
    Am nächsten Tag fragte er ihn beiläufig, ob er sich schon einmal gefragt hätte, wie ein Gott sich verletzen und krank werden könne. Oder warum ein Gott auf die Hilfe von Menschen angewiesen war, um vor den Taratzen gerettet zu werden.
    »Nein, Baloor«,sagte Radaan.
    »Darüber habe ich noch nie nachgedacht.«
    »Dann tu es jetzt.« Baloor wandte sich ab und ließ einen nachdenklichen Radaan zurück.
    Am Abend darauf folgte Baloor dem Bachlauf den Südhang hinunter, der sich dem Tal anschloss. Dort unten hatte .er eine alte verkrüppelte Eiche entdeckt. Unter ihr wollte er zu Wudan beten. Er hoffte von ihm einen Fingerzeig über die wahre Identität seines Gesandten Maddrax zu erhalten.
    Er kniete sich im feuchten Unterholz nieder und steckte den Kopf zwischen die Knie. Vom späten Nachmittag bis zum Sonnenuntergang verharrte er so, doch Wudan schwieg. Dann hörte er nicht weit von sich ein Rascheln.
    Baloor sprang auf und griff nach dem Speer, den er neben sich in die Erde gerammt hatte. Lauernd spähte er ins Unterholz.
    Eine Taratze schob sich über den steinigen Boden heran! Aber nicht in feindseliger Haltung, sondern flach auf den Bauch gepresst.
    Selten hatte Baloor Taratzen in dieser absoluten Demutshaltung gesehen. Er blieb misstrauisch.
    »Was willst du?« rief er, als die Taratze nur noch einen halben Steinwurf entfernt war. In Gedanken beschwor er Orguudoo, den schwarzen Dämon der Tiefe.
    Die Taratze richtete sich auf und winkte ihn heran. Vorsichtig näherte Baloor sich der grauschwarzen Bestie. Sie ließ sich zur Seite fallen und bot ihm ihren Bauch dar. Kein Zweifel sie kam in friedlicher Absicht. Trotzdem hob er den Speer. »Bei Wudan was willst du«
    Sie rappelte sich auf. Bei jeder Bewegung achtete sie darauf, dem Göttersprecher den Bauch oder die Kehle zuzuwenden. Dann winkte sie ihn hinter sich her und bewegte sich Richtung Süden. Baloor folgte ihr zögernd und nach allen Seiten um sich blickend.
    Durch niedrige Sträucher und einzelne verkrümmte Bäume ging es hinauf in schneebedecktere Regionen. Eine halbe Stunde und länger kletterte Baloor hinter der Taratze her. Nur der Mond warf noch sein dämmriges Licht auf die Bergwelt.
    Wenn sie ihn fressen wollten, hätten sie seinen einsamen Gebetsplatz zu zweit oder dritt überfallen. Nein die Taratzen wollte etwas von ihm,

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