0011 - Das Todesschloß
diesem alten Haudegen.«
»Unverkennbar«, sagte Professor Zamorra, »Ihre Freunde haben Sie nicht belogen.«
Margareth Bannet warf Zamorra einen mißtrauischen Blick zu, doch der fühlte sich nicht betroffen.
Der Earl griff ein. »Sicher wird es noch viele Gelegenheiten geben, bei denen du dich mit Professor Zamorra über Sir Francis Drake, den Seehelden, unterhalten kannst. Aber jetzt möchte ich euch hineinbitten. Ein Imbiß ist vorbereitet.«
Seine Lordschaft schaute auf die Armbanduhr. »Hm«, sagte er, »sechs Glas. Dann laß uns mal in die Offiziersmesse gehen.«
Der Admiral stapfte los. Plötzlich verhielt er. »Wo ist mein Sohn? Wenn ich richtig informiert bin, verlobt er sich doch heute mit deiner Tochter Dorothy?«
»Gladys«, sagte der Earl mit einem hilfesuchenden Blick zum Himmel.
»Nein, mein Sohn heißt Winston. Das weiß ich genau.«
»Aber meine Tochter heißt Gladys.«
»Sagte ich doch. Wo ist Winston?«
»Er reitet mit Gladys aus.«
»Gute Sache. Schade, daß man auf Schiffen nur schlecht reiten kann. Ich kannte mal ein Schiff, das hieß auch Gladys. Es ist 1934 im Skagerrak gesunken. Ein gutes Schiff. Ich glaube, Winston hat einen vorzüglichen Griff getan. Aber jetzt entern wir die Bude.«
Der Admiral stapfte erneut los. Seine Frau konnte ihm kaum folgen.
»Na?« fragte der Earl außer Hörweite den Professor. »Habe ich zuviel versprochen?«
»Seine Lordschaft ist sehr bemerkenswert«, antwortete Zamorra und zwinkerte dem Earl zu.
»Folgen wir ihm, bevor er glaubt, eine Seeschlacht in meinen Aquarien inszenieren zu müssen.«
»Einen Augenblick noch, Ernest. Sie haben eine Bemerkung fallenlassen, mit der ich nicht ganz klar kam. Sie sagten etwas von Kostü- mierung…«
»Oh! Habe ich das tatsächlich vergessen? Die Verlobung heute abend findet im Rahmen eines Kostümballs statt. Gladys hat darauf bestanden. Sie hat ein Buch von diesem verrückten George Westmister gelesen, und der schilderte darin einen Maskenball in Venedig, bei dem nebenbei noch geheiratet wurde. Jetzt bildet sie sich ein, sie müßte so etwas auf ihrer Verlobung haben. Ich habe es versucht, doch ich stand auf verlorenem Posten, als ich ihr diesen Unsinn ausreden wollte. Also wird sich kostümiert verlobt. Für Sie habe ich natürlich auch was. Im Schloß existiert noch eine Kleiderkammer. Dort ist bestimmt auch etwas für Sie und Ihre reizende Begleiterin.«
»Kann sich jeder kostümieren, wie er will, oder gibt es Vorschriften?«
Plötzlich wurde Ernest Earl of Blakeborne bleich im Gesicht. »Es gibt ein Motto«, sagte er.
»Sie sind blaß geworden. Was ist mit Ihnen?«
»Das Motto heißt: Vor zweihundert Jahren!«
»Und wer hatte die Idee?«
»Meredith Gloombstone…«
***
Professor Zamorra hatte es verhindern könnten, am Mittagessen teilnehmen zu müssen. Er hatte im Dorf gespeist. Auch Nicole hatte Exmoor Castle vorübergehend verlassen. Sie war mit Gladys nach Ilfracombe gefahren, wo das Mädchen bei der Schneiderin der Familie das Kleid abholte, das sie heute abend zur Verlobungsfeier tragen wollte.
Das Essen im Pub war fast ungenießbar gewesen, und dementsprechend schlecht gelaunt strebte der Professor auch der Schwarzen Burg zu. Es war noch nicht ganz halb eins. Er konnte sich Zeit lassen. Seine schlechte Laune wurde auch durch das aufklarende Wetter kaum gemildert.
Die Sonne drang milchig gelb durch die dünnen Wolkenschleier und tauchte die hügelige Moorlandschaft mit den morastigen Tälern in ein ungewisses Zwielicht. Alle Farben waren verfälscht wie bei einem schlecht kopierten Film.
Die Stämme der Bäume leuchteten rostrot, während ihre Blätter in einem gelblichen lichten Grün erstrahlten. Der Horizont war grünlich. Grünlich leuchteten auch die bewaldeten Kuppen der Berge.
Nur eines hatte seine ursprüngliche Farbe behalten: die Schwarze Burg.
Sie stand dunkel und abweisend inmitten dieser unwirklichen Farbskala auf dem Gipfel eines Hügels, der im Gegensatz zu den übrigen Bergen steiler aufragte.
Man hatte bei ihrer Errichtung ein Material verwendet, das es in dieser Gegend Englands nicht gab: schwarzen Basalt. Die Steine mußten von weit her hierhergeschafft worden sein. Vermutlich von einer der Inseln zwischen Englands Westküste und Irland.
Die Burg hatte einen fast quadratischen Grundriß. Trotzig und unnahbar stand sie weit über dem Land, wie von einem Höllenfeuer angeräuchert. Dunkel gähnten auch die Öffnungen der Fenster. Ein Rundbogentor, über dem noch
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