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0011 - Das Todesschloß

0011 - Das Todesschloß

Titel: 0011 - Das Todesschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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Gespenstergeschichten erzählt. Weißt du das nicht mehr?«
    »Kaum. Mir ist irgendwann der Film gerissen. Aber laßt uns jetzt von neuen Taten sprechen. Die Nacht ist vorbei. Wie fühlst du dich, Täubchen?« fragte er, an die Tochter gewandt.
    »Ich könnte Bäume ausreißen«, sagte sie, »vorausgesetzt, du hast mir noch ein paar übriggelassen. Mama ist wohl nicht hier.«
    »Merkt man das?« fragte der Earl grinsend. »Sie fuhr schon sehr früh nach Ilfracombe, um sich beim Blumenhändler unbeliebt zu machen. Sie glaubt, die Floristen schaffen es nicht allein, die Buketts und Dekorationen herzuschaffen. Der Händler kann einem leid tun.«
    »Ich glaube eher, Ma ist nur in die Stadt gefahren, um meinem künftigen Schwiegerpapa aus dem Weg zu gehen.«
    »Um Himmels willen!« Der Earl schlug sich gegen die Stirn. »Francis kommt ja auch noch. Wie hat der Kerl es nur geschafft, einen vernünftigen Sohn in die Welt zu setzen. Verdammt, ich glaube, ich fahre auch in die Stadt und kümmere mich um die Getränke.«
    »Du kannst Francis doch nicht allein durch unser Schloß geistern lassen. Du weißt, wie gern er sich verläuft.«
    »Hm.« Der Earl setzte eine Verschwörermiene auf und beugte sich zum Professor hinüber. »Francis’ Gedächtnis ist ein Sieb mit drei Millionen Löchern, müssen Sie wissen, Professor.«
    »Ich bin sehr gespannt auf Seine Admiralität.«
    »Er bildet sich mächtig was ein auf seinen Rang. Tatsächlich ist er jedoch nie zur See gefahren. Er hat es immer verstanden, geschont in der Etappe ruhigere Tage abzuwarten. In seiner Phantasie holt er jetzt nach, was er dadurch alles versäumt hat. Aber Sie werden es ja erleben. Ich würde Sie nur bitten, ihm Ihre Meinung nicht durch offenes Hohngelächter kundzutun. Er hält das für Subordination und degradiert Sie zum Maat.«
    »Ich werde es überleben. Im übrigen glaube ich nicht, daß ich sehr lange im Genuß seiner Gesellschaft sein kann. Ich möchte Meredith Gloombstone besuchen und vorher noch einmal ins Dorf gehen.«
    »Meredith ist zwar auch kein besonders angenehmer Zeitgenosse, aber Sie machen mit Sicherheit den besseren Schnitt.«
    James, der Butler, kam herein.
    »Seine Lordschaft ist soeben vorgefahren.«
    Gladys fuhr hoch, als säße sie auf einem Nadelkissen. »Ist Winston noch draußen?«
    »Der junge Herr hat es vorgezogen, zusammen mit den Pferden in die Stallungen zurückzuweichen, als er des Gefährtes Seiner Lordschaft ansichtig wurde.«
    »Gott sei Dank. Tschüs, Paps. Ich nehme den Weg durch den Kü- chentrakt und die Vorratskammern. Grüße Seine Lordschaft freundlich von mir. Leider sehe ich ihn erst zum Mittagessen.«
    Gladys verschwand. Ihr zweites Marmeladentoast hatte sie nur halb gegessen.
    Der Earl legte das Tafelmesser aus der Hand und stand auf. »Dann muß ich wohl«, seufzte er. »Stehen Sie mir bei, Professor?«
    »Aber gern.«
    »Oh, entschuldigen Sie. Ich übersah ganz, daß Sie noch nicht zu Ende gegessen haben.«
    »Das macht doch nichts. Ich bin schon fertig.« Zamorra stand auf.
    »Charmanter Lügner«, grinste der Earl. »Andererseits wird anschließend ohnehin ein Imbiß gereicht. Dabei gibt es auch etwas Alkoholisches. Meine Kehle ist wie ausgebrannt. Holen Sie Seine Lordschaft herein, James.«
    »Sehr wohl, Sir.«
    Der Butler verschwand. Der Earl und Professor Zamorra folgten ihm in die Empfangshalle. Nicole frühstückte seelenruhig weiter, obwohl auch sie inzwischen gespannt auf den Admiral war. Wenn man den vermutlich leicht übertriebenen Schilderungen des Earls glaubte, mußte er ein sehr fideles Haus sein.
    Er war es auch. Zamorra stellte schon auf den ersten Blick fest, daß der Earl nicht einmal übertrieben hatte.
    Lord Francis war hoch gewachsen und dürr wie ein Mannequin nach einer radikalen Schlankheitskur. Sein Haar war schlohweiß und bestand in der Hauptsache aus einigen dünnen Fäden. Der Lord war in vollem Ornat gekommen. Er hatte die rote Jacke der höchsten Offiziersränge an, Goldkordeln umspannten die wenig beeindruckende Brust. Sein Gesicht war der Physiognomie eines Geiers nicht unähnlich, nur war die Haut von einer ungesunden Blässe mit blaßrosa Flecken durchsetzt.
    Doch sehr lebendig waren seine Augen, die tief in Höhlen unter ebenfalls weißen Brauen lagen. Wären sie rot gewesen, hätte man Seine Lordschaft für einen Albino halten können.
    Zamorra blieb stehen, als der Earl die Freitreppe hinunterging. James hielt sich in respektvollem Abstand.
    »Alte Landratte!«

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