0011 - Das Todesschloß
Brandung das Treibholz. Glitzernde Kaskaden von Gedankenfetzen wirbelten auf und zerstoben in einem Wind, den ein Magier aus einem fernen Jahrhundert entfacht hatte.
Ebenezer Gloombstone starrte noch ein paar Sekunden auf seine Hände hinab, die sich verändert hatten, schwarz und langgliedrig geworden waren. Er krümmte seine Finger zu Krallen, die das Töten gewöhnt waren.
Dann schaute der hagere Mann hinauf zu der runden Mondscheibe, seinem Freund und Weggefährten der Nacht. Er würde Zeuge sein, wenn der Magier Ebenezer Gloombstone sein größtes Experiment wagte. Wenn er eine Tote zu neuem Leben erweckte.
Energisch reckte Ebenezer Gloombstone sein kantiges Kinn der Mondscheibe entgegen. Einen langen Augenblick lang war er der einsame menschliche Wolf, der aus der Ewigkeit zurückgefunden hatte. Auf seinem kurzen Weg über die Erde würde er Mord und Tod zurücklassen.
Das Beil aus Pappe in seiner Hand war unnütz und für sein Vorhaben nicht zu gebrauchen. Achtlos warf er es in ein Gebüsch.
Dann strafften sich seine Schultern, er reckte seinen Kopf hoch und schlug den Weg durch den Torbogen auf die Brücke ein, Deckung hinter geparkten Autos suchend.
Er wandte sich oft um, doch er konnte mit seinem einen Auge nichts sehen. Trotzdem spürte er, daß er verfolgt wurde. Ebenezer Gloombstone war mit mehr als nur fünf Sinnen ausgestattet.
Er beschleunigte sein Tempo. Schattengleich huschte er auf den Ausgang zu, ohne gesehen zu werden. Er hatte es plötzlich sehr eilig. Die Brücke nahm er im Laufschritt. Dann verschluckte ihn die Dunkelheit der Bäume am Wegesrand.
Ins Unterholz geduckt, wartete er ab, bis sich die Konturen eines Mannes in der Toreinfahrt abzeichneten. Der Mann trug einen Schottenrock.
Ein böses Lächeln spielte um die Mundwinkel des Magiers. Er kannte Zamorra. Doch der Professor würde gegen ihn keine Chance haben. Diesmal hatte er die Überraschung auf seiner Seite.
Er beobachtete, wie der Mann zunächst zögernd auf der Brücke stehenblieb und wie er sich wenig später doch entschloß, vorsichtig weiterzugehen. Er mußte an Ebenezer Gloombstone vorbeikommen.
Der Magier saß zum Sprung geduckt. Alle Sehnen und Muskeln seines Körpers waren auf diese Höchstleistung vorbereitet.
Noch drei Meter.
Zamorra war wieder stehengeblieben.
Erneut schaute er sich zur Hofeinfahrt um.
Das war der Augenblick!
Ebenezer Gloombstone schnellte aus seinem Versteck wie der Pfeil von der straff gespannten Sehne. Seine Hände krallten sich um den Hals des Opfers.
Zamorra vermochte es nicht, den Angriff abzuwehren. Zu schnell war der Magier aus dem Unterholz geschossen. Die krallenartigen Hände mit den langen gelblichen Nägeln schlossen sich um warmes zuckendes Fleisch, drückten erbarmungslos zu.
Zamorra stöhnte auf, doch der Magier drückte gnadenlos weiter zu, schnürte die Kehle mit seinen grausam mordenden Händen ab.
Zamorra war ein Kämpfertyp, doch den übernatürlichen Kräften dieses Mannes hatte er nichts entgegenzusetzen. Außerdem war er überrascht worden, war auf einen solchen Angriff nicht vorbereitet gewesen, und auch jetzt schaffte er es nicht, den Gegner abzuwehren, obwohl Zamorra so einige Tricks draufhatte. Sie alle nutzten ihm nichts.
Der Professor zuckte hilflos und unkontrolliert mit den Beinen.
Dann waren auch diese letzten Bewegungen vorbei.
Beim Zusammenprall waren beide Männer zu Boden gestürzt.
Ebenezer Gloombstone wollte dem verhaßten Gegner endgültig den Garaus machen. Er kniete auf seinem bewußtlosen Opfer. Eine Hand fuhr zum Dolch im Gürtel. Sehnige Finger verkrampften sich um den mit Edelsteinen besetzten Knauf. Die Hand zuckte hoch, bereit zum tödlichen Stoß.
Doch plötzlich…
Der Magier lauschte in sich hinein.
Griselda kam…
***
Nicole nahm ihre Aufgabe sehr ernst. Sie ließ Gladys keine Sekunde aus den Augen. Einmal gelang es ihr sogar, die Verlobten in ein längeres Gespräch zu verwickeln. Sie schilderte packend die Vorzüge und Annehmlichkeiten einer Reise durch Frankreich und hatte das Paar schon halb überredet, seine Flitterwochen beim ›Erzfeind‹ zu verbringen.
Die Unterhaltung hätte noch länger andauern können, wenn nicht die offizielle Verkündung des Verlöbnisses dazwischengekommen wäre. Anschließend mußte das Paar eine fast endlose Gratulationscour über sich ergehen lassen. Keiner wollte es versäumen, Gladys und Winston die Hand zu schütteln. Bei den Müttern flossen reichlich die Tränen.
Doch schließlich war
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