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0011 - Der Irre mit der Teufelsgeige

0011 - Der Irre mit der Teufelsgeige

Titel: 0011 - Der Irre mit der Teufelsgeige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Ich schaffte es aber trotzdem. »Guten Abend«, grüßte ich ihn. Der Mann gab keine Antwort. Stand auf seine Schaufel gestützt und starrte mich schweigend an.
    »Sie sind wohl hier der Totengräber, nicht wahr?« Wieder keine Antwort.
    Ich schluckte. »Können Sie nicht reden?«
    Da bewegte der Totengräber die Lippen. »Wir sind verflucht«, murmelte er kaum hörbar. »Alle sind wir verflucht. Der Dämon wird uns packen. Du bist ein Fremder. Wir warten auf einen Fremden. Der Schwarze Tod lauert überall.«
    Mehr sagte er nicht. Aber er hatte den Namen des Dämons erwähnt. Der Schwarze Tod. Ich wurde wieder an meinen Traum erinnert, sah seine schreckliche Gestalt.
    »Du hebst ein Grab aus?«
    Der Totengräber nickte.
    »Wer ist gestorben?«
    »Noch niemand.«
    »Für wen ist dann das Grab?«
    Jetzt verzog er seine Lippen zu einem wissenden Lächeln. »Das Grab ist für einen Fremden. Er heißt John Sinclair!«
    ***
    Es gelang mir nur mühsam, meine Überraschung zu verbergen oder auch mein Entsetzen. Aber blass muss ich wohl geworden sein, denn der Totengräber fragte: »Du bist John Sinclair – nicht wahr?«
    Ich nickte.
    »Dann bist du des Todes.«
    Ich packte ihn an der mageren Schulter. »Wer hat dir befohlen, das Grab auszuheben. Wer? Los, rede!«
    Über seine Augen schien sich plötzlich ein Schleier zu legen. Sein Blick nahm einen entrückten Ausdruck an. »Der Schwarze Tod!« flüsterte er. »Der Schwarze Tod. Er ist überall. Er sieht uns. Er will…«
    Sein Gesicht verzerrte sich entsetzt. »Der Bote«, krächzte er. »Sieh doch!«
    Ich wandte mich um. Auf einem nahe liegenden Baum hockte ein Vogel. Eine Eule. Blutrot leuchteten die Augen. Die Blicke schienen mich durchbohren zu wollen.
    Mich packte die Wut. Ich riss meine Beretta aus dem Holster, hob den Arm, zielte…
    Ein harter Schlag traf mein Handgelenk. Der Arm fegte nach unten. Im letzten Augenblick zog ich den Finger vom Druckpunkt.
    Die Eule breitete die Flügel aus und flatterte davon. Ihr Krächzen erschien mir wie Hohngelächter.
    Ärgerlich wandte ich mich um. Der Alte hatte zugeschlagen. Er stand da und zitterte. »Man darf sie nicht töten!« zischte er. »Wer die Eulen tötet, ist verflucht.«
    »Zum Teufel damit!« schrie ich. »Hier ist keiner verflucht. Ich werde dem Dämon schon zeigen, wer der Stärkere ist.«
    »Du wirst sterben«, unterbrach mich der Totengräber. »So wie wir alle einmal sterben werden. Aber du – du bist heute schon an der Reihe. Die Grube wartet. Die kalte Erde, die Würmer, die in deine Augenhöhlen kriechen, und all das Kleingetier, das sich deines Körpers bemächtigt.«
    Der Alte rieb sich die trockenen Hände. Lehmiger Staub rieselte dem Boden entgegen. Dann griff der Totengräber nach seiner Schaufel, riss sie aus dem Erdreich. »Erschlagen!« schrie er. »Erschlagen wie einen Hund werden wir dich!«
    Er drosch zu, war aber viel zu langsam. Ich wich aus, ließ das Schaufelblatt an meiner Schulter vorbeizischen und gab dem Alten einen Stoß vor die Brust.
    Ich hatte wohl etwas zuviel Kraft hinter den Stoß gelegt und auch nicht mehr an das frisch ausgehobene Grab gedacht. Der Alte kippte in die Grube und war verschwunden.
    »Rache!« hörte ich seine dumpfe Stimme. »Der Schwarze Tod wird mich rächen…«
    Ich wollte an die Grube treten und dem Alten heraushelfen, als ich zufällig einen Blick zum Eingang des Friedhofs warf.
    Ich hatte das Gefühl, von einem Eisschock getroffen zu sein. Sie hatten sich aufgebaut wie eine lebende Mauer. Sämtliche Einwohner des Dorfes, wie mir schien. Sie waren bewaffnet. Mit Spaten, Hacken, Schaufeln und Sägen. Und alle Gesichter zeigten die gleiche ungesunde Blässe, wie ich sie auch bei dem Totengräber gesehen hatte.
    Schritt für Schritt kamen sie näher. An der Spitze ging Frank Scott. Auf seinen Lippen lag ein teuflisches Lächeln. Mit beiden Händen hielt er eine gewaltige Axt umpackt.
    Sie stellten es verdammt raffiniert an, näherten sich von zwei Seiten, um mich in die Zange nehmen zu können.
    Man hatte mir den Tod versprochen. Und es sah verdammt so aus, als sollte dieses Versprechen eingelöst werden…
    ***
    Professor Zarcadi hatte Jane Collins zum Essen eingeladen.
    »Vertreiben wir uns so angenehm wie möglich die Zeit«, sagte er jovial. »Meinen Garten kennen Sie ja bereits. Und sollte John Sinclair hier lebend auftauchen, müssen Sie gestärkt sein.«
    »Unter diesen Umständen ist mir der Appetit jetzt schon vergangen«, erwiderte Jane frostig.

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