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0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

Titel: 0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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herauskehren könnte.
    »Miss Thomper«, fragte ich vorsichtig, »haben Sie mit irgendwem außer mir und Charlot Canzer seit gestern abend gesprochen?« Sie sah mich groß an. Ihre Augen nahmen einen gequälten Ausdruck an.
    »Nein« antwortete sie langsam. »Ich habe mit niemanden gesprochen.«
    »Wir waren seit gestern abend darüber einig, daß Sie auf Charlot aufpassen wollten, Miss Thomper. Sie waren gleich mir der Ansicht, daß Charlot einen Grad der Hysterie erreicht hat, der es verbietet, sie allein zu lassen. Stimmt das?«
    »Ja, natürlich«, sagte sie ungeduldig. »Ich will ja auch bei ihr bleiben. Ich wollte mich nur umziehen. Ich wäre gleich zu ihr zurückgegangen.«
    »Jedenfalls hat sie in der Zwischenzeit das Haus verlassen.«
    Sie hob im Schreck die Hände an den Mund.
    »Beruhigen Sie sich«, sagte ich. »Wir lassen sie suchen, und wir werden sie sicherlich bald finden. Aber erklären sie mir doch, warum Sie gegen unsere Verabredung, das Haus verließen.«
    Sie wandte den Kopf zur Seite. »Sie quälen mich«, stöhnte sie. »Ich sagte es doch schon. Ich wollte mich nur umziehen.«
    Ich blickte sie scharf an.
    Es war nichts anderes aus ihr herauszuholen, aber es war in diesem Augenblick, daß zum erstenmal in mir ein Verdacht gegen Ann Thomper aufkeimte, ein ganz vager Verdacht.
    Ich ging zur Straße zurück, fischte mir ein Taxi und ließ mich zum Hauptquartier fahren. Als ich Phil von dem Gespräch erzählte, sagte er: »Du glaubst nicht daran?«
    »Nein«, knurrte ich.
    Er grinste. »Du verstehst nichts von der weiblichen Seele«, sagte er. »Wahrscheinlich mag sie dich leiden, und es war ihr unmöglich, dir im selben Kleid von gestern entgegenzutreten. Frauen handeln aus solchen Gefühlen.«
    Ich hatte das Gefühl, daß er diesmal irrte. Den ganzen Vormittag blieb ich im Office und wartete auf eine Nachricht. Dann ging ich in die Kantine, um schnell ein Steak zu essen.
    Phil empfing mich mit der Nachricht: »Sie haben sie. Der Streifenwagen dreihundertachtundachtzig entdeckte sie in der Nähe der Crybond Bridge. Sie muß eine ziemliche Szene hingelegt haben. Sie werden jeden Augenblick hier sein.«
    Mr. High hatte angeordnet, daß Charlot Canzer zu ihm gebracht werde, und so waren wir alle drei im Chefzimmer, als man sie hereinbrachte.
    Sie sah aus, als hätte sie sich mit den Cops geprügelt. Ihr Haar hing wirr in die Stirn, ihr Mantel war an einer Stelle zerrissen, und sie trug Handschellen.
    »Entfernen Sie die Fesselung, Sergeant«, ordnete Mr. High scharf an. Der Cop, der Charlot ins Zimmer schob, schloß die Schellen auf.
    »Bitte um Entschuldigung, Sir. Aber sie biß und schlug um sich wie eine Katze. Wir wußten uns nicht anders zu helfen.«
    Ein zweiter Beamter stellte eine große Stadttasche, wie sie Frauen bei Besorgung von Einkäufen benutzen, auf den Tisch. Mr. High winkte den Cops, sich zu entfernen.
    »Kann ich Ihnen eine Erfrischung anbieten, Miss Canzer?« fragte er.
    Sie hob den gesenkten Kopf nicht. Phil ging zum Wasserbehälter und füllte einen Pappbecher. Er reichte ihn ihr, und sie nahm ihn auch an.
    Der Chef wartete, bis sie getrunken hatte. Sie stellte den Becher hin und sah uns an.
    »Bitte, entschuldigen Sie, Miss Canzer, daß wir Sie auf diese etwas ungewöhnliche Weise herholen ließen. Wir hielten es im Interesse Ihrer eigenen Sicherheit für erforderlich. Sie sind bedroht.«
    Das war die zweite Verwandlung, die ich heute an einer Frau erlebte. Die sanfte Charlot Canzer mit ihrer piepsigen Stimme, die mich beim ersten Besuch schon an ein Küken erinnert hatte, spuckte den Chef geradezu an.
    »Niemand bedroht mich außer Ihren Leuten, die mich behandeln wie eine Schwerverbrecherin. Liegt irgend etwas gegen mich vor? Nein, nicht wahr? Also lassen Sie mich gefälligst meine eigenen Wege gehen, und kümmern Sie sich nicht um mich. Ich habe Ihren Schutz nicht erbeten, und ich verzichte darauf.«
    »Wir sind der Ansicht, daß zwischen Ihnen und gewissen Verbrechen ein Zusammenhang besteht«, antwortete Mr. High kühl. »Sie müssen sich schon gefallen lassen, daß wir uns um Sie kümmern.«
    Sie zog die Mundwinkel herunter.
    »Bitte«, sagte sie schnippisch.
    »Wo waren Sie in der Zeit, als Sie das Haus verließen, bis unsere Streife Sie an der Crybond Bridge fand?«
    »Ich bin spazierengegangen.«
    Ich beobachtete sie scharf. Sie blickte an Mr. High vorbei in die Ferne und antwortete stur und mit einer tonlosen Stimme: »Ich bin spazierengegangen.«
    »Das sagten Sie uns

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