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0013 - Die Knochengrube

0013 - Die Knochengrube

Titel: 0013 - Die Knochengrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Friedrichs
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war das? Vor ihm zeichnete sich etwas hell Glänzendes im Leuchtkegel ab. Genau definieren ließ sich das Ding oder Wesen nicht, denn seine Silhouette war eher schemenhaft, was sicherlich an dem immer wieder durch Störungen aufgewirbelten Schlick lag.
    Bill mußte sich dem Etwas schon nähern, um es exakt erkennen zu können.
    Mit jedem Schritt wuchs die Gewißheit. Er hatte den Talisman vor sich. Ja, es gab keinen anderen Gegenstand, der über diese Form und diese Maße und vor allem über diese Leuchtkraft verfügte. Fleming wunderte sich sogar, wie das Amulett so durchdringend schimmern konnte. Wäre die Wahrnehmung blasser gewesen, hätte er es glatt übersehen können. Fast schien es, als fluoresziere es. Dabei war es doch aus normalen Silber gearbeitet!
    Bill blieb stehen. Schwerfällig bückte er sich. Seine Hand fingerte nach dem Talisman.
    Der Schlick war tückisch. Für Sekunden sah es so aus, als wolle er den silbernen Anhänger verdecken, mit sich fortraffen. Dann packte Bill jedoch energisch zu und umschloß das Amulett mit allen fünf Fingern. Er gab Nicole das Signal. Sie sollte ihn nach oben ziehen.
    Die Trosse straffte sich – Fleming verließ den Meeresgrund.
    Minuten später kletterte er über die Reling der Motorjacht und zeigte Nicole Duval den Fund, noch bevor sie ihm den Helm losschraubte. Professor Zamorras Sekretärin öffnete den Mund zu einem Ruf des Erstaunens. Rasch nahm sie den Talisman an sich.
    Dann befreite sie den jungen Historiker von der Last des Helmes.
    »Es ist, wie ich annahm«, schnaufte Fleming. »Dort unten habe ich in der Umgebung des Amuletts weder Zamorra noch Rosa noch Micaela Saldana entdeckt.«
    »Wo sollen wir sie jetzt suchen?« fragte Nicole.
    Darauf wußte Bill keine Antwort.
    ***
    Zamorra wußte nicht, ob es sieben oder acht oder sogar schon neun Uhr morgens war. Raspani und seine Geisterhorde hatten ihm die Armbanduhr und sämtliche Ausweispapiere abgenommen, bevor sie ihn zum erstenmal in die Knochengrube geworfen hatten. Ebenso war es den Schwestern ergangen.
    Marmossa, eben noch von der Sonne in freundliches Licht getaucht, verwandelte sich jetzt auch atmosphärisch in jenes düstere Schattenland, das es seit fünfundsiebzig Jahren zu sein verdammt war. Wolken ballten sich über der Insel zusammen. Graue und schwarze Kumuluswolken waren es, die sich über dem Ausgang der Knochengrube aneinanderrieben und von einer Viertelstunde auf die andere das heftigste Gewitter entfesselten. Noch regnete es nicht.
    »Ich habe Angst, Professor«, sagte Rosa.
    »Mehr Angst vor einem Gewitter als vor den Geistermatrosen?«
    »Aber nein. Ich meine nur: Ich spüre, daß wir keinen Weg finden werden, um unserem Tod zu entgehen. Wie sollten wir jemals dieses fürchterliche Loch verlassen können?«
    Zamorra blickte nach oben. Ein Blitz zuckte als weitverzweigtes Geäst zu Boden, gleich darauf grollte der Donner. »Ich bin froh, daß ich Sie als Pessimistin bezeichnen kann, Rosa. Es gibt eine Chance – eine sehr vage.«
    »Bitte, machen Sie es nicht so spannend!«
    »Psst.« Er legte den Finger an die Lippen. »Sprechen Sie leise.«
    »Verzeihung – ich vergaß…«
    »Beantworten Sie mir eine Frage: Wie geht es Micaela?«
    »Sie ist ohnmächtig, aber der Puls geht normal.«
    »Würden Sie es sich zutrauen, mit ihr zusammen die Flucht zu wagen? Ich meine, kann sie laufen?«
    »Bestimmt.«
    »Gut.« Zamorra bewegte die Lippen kaum. Seine Worte kamen geflüstert. Er ließ die ganze Zeit über nicht außer Betracht, daß eines der vierzehn Scheusale am Grubenrand kauern konnte, um sie zu belauschen. »Wir warten, bis Rosa zu sich kommt. Es ist von unschätzbarem Vorteil, wenn wir sie nicht zu tragen brauchen. Etwas anderes. Wo befindet sich die Insel Marmossa Ihrer Meinung nach?«
    »Nun, ich weiß nicht – sehr weit von Frankreich entfernt.«
    »Kaum. Wir wurden gegen halb drei Uhr überwältigt. Da wir bei Einbruch der Helligkeit aufwachten und uns bereits auf der Insel befanden, konnten keine vier Stunden vergangen sein – sagen wir dreieinhalb. Wir haben gesehen, wie schnell sich die ›Estrella Negra‹, bewegt. Aber in dreieinhalb Stunden vermag auch ein Geisterschiff nicht bis ins Mittelmeer zu gelangen, es sei denn, es kann über Land fliegen. Dazu aber ist Raspani nicht imstande.« Er stellte die Fingerspitzen gegeneinander. »Überlegen Sie bitte mit, Rosa! Der Name Marmossa ist Spanisch.«
    »Unbedingt.«
    »Wir können uns also nur an der Nordküste Spaniens

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