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0014 - Der schwarze Henker

0014 - Der schwarze Henker

Titel: 0014 - Der schwarze Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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meine Fälle nicht lösen, wenn ich nur am Schreibtisch sitze und auf das große Wunder warte. Ich muß an die Front, muß Action haben, um dann zuschlagen zu können. Sonst wäre ich nicht nach Pitlochry gefahren.«
    »Und wenn sich alles als Finte herausstellte?«
    »Haben wir Pech gehabt.«
    Glenda wollte noch etwas sagen, doch sie wurde von dem Lärm abgelenkt, der plötzlich drüben an der Theke entstand.
    Jack, dem ich die Maulschellen verpaßt hatte, führte wieder das große Wort. Er hatte sich gefangen und wollte vor seinen Kumpanen die Schlappe wettmachen.
    »He, Charlie, dreh noch mal die blöde Musik leise!«
    Der Disc-Jockey kam dem Wunsch nach.
    Jack Cromwell trat zwei Schritte vor und hob beide Arme. »Ich habe mir einen neuen Spaß ausgedacht«, rief er mit lauter Stimme, »Eine Mutprobe gewissermaßen. Wer Lust hat, kann mitmachen.«
    »Los, Jack sag schon, was es ist!« rief ein Girl.
    »Wir gehen zum Leichenacker und sehen uns das Grab des Henkers an. Kommt, Leute!«
    Jack hatte den Vorschlag zwar mit Begeisterung vorgetragen, doch das Echo war schwach. Ich sah auf manchen Gesichtern die Angst und den Widerwillen.
    »Das ist gefährlich«, flüsterte Glenda neben mir.
    »Und ob«, gab ich ihr recht.
    »Was ist denn?« schrie Jack. »Wollt ihr, oder wollt ihr nicht?«
    Ein blondhaariges Mädchen drängte sich an seine Seite und hauchte ihm einen Kuß auf die Wange. »Ich gehe mit, Jackie.«
    »Okay, Linda. Wußte gar nicht, daß du so mutig bist.«
    »Bei dir immer.«
    Die anderen lachten.
    Es fanden sich noch zwei junge Männer, die Jack begleiten wollten. »Okay, wir quetschen uns in meine Karre. Und ab geht’s.«
    Ich stieß Glenda an. »Kommen Sie, das werden wir uns ansehen. Dabei lerne ich den Leichenacker einmal kennen.«
    Glenda stand schon auf und schlüpfte in ihren Mantel.
    Die vier jungen Leute waren bereits an der Tür. Jack ging an der Spitze. In der rechten Hand schwenkte er eine halbleere Whiskyflasche. »Dem Henker werden wir es mal zeigen!« grölte er. »Dem schlagen wir den Schädel ab.«
    Er lachte, doch die anderen blieben ernst. Ihnen schien die Schau nicht geheuer zu sein. Aber einen Rückzieher zu machen, das wagte niemand.
    Glenda und ich überholten die Gruppe. Jack bedachte uns mit keinem Blick.
    Wenn wir ihnen auf den Fersen bleiben wollten, mußten wir uns beeilen, um zu meinem Bentley zu kommen Zum Glück war es nicht sehr weit bis zum Hotel. Hastig schloß ich die Türen auf. Wenig später rangierte ich den silbermetallicfarbenen Wagen vom Hotelparkplatz auf die Hauptstraße. Die vier jungen Leute hatten sich nicht so sehr beeilt. Der MG röhrte auf der Straße, als wir gerade die Einfahrt zur Diskothek passierten.
    »Was versprechen Sie sich eigentlich davon?« fragte Glenda, »Hoffen Sie, den schwarzen Henker dort zu treffen?«
    Ich hob die Schultern. »Man kann nie wissen.«
    Wir fuhren die breite Straße entlang. Schon bald wurden die Geschäfte weniger. Wir durchquerten Wohnviertel mit kleinen, alten Häusern. Dazwischen lagen Wiesen und winzige Felder.
    Dann hatten wir das Dorf verlassen.
    In Kurven verlief die Straße weiter. Ich sah die Heckleuchten des MG immer vor mir. Wie eine dunkle Wand zog sich der Wald an der linken Seite der Straße entlang. Der Himmel war klarer geworden. Wir konnten den Mond sehen. Er streute sein Licht auf die Äcker und Weiden rechts von der Straße.
    Die Bremsleuchten des MG glühten auf.
    Ich ging ebenfalls vom Gas.
    Der MG wurde in eine Kurve gezogen.
    Als wir die Einmündung des schmalen Weges erreichten, sahen wir den Wagen stehen.
    Wir stiegen aus.
    »Leise«, sagte ich und legte den Zeigefinger auf die Lippen. Die Türen drückten wir behutsam ins Schloß. Das Standlicht ließ ich brennen.
    Vor uns hörten wir die Stimmen der vier jungen Leute. Das heißt, eigentlich sprach nur Jack. Er war fest davon überzeugt, auf den Henker zu treffen.
    Ich war gespannt. Wir folgten der Gruppe. Der Weg mündete auf den alten Leichenacker. Ich erkannte ihn an den schiefstehenden Grabsteinen. Wie ein dunkles Filigran, so hoben sich die weit ausladenden Äste der Bäume von dem Grau des Himmels ab.
    Irgendwo schrie ein Käuzchen. Ich hörte Jacks Stimme. »Der Totenvogel ruft? Bestimmt ist Moro in der Nähe! Los, zeige dich!«
    Die letzten Worte brüllte er in die Nacht. Nichts geschah.
    Die jungen Leute waren stehengeblieben. Ich hielt Glenda mit ausgestrecktem Arm zurück, als sie an mir vorbeigehen wollte.
    »Ich sehe mir das Grab an!«

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