0015 - Der Morddämon
Professor. Wenn uns Miß Fisher die Schlüssel geben könnte?«
Gwendolyn zögerte. »Ich weiß nicht recht…«
»Es geschieht mit Einwilligung von Inspektor Brewster«, erklärte der Professor schnell.
Erst jetzt rückte sie mit dem Schlüsselbund heraus.
Zamorra verabschiedete sich von den beiden Verlobten und verließ mit Chu Siang die Wohnung.
»Was suchen Sie eigentlich in der Firma?« fragte Chu Siang, während sie in seinem schnittigen Wagen amerikanischer Bauart durch die sonntäglichen Straßen Hongkongs fuhren.
»Ich weiß nicht so recht, Mr. Siang. Vielleicht fällt mir irgend etwas auf. Wieviel zum Verkauf stehende Roboter gibt es in der Firma?«
»Genau fünfzig, Professor. Und weitere fünfzig sind äußerlich völlig intakt, doch fehlt noch etwas an ihrer Mechanik. Warum fragen Sie?«
»Haben Sie von dem grauenhaften Massaker in der Wellington Street heute nacht gehört?«
»Ja.« Chu nickte. »Es geht das Gerücht, daß auch Roboter daran beteiligt waren. Aber ich tat das als Lüge ab. Meines Wissens gibt es in der ganzen Kronkolonie Hongkong nur die Roboter der S. M. P.«
»Ich fürchte, Mr. Siang, daß Sie in der Produktionsstätte der Roboter eine böse Überraschung erleben werden.«
»Wieso?«
»Ich glaube, daß sie alle fort sind.«
Chu erschrak. »Sie meinen, daß es unsere Roboter waren?« Der Professor bemerkte, wie sich seine sehnigen Hände um das Lenkrad krallten.
»Genau das meine ich. Wenn ich Ihnen jetzt sage, daß Dämonen Ihren Chef McTrash entführt haben, Mr. Siang, würden Sie das als Unsinn abtun?«
»Durchaus nicht, Professor. Wir Chinesen werden mit den Lehren von Geistern und übersinnlichen Gefahren erzogen. Der Glaube an solche Dinge gehört sozusagen zu unserem Leben, und tief in uns wurzelt das Wissen, daß es auch Dämonen und böse Mächte gibt, in deren Einfluß wir selbst geraten könnten.«
»Das sagen Sie, ein nüchterner Techniker?«
»Ja. Mein Vorgesetzter wurde also von Dämonen entführt?«
»Man hat ihn gefoltert und dazu gezwungen, die Formel zu verraten, die man wissen muß, um diese Roboter in Betrieb zu setzen.«
Chu Siang stutzte, dann lachte er. »Dazu ist gar keine Formel nö- tig, Professor Zamorra. Sehen Sie, Mr. McTrash bildete sich ein, mit diesen Robotern in eine echte Marktlücke zu stoßen. Aus diesem Grund schickte er mich auch für ein halbes Jahr in die Vereinigten Staaten hinüber, um eine Statistik aufzustellen und herauszufinden, in welchem Bereich des Lebens ein akuter Bedarf an Hilfskräften besteht. Und da kam ich auf die Haushalte. Überall in der Welt sind Hausgehilfen knapp. Sogar hier in Hongkong fängt es schon damit an, obwohl es doch von armen Leuten hier nur so wimmelt, auch von solchen, die über die Grenze aus der Volksrepublik kommen.«
»Ich verstehe. Die von Ihnen produzierten Roboter sind nur für den Hausgebrauch. Sie sollen Mülleimer ausleeren, Teppiche säubern und vielleicht sogar am Kochherd stehen.«
»Ganz so primitiv ist es nicht«, lächelte Chu Siang. »Wir haben sozusagen diese ganzen Hauswirtschaftsgeräte gleich eingebaut. Aber es würde zu weit führen, Ihnen alle Funktionen des Roboters zu erklären.«
Zamorra lachte. »Das ist hochinteressant, Mr. Siang.«
»Ich will Sie nicht mit technischen Einzelheiten quälen, Herr Professor«, winkte Siang ab. »Unser Roboter verrichtet achtundvierzig Einzelaufgaben, wenn er vorher entsprechend programmiert wurde.«
»Wirklich sensationell!« sagte Zamorra ehrlich begeistert.
»Außerdem ist ein hochempfindliches Warnsystem in den Roboter eingebaut«, fuhr Chu Siang fort. »Man kann ihn auf Geräusche, Gerüche und optische Wahrnehmungen einstellen, bei denen er zuverlässig Alarm gibt.«
»Aber der Trick daran sind vermutlich der Preis und die Handhabung«, bemerkte Zamorra trocken.
»Sie haben recht. Jeder Käufer muß zunächst einen Lehrgang mitmachen, in dem er in vier Unterrichtsstunden erfährt, wie er das teure Stück behandeln muß. Das schreckt manche Kunden. Viele Leute glauben, mit so einem komplizierten technischen Gerät nicht fertig werden zu können, aber das ist absurd. Hat man mal gelernt, mit unserem Roboter umzugehen, weiß man, wie einfach es ist.«
Er fuhr jetzt durch das Werkstor und hielt vor einer großen Halle aus Aluminium und Glas.
»Mit dieser Formel«, wandte sich Chu an Zamorra, »hat McTrash seinen Peinigern einen Riesenbären aufgebunden.«
Professor Zamorra sah sich um.
In seinem Nacken spürte er die
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