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0017 - Ich gab ihm eine Chance

0017 - Ich gab ihm eine Chance

Titel: 0017 - Ich gab ihm eine Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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brummte Phil.
    Steve setzte zu irgendeiner Erklärung oder einer Ausrede an, während wir unsere Hüte in der Garderobe auf den Hutständer warfen. Da kam Allans Witwe aus einer Tür und begrüßte uns. Sie sah schon ein bißchen besser aus als Montag früh, aber daß der Frau innerlich etwas zerrissen war, das spürte man doch immer noch.
    Wir wurden von ihr ins Wohnzimmer gebeten und setzten uns in die angebotenen Sessel.
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken mixen?« fragte sie.
    »Nicht mixen«, sagte ich. »Aber für einen Whisky pur wäre ich Ihnen dankbar. Ich bin noch ein bißchen schwach auf den Beinen, da ist ein guter Schnaps genau das richtige.«
    »Gern«, sagte sie und zog eine kleine fahrbare Hausbar heran.
    »Ich hätte ein paar Fragen«, begann ich.
    »Ja, bitte?«
    »Allan kam vor drei Jahren hierher nach New York, nicht wahr?«
    »Ja, ungefähr drei Jahre.«
    »Lernten Sie ihn erst hier in New York kennen?«
    »Nein. Er brachte mich schon aus Chikago mit.«
    »Aha. Waren Sie da schon verheiratet?«
    »Ja, natürlich.«
    »Wie kommt es dann, daß Sie Steve schon länger kennen? War Steve vielleicht früher mal in Chikago?«
    »Was soll denn diese Schnüffelei?« knurrte Steve Colling. »Findest du nicht, daß du dich ein bißchen zu sehr um rein private Dinge kümmerst, Jerry?«
    Er war aufgebracht, man konnte es seinen geschwollenen Schläfenadern ansehen, in denen das Blut hämmerte.
    »Aber laß ihn doch, Steve!« sagte Allans Witwe. »Es ist nichts dabei! Vielleicht will sich Mr. Cotton nur einen allgemeinen Überblick verschaffen! Nein, Mr. Cotton, Steve war nicht in Chikago. Ich bin hier in New York geboren und ging später nach Chikago, aus beruflichen Gründen. Dort lernte ich dann Allan kennen. Nach ein paar Monaten haben wir geheiratet, und wieder nach ein paar Monaten ließ er sich mit Robby hierher versetzen.«
    »Hatte Allan vorher schon mal dienstlich in New York zu tun?« fragte ich ganz nebenbei. Aber dabei beobachtete ich sie scharf. Von dieser Frage hing viel ab.
    Ihr glitt ein Eiswürfel aus der Chromzange, mit der sie ihn gepackt hatte, und fiel zu Boden. Dort zerschellte er in lauter kleine Splitter. Ich bückte mich, wie es sich gehört, und suchte das Zeug zusammen. Sie reichte mir den Aschenbecher, und ich warf das Eis hinein, damit es nicht auf dem Teppich schmolz.
    »Hinter deinem Fuß ist noch ein Stück«, sagte Phil.
    Ich drehte mich um und nahm es in die Hand. Es war ein kegelförmiger Splitter, der langsam kleiner wurde, als ich ihn in der Hand hielt. Ich sah darauf, als wäre er für mich von äußerstem Interesse, während ich langsam meine Frage wiederholte: »Hatte Allan schon einmal dienstlich in New York zu tun, bevor er sich mit Robby hierher versetzen ließ?«
    Sie tat ein anderes Eisstück in mein Glas und reichte es mir.
    »Ja«, sagte sie dabei. »Er sprach einmal davon. Sie folgten damals der Spur einer weitverzweigten Autobande, die sie auch nach New York führte.«
    »Konnten sie die Bande hier stellen?«
    »Nein. Ich hatte Allan damals gerade erst kennengelernt, und wir waren noch im Stadium des ersten Verliebtseins. Sie wissen ja, wie das ist: so eine Art Rausch. Ich machte mir damals fürchterlich viel Sorgen, wenn ich wußte, daß Allan wieder einmal auf irgendeiner Spur war, deshalb interessierte ich mich damals vielleicht ein bißchen genauer für die Einzelheiten seines Berufs als später. Man gewöhnt sich eben mit der Zeit an alles, sogar daran, daß der Mann sein Geld vom Staat deshalb bekommt, damit er immer bereit ist, sein Leben zu opfern. Na, ich glaube, ich fange an, sentimental zu werden. Ihr Männer versteht das wahrscheinlich nicht.«
    »Natürlich müßt ihr tapfer sein, ihr müßt Mut dabei haben — und wie wenig mutige Männer gibt es wirklich? Alles richtig. Aber denkt ihr manchmal auch an die Frauen, die zu Hause sitzen, denen sich die Angst um den Gefährten wie eine kalte Faust auf das Herz legt? Wißt ihr, was das für ein Gefühl ist, wenn plötzlich vor dem Haus ein Auto mit kreischenden Bremsen hält? Wenn man aus dem Bett hochjagt, das Herz bis in den Hals klopfen fühlt und jede Faser in einem drin zittert und fragt: Bringen sie ihn dir jetzt? Hat es ihn diesmal erwischt — wie ihr das nennt —, lebt er noch? Haben ihm die Gangster vielleicht eine Salve aus einer Maschinenpistole durch den Bauch gejagt? Ach, was wißt ihr von diesem nächtelangen Warten! Vorher las man in den Zeitungen mit oberflächlichem Mitleid, wenn sie

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