0017 - Ich gab ihm eine Chance
hatte ich gefunden, was ich suchte.
Wir betraten so eine Art Bastlerwerkstatt. Sie wissen ja, in jedem Haus sind ein paar Werkzeuge anzutreffen, die man so im Alltag hin und wieder mal benötigt. Hier lag das alles säuberlich geordnet in einem Kellerraum.
»Sieh auf die Uhr, wie lange es dauert!« sagte ich.
Ich zog zwei Patronen aus meiner Hosentasche und spannte sie im Schraubstock fest. So, daß die Geschosse zur Decke zeigten. Dann griff ich nach einer Kneifzange und riß so lange, bis ich die beiden Stahlmantelgeschosse heraus hatte. Ich kippte das Pulver aus der einen Patrone heraus, ließ es aber in der anderen drin. Ein Stück Papier aus meinem Notizbuch knüllte ich so zusammen, daß es auf die Patrone paßte, in der noch das Pulver war. Ich drückte es so fest darauf, daß es nicht von allein wieder herausfallen konnte. »Wieviel?« fragte ich.
»Sechsunddreißig Sekunden«, sagte Phil.
»Das ist unwahrscheinlich, wenn man es nicht probiert. Was man doch in einer halben Minute alles tun kann!«
Phil wurde immer ärgerlicher.
»Willst du mir nicht endlich erklären, was das ganze Theater bedeuten soll?« fragte er.
»Du wirst' es ja gleich alles hören. Komm, gehen wir wieder hinauf. Ich muß nur noch ein paar Kollegen etwas fragen, dann können wir loslegen. Oder nein!« Ich blieb nachdenklich stehen und dachte mir die Sache noch einmal durch. »Nein, ich werde später fragen. Komm, fangen wir gleich an.«
Wir gingen hinauf und zurück ins Wohnzimmer. Ich klatschte in die Hände.
»Hallo, Kinder! Bevor ihr euch ganz dem Laster Alkohol in die Arme werft, möchte ich gern etwas nachholen!«
Es wurde Ruhe, und sie setzten sich. Ich fuhr fort.
»Am letzten Samstag saßen wir an Robbys Geburtstag und nach Mr. Highs Dienstjubiläum noch alle Mann in der Kantine herum, das wißt ihr ja. Einige von uns erzählten Geschichten aus unserer Arbeit. Ich war still, weil ich an diesem Tag lieber trinken als reden wollte. Heute nun möchte ich gern mein Versäumnis nachholen und auch eine Geschichte zum besten geben. Sie ist vielleicht nicht lustig, aber ich verspreche euch, daß sie den heutigen Abend entscheidend gestalten wird. Wenn ihr also nichts dagegen habt, fange ich an. Vorher muß ich allerdings wie ein Zauberer auf einer mittelschlechten Bühne einige mysteriöse Vorkehrungen treffen. Damit die Pointen nicht wirkungslos verpuffen, müßt ihr mir versprechen, daß keiner etwas von dem verrät, was ich im geheimen mit ihm verabrede. Okay?«
Sie glaubten tatsächlich, daß ich irgendeinen raffinierten Taschenspielertrick oder so etwas vorführen wollte, und äußerten laut und anhaltend ihre Zustimmung. Sie wissen ja, wie das so bei familiären Feiern ist: Jeder hat etwas, was er zum besten geben muß, was er vortragen will und so weiter. Dieser Seuche kann man ja doch nicht entgehen, weshalb soll man also überhaupt erst protestieren, werden wohl die meisten von unseren Boys gedacht haben, denn daß sie wirklich Interesse an so etwas hatten, konnte ich mir kaum vorstellen.
»Bitte, räumt mir dahinten die Ecke frei«, sagte ich. »Sie ist gewissermaßen die Bühne und bleibt also dem Zauberer Vorbehalten.«
Sie setzten sich weg aus der Ecke, die ich ihnen bezeichnet hatte. Bruce Pay nagte nervös an seiner Unterlippe. Steve Colling hielt mein ganzes Getue für einen affigen Schwindel, was er ohne Hemmung vor sich hin knurrte. Less Hardy vermied es, irgendwen anzusehen. Er trank wenig, und auch das Wenige noch stark mit Soda verdünnt.
»So«, sagte ich. »Dann kann’s ja losgehen.«
***
Während die anderen mehr oder minder gespannt zu mir blickten, winkte ich Phil heran. Ich gab ihm die beiden von mir im Keller zurechtgemachten Patronen so, daß es kein anderer sehen konnte, was ich ihm in die Hand drückte.
»Bring sie in die Küche«, raunte ich ihm zu. »Stell sie auf den großen Anrichtetisch. Wenn sonst noch etwas auf dem Tisch stehen sollte, dann räum es weg, damit nur die beiden Patronen darauf sind und dadurch auffallen. Dann stellst du dich vor die Küchentür und läßt keinen Menschen hinein, bis ich dich rufe. Okay?«
Er nickte und raunte zurück: »Wozu eigentlich das Theater?«
»Ich kann doch nicht meine eigenen Kollegen so verhören, wie ich einen Verbrecher verhören kann«, gab ich leise zurück. »Da lacht mich der Mann doch glatt aus.«
Phil nickte.
»Und deshalb der Schwindel?«
»Natürlich! Was ich durch ein Verhör nicht von ihnen erfahren kann, weil ich sie gar
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