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0017 - Ich gab ihm eine Chance

0017 - Ich gab ihm eine Chance

Titel: 0017 - Ich gab ihm eine Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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sein. Und wenn er zu Hause dumm ist, wird er im Dienst nicht gerade eine Leuchte sein. So ungefähr stellen wir uns das jedenfalls vor.«
    »Ja, das trifft auch meine Vorstellungen. Drittens?«
    »Der Minderwertigkeitskomplex. Der äußert sich natürlich bei jedem Menschen anders. Deshalb ist es schwer, etwas Allgemeingültiges darüber zu sagen. Aber ich glaube, daß man folgendes feststellen kann: Minderwertigkeitskomplexe werden fast nie zugegeben. Und außerdem wollen sie sogar meistens verdeckt werden. Wenn also einer vielleicht einen Minderwertigkeitskomplex hat, weil er meint, daß er zu arm ist, dann wird er häufig über seine Verhältnisse leben, weil er damit imponieren will, und so weiter.«
    »Jawohl, Bill. Auch darin stimmen wir überein. Miß Nancy, darf ich Sie jetzt bitten, einmal an das bewußte Fenster zu treten, von dem Sie jemand im Garten gesehen hatten am Samstagabend!«
    Sie ging wortlos an das zweite Fenster von links und starrte hinaus. Plötzlich stieß sie einen gellenden Schrei aus und rief: »Da ist er wieder! Genau wie am Samstag!«
    Jetzt konnte sie keiner mehr halten. Alle stürzten ans Fenster. Ich bahnte mir mühsam einen Weg hindurch und öffnete das Fenster. Mit einem mitgebrachten Stabscheinwerfer leuchtete ich hinaus.
    Mitten im Lichtkegel stand Bruce Pay und beugte sich über die Stachelbeersträucher, deren Zweige er auseinanderzog.
    »Hallo, Bruce? Was tust du da?« rief ich.
    Er wandte sich uns zu.
    »Was du mir aufgetragen hast! Ich tue genau dasselbe, was ich am Samstagabend auch tat!«
    »Nämlich was?«
    »Ich fröne meiner Leidenschaft: Ich esse nämlich so wahnsinnig gern Stachelbeeren frisch vom Strauch! Schon als Kind war ich nicht zu halten, wenn die Ernte langsam soweit war.«
    Ich lachte. Die anderen stimmten ein.
    »Wenn du fertig bist, kannst du ja wieder hereinkommen.«
    »Okay, Jerry.«
    Die anderen setzten sich wieder. Ich auch. Als Ruhe war, fing ich wirklich an, meine Geschichte zu erzählen.
    »Stellt euch vor«, sagte ich, »unter uns gäbe es einen G-man, der einen Minderwertigkeitskomplex hätte.«
    »Das dürfte wohl mehr als einer sein!« unterbrach Bill. »Denn wenn wir alle ganz ehrlich sind, müssen wir zugeben, daß jeder irgendwo seinen kleinen Minderwertigkeitskomplex hat. Der eine, weil' er nicht studiert hat, der andere, weil er sich einbildet, daß er nicht hübsch genug aussieht, und so eben jeder nach seinem Geschmack und nach seiner wirklichen oder eingebildeten Ursache.«
    »Richtig«, sagte ich. »Aber bei unserem Mann wird der Minderwertigkeitskomplex so groß, daß er dadurch allmählich auf die schiefe Bahn gerät, und das ist nun nicht gerade alltäglich. Ihr wißt, wie das ist, wenn wir mal einer Gangsterbande auf den Fersen sind. Von zehn Banden bieten uns sieben erst einmal Geld an, versuchen, uns zu bestechen. Nun, der G-man, von dem ich spreche, der nimmt eines Tages diese Bestechung an. Damit muß ich meine Geschichte erst einmal unterbrechen, um einen neuen Gesellen mitarbeiten zu lassen. Less, könntest du dich mal zu dem großen Zauberer Lalubabu begeben?«
    Während Less Hardy zu mir kam, sah ich, daß die anderen mit heißen Köpfen anfingen, gedämpft zu diskutieren. Ein Fall von Bestechung kam beim FBI alle Jubeljahre einmal vor. Das brachte sie natürlich in Harnisch, daß es ausgerechnet jemand von uns gewesen sein sollte. Ich ließ sie diskutieren und fragte Less:
    »Sag mal, Less, was hast du eigentlich letzten Samstagabend im Garten verscharrt?«
    Er wurde verlegen.
    »Weißt du, Jerry«, sagte er flüsternd, »wenn du’s den anderen nicht weitererzählst, will ich es dir anvertrauen: Ich vertrage an sich keinen Alkohol, aber ich wollte kein Spielverderber sein. Und dann mußte ich plötzlich erbrechen. Und zu allem Unglück fand ich die Toilette nicht. Da bin ich in den Garten gegangen, und damit es niemand sehen sollte, habe ich es hinterher verscharrt.« Er lachte verlegen und hatte einen roten Kopf. »Fast wie ein Dackel, nicht?«
    »Okay, Less«, nickte ich lächelnd. »Ich sag’s keinem, verlaß dich drauf.«
    »Du bist ’n feiner Kerl, Jerry«, brummte er und ging zu seinem Platz zurück.
    Ich rief Phil so laut, daß er es durch die offenstehende Wohnzimmertür draußen im Flur hören mußte. Er kam zugleich mit Bruce Pay wieder herein ins Wohnzimmer.
    Ich mußte auf einmal husten und sagte: »Robby, könntest du mir vielleicht aus der Küche eine Flasche Milch holen? Ich sah ein paar herumstehen. Ich mag

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