002 - Das Henkersschwert
blickte ihn vielsagend an.
Langsam stand sie auf, stimmte wieder ihren Singsang an, stellte sich vor Dorian hin und streckte ihm ihre Hände entgegen. Er sprang auf und nahm sie in seine Arme. Sie drängte sich eng an ihn.
Er spürte ihre festen Brüste und die weichen Schenkel. Sie war ganz Hingabe. Ihre Hände wühlten in seinen Haaren, und dann trafen sich ihre Lippen erneut mit den seinen. Er wußte, daß er ihr verfallen war. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen; es kam ihm vor, als wäre er verhext.
Ihr Körper war heiß. Er spürte die Hitze durch ihre Kleider, und ihre Lippen glühten. Seine Hände glitten verlangend über ihre Haut.
Es dauerte nur Sekunden, bis er sie vollständig entkleidet hatte. Sie löste sich aus seiner Umarmung und trat zur Lampe. Sein Atem stockte. Er hatte schon viele schöne Frauen gesehen, aber nie hatte sich eine wie Coco darunter befunden. Sie konnte wie ein unschuldiges, unerfahrenes Mädchen aussehen, doch jetzt war sie gänzlich verwandelt. Ihre Sinnlichkeit war einfach umwerfend.
Gebannt starrte er auf ihre wippenden Brüste, ihren flachen Bauch und die hellen Schenkel. Sie begann wieder zu tanzen. Ihre Bewegungen wurden immer schamloser. Sie bewegte sich so rasch, daß ihr schwarzes Haar wie ein Schleier um ihren Kopf wehte. Mit einem Aufschrei sank sie schließlich in seine Arme. Er vergrub sein Gesicht zwischen ihren Brüsten und drängte sie aufs Bett. Sie war wie glühende Lava unter ihm. Als er sich mit ihr vereinigte, bäumte sie sich kurz auf und klammerte sich noch stärker an ihn. Sekundenlang lehnte sich Dorian gegen die Verzauberung auf, doch er war zu schwach. Willig gab er sich den Genüssen hin, die ihr Körper ihm bot.
Coco lag bewegungslos in der Dunkelheit. Sie hatte sich auf den Rücken gedreht und lauschte den regelmäßigen Atemzügen Dorians. Nach einer Weile knipste sie die Nachttischlampe an und betrachtete den Schlafenden. Er lag auf dem Bauch. Die Decke war zurückgeglitten und entblößte seinen mächtigen Oberkörper. Er wandte ihr sein entspanntes Gesicht zu. Sein Haar war zerrauft, und sein Mund lächelte zufrieden im Schlaf.
Coco richtete sich vorsichtig auf und blickte auf ihre Armbanduhr.
Es war kurz nach zwei Uhr morgens. Sie hätte schon lange anrufen sollen; sie wußte, daß man ihre Meldung erwartete. Dennoch zögerte sie auch jetzt noch. Sie wollte nicht anrufen. Seit einer Stunde suchte sie nach einem Ausweg – vergeblich. Die Begegnung mit Dorian Hunter hatte ihr Leben verändert, und sie bedauerte es, daß sie ihn nicht unter anderen Umständen kennengelernt hatte. Schließlich hob sie schweren Herzens den Hörer ab und wählte eine Wiener Nummer.
»Ja?« meldete sich eine dunkle Männerstimme.
»Ich bin's, Coco«, erwiderte sie.
»Endlich«, erwiderte der Mann am anderen Ende gereizt. »Du hättest schon lange anrufen sollen. Ist alles in Ordnung?«
»Ja«, sagte sie. »Alles okay.«
»Gut. Dann bleibt alles, wie wir es besprochen haben.«
Coco wandte ihren Blick nicht von Dorian ab. Sie fühlte sich unbehaglich.
»Was ist mit dir los, Coco?« drang es aus dem Hörer.
»Nichts, Vater. Was soll los sein?«
»Ich kenne dich. Deine Stimme klingt merkwürdig.«
»Das bildest du dir nur ein. Bis später.« Sie legte auf und schmiegte sich an den Schlafenden. Zärtlich fuhr sie mit dem rechten Zeigefinger über seine Stirn, über die Wangen und zupfte an seinem Oberlippenbart. Dorian verzog das Gesicht, wachte aber nicht auf.
Cocos Gedanken wanderten im Kreis. Sie hatte ihren Auftrag erfüllt. In wenigen Stunden würde alles erledigt sein. Die Falle für Dorian Hunter war errichtet; es gab kein Entkommen. Sie löschte das Licht, glitt aus dem Bett und trat ans Fenster. Langsam ließ sie die Jalousie hochgleiten und sah auf die menschenleere Gasse hinunter.
Von hier aus konnte man den Turm des Stephansdoms sehen. Die Fenster der gegenüberliegenden Häuser lagen im Dunkeln. Sie stand lange da und dachte nach. Der Gedanke, daß sie Dorian in den Tod lockte, bereitete ihr Unbehagen. Sie hatte sich in ihn verliebt. Das war gefährlich, wie sie von früheren Erlebnissen her wußte. Sie schlüpfte ins Bett zurück und versuchte zu schlafen, doch es gelang ihr nicht.
Das Rauschen der Brause im Bad weckte Dorian gegen acht Uhr. Er stand auf und wollte die Badezimmertür öffnen, doch sie war versperrt. Es war düster im Zimmer. Er zog die Vorhänge zur Seite. Der Himmel war grau. Dorian dachte an die vergangene
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