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002 - Der Unheimliche vom Todesschloß

002 - Der Unheimliche vom Todesschloß

Titel: 002 - Der Unheimliche vom Todesschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca LaRoche
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Halt verlor. Die Erde unter ihren Schu­hen bröckelte ab. Mit gellendem Schrei fiel sie in die Tiefe.
    ***
    Morels Nackenhaare sträubten sich, als er den hellen Frauenschrei hörte.
    Jacinthe! dachte er entsetzt.
    Drohend ging er einen Schritt auf die Hunde zu. »Zurück! Zurück!« befahl er.
    Die beiden Bluthunde duckten sich, starrten ihn furchtsam an, dann wirbel­ten sie herum und liefen in langgestreck­tem Lauf davon.
    Morel wandte sich ab und begann in die Richtung zu laufen, in die sich Jacinthe entfernt hatte.
    »Jacinthe!« rief er. »Wo sind Sie?«
    Aber er bekam keine Antwort.
    Angst überfiel ihn. Er befand sich im Dienst. Und er hatte kein Recht gehabt, das Mädchen zu dem gefährlichen Un­ternehmen mitzunehmen. Wenn sie nun schwer verunglückt war? Wenn sie viel­leicht gar nicht mehr lebte? Dann war er schuldig, er allein.
    Er warf beim Lauf einen Blick in den Graben, an dessen Rand er entlanglief.
    Da lag sie. Sein Herzschlag stockte.
    »Jacinthe! Hören Sie mich?« rief er.
    Sie rührte sich nicht. Und schon nä­herten sich dem bewegungslosen Mädchenkörper die Ratten. In Scharen sah der Capitaine sie näher rücken.
    Er schoß auf die fetten, aufdringlichen Nagetiere, sorgfältig darauf bedacht, Ja­cinthe nicht zu verletzen.
    Da – er hätte beinahe aufgeschrien vor Freude – bewegte sich das Mädchen.
    »Jacinthe – hallo!« rief er.
    Jacinthe schlug die Augen auf. Mit wachsendem Schrecken sah sie sich um, und als sie Morel am Rand des Grabens erkannte, konnte das kaum ihre aufkei­mende Panik mindern. »Holen Sie mich bitte hier raus, Capitaine!« schluchzte sie. »Ich laufe zum Wagen, Jacinthe, und hole das Abschleppseil. Wehren Sie die Ratten ab. Ich hole Sie rauf, keine Angst.« Morel spurtete los.
    Er wußte, daß Ratten Menschen anfie­len, wenn sie vom Hunger gepeinigt wurden. Und die Ratten da unten im ehemaligen Wassergraben der Burg wa­ren hungrig. Die Grabenwände waren viel zu steil, um den Ratten den Aus­schlupf aus dem Graben zu gewähren. Sie waren da unten gefangen und fraßen sich wahrscheinlich gegenseitig auf.
    ***
    Jacinthe griff nach Steinen, die in ihrer Nähe lagen, und scheuchte die frechsten Ratten immer wieder zurück, die sich ihr nähern wollten:
    Wenn nur endlich der Capitaine zu­rückkäme!
    Seltsamerweise hatte sie den Sturz gut überstanden. Sie hatte sich weder Beine noch Arme gebrochen oder verrenkt. Ihre Hüfte tat ein bißchen weh. Wahr­scheinlich hatte sie da einen riesigen blauen Fleck.
    Sie richtete sich stöhnend auf und sahzufrieden, wie die widerlichen Biester sich wieder etwas zurückzogen.
    Dann spürte sie die Bewegung hinter sich und fuhr herum.
    »Nein…«, schrie sie auf.
    Das Wesen, das sich ihr näherte, sah zum Fürchten aus. Es hatte ein furchter­regendes, mißgestaltetes Gesicht und ein gelbes Glasauge. Das andere Auge war von Eitergeschwüren umgeben. Das Ge­sicht hatte keine Nase und einen großen zahnlosen Mund. Lange Haare hingen dem Ungeheuer bis auf die Schultern nieder. Sie hatten eine graubraune Farbe und wirkten wie ein zottiger Pelz. Der Mann ging gebückt und hatte lange, dürre Krallenhände mit ungeschnittenen Fingernägeln.
    Abwehrend hob Jacinthe die Arme.
    »Bitte, tun Sie mir nichts«, flehte sie. »Bitte…«
    Gautier näherte sich dem schönen Mädchen. Das Entsetzen in ihren Au­gen gefiel ihm. Zwar war er ein wil­lenloses Werkzeug von Madame, aber er besaß durch das Grauen, das er bei den Menschen verursachte, eine große Macht. Die Furcht, die er verbreitete, war ein Ersatz für das, was ihm ver­lorengegangen war.
    Ganz dicht stand Gautier jetzt vor dem Mädchen. Vage erinnerte sie ihn an Madeleine Riquette. Vielleicht hätte so ihre gemeinsame Tochter aussehen kön­nen.
    Gautier spürte, daß er nicht viel Zeit hatte. Er packte Jacinthe. Als die Kral­lenfinger sich ihr näherten, öffnete sie den Mund zum Schrei, doch sie röchelte nur. Er legte die mächtige Hand auf ihren Mund, packte ihren Körper mit dem anderen Arm und trug sie fort. Er verschwand mit ihr durch die eiserne grünlackierte Tür und schlug sie mit dem Schuh zu.
    Madame wird zufrieden sein, dachte er, als er Jacinthe mühelos die Treppe zur Burghalle hinauftrug.
    »Gautier!« rief die harte Stimme Eliza Websters vom oberen Stockwerk her. »Wen hast du da?«
    »Sie ist in den Graben gefallen«, schmatzte Gautier. »Ich hab’ sie geholt.«
    »War sie allein?«
    »Nein. Ein Mann war bei ihr!« Gau­tier wich dem bösen Blick der

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