0020 - Die Rache der Medusa
Krawatte.
»Ich habe Sie vorhin mit diesen beiden Männern ankommen sehen, Chef«, sagte Nicole mit sorgenvoller Miene. »Sie haben – jemanden mitgebracht?«
»Ja, Nicole.«
»Wer – ist es?«
»Jeff Coon. Er liegt oben in meinem Zimmer.«
»Tot?«
»So wie Boris Baschkin«, nickte Zamorra bekümmert.
»Sie war auf dem Dampfer?«
»Ja, Nicole. Sie war da. Und sie hat gesagt, daß ich der nächste sein werde.«
»O Gott, Chef, sagen Sie, daß das nicht wahr ist!« schrie Nicole erschrocken auf.
Zamorra versuchte ein optimistisches Lächeln, das ihm jedoch total mißlang.
»Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird, Nicole«, sagte er mit brüchiger Stimme. Dann nahm er sich den Raki. Nicole Duval hielt ihm zitternd ihr Glas hin, und er goß auch ihres gedankenverloren bis an den Rand voll. Dann bat er sie, wieder Platz zu nehmen, denn er hätte etwas mit ihr zu besprechen.
Nicole ließ sich matt in den Sessel fallen.
»Was ist es, Chef?« fragte sie tapfer.
»Nicole«, begann Zamorra zögernd.
»Ja, Chef?«
»Ich habe einen furchtbaren Verdacht«, gestand der Professor.
»Sprechen Sie ihn aus, Chef. Bitte!«
Zamorra nahm einen großen Schluck von dem Raki. Der Alkohol schwemmte das dumpfe Gefühl in seinem Kopf ein wenig fort. Er hob den Blick und schaute seiner Sekretärin starr in die Augen.
»Glauben Sie mir, Nicole, ich weiß, was ich sage…«
»Bitte, spannen Sie mich nicht länger auf die Folter, Chef!« drängte Nicole Duval. »Sind Sie hinter das Geheimnis der Medusa gekommen?«
»Ja, Nicole.«
»Sie sagten, sie ist ein Dämon?«
Zamorra nickte. »Ja – und nein.«
»Ein – Mensch, Chef? Wer?«
»Ihre Freundin. Mireille Dorleac!«
Nicole Duval wurde förmlich zurückgerissen. Zamorras Worte trafen sie wie ein schwerer Hieb. Sie war so sehr zusammengezuckt, daß der Raki aus ihrem Glas geschwappt und auf den Boden geklatscht war. Ungläubig starrte sie den Professor an. Es sah so aus, als würde sie an seinem Verstand zweifeln.
»Chef! Was sagen Sie da«, preßte sie heiser hervor. »Mireille?«
Zamorra nickte.
»Aber – aber das ist doch völlig unmöglich, Chef!« wehrte sich Nicole Duval gegen diese Ungeheuerlichkeit.
»Sie sollten inzwischen gelernt haben, daß für Dämonen nichts unmöglich ist, Nicole.«
»Ja, ja. Aber ich bin seit vielen Jahren mit Mireille befreundet. Sie war niemals ein Monster!«
»Ich habe mit Kommissar Afsak gesprochen, Nicole.«
»Ja, das weiß ich.«
»Er sagte, daß diese grauenvollen Morde der Medusa vor etwa einem halben Jahr begonnen hätten.« Zamorra nippte wieder am Raki.
Dann fragte er:
»Wie lange ist Mireille Dorleac in Istanbul?«
»Etwa ein halbes Jahr, Chef, aber das hat doch nichts zu bedeuten! Das beweist doch nichts! Hunderte von Leuten sind vielleicht seit einem halben Jahr…«
Zamorra nickte.
»Sie haben recht, Nicole. Das allein beweist noch nichts. Aber ich habe noch mehr Mosaiksteinchen in meiner Tasche. Sehen Sie sich mal alle der Reihe nach und völlig objektiv an. Dann werden Sie mir am Ende zustimmen. Das nächste Steinchen ist Boris Baschkin. Er hat gesehen wie Leila Pasa zu Stein wurde. Wir erzählten das in Mireilles Anwesenheit und sagten, daß wir diesen Baschkin aufsuchen wollten, um mit ihm über seine Beobachtung zu reden. Die Medusa war vor uns da und hat ihn erledigt.«
»Damit er nichts ausplaudern kann?«
»Vielleicht.«
»Aber Chef, diesem Gespenst macht so etwas doch nichts aus. Sie hat nichts zu befürchten. Sonst wäre sie heute nicht auf den Dampfer gekommen, um Jeff Coon demonstrativ zu töten.«
»Hier wie da wollte sie uns ihre Macht spüren lassen«, meinte Zamorra. »Erinnern Sie sich daran, was geschah, als ich den Meißel an den versteinerten Körper des Russen ansetzte?«
»Natürlich, Chef. Es war entsetzlich.«
»Der Russe erhob sich und ging auf Mireille zu! Mit flehend erhobenen Händen. So als wollte er Mireille bitten, sie möge ihn doch endlich erlösen. Und sie hat ihn erlöst.«
»Die Medusa hat ihn erlöst, Chef.«
»Mireille war es, Nicole.«
»Das kann ich immer noch nicht glauben. Ich gebe zu, einiges spricht vielleicht für Ihre Theorie. Aber mir kommt das alles reichlich aus der Luft gegriffen vor. Ich kenne Mireille schon so lange…«
Zamorra nickte grimmig.
»Ich bin noch nicht fertig, Nicole. Denken Sie an Ihre gemeinsame Patrouillenfahrt. Mireille stieg aus dem Wagen. Ihnen war das nicht möglich, weil Mireille eine magische Falle errichtet
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