0022 - Die Hexe von Java
dieser rätselhaften Nebelschwade«, sagte Maddock wütend. »Als sie von der Wasseroberfläche verschwunden war, dachte ich, wir könnten aufatmen, aber da ging sie erst auf Joseph Roane los und diktierte ihm, was er zu tun hatte. Der arme Teufel hat den größten Schock von uns allen davongetragen. Er fühlt sich nämlich für das, was passiert ist, verantwortlich.«
Davis blickte in sein Glas. »Ich werde nachher mit ihm reden.«
»Ich glaube, das hat er nötig«, sagte Maddock.
Das Brummen eines Motors ließ sie aufblicken. Wade C. Davis richtete sich auf. »Da kommt John Sinclair.«
»Der Geisterjäger«, knurrte Maddock mit zusammengezogenen Brauen. »Leider um ein paar Minuten zu spät, sonst hätten wir erfahren, ob sein Ruf zu Recht besteht.«
Klatschnaß und noch gezeichnet vom Kampf mit der Riesenschildkröte erreichten Jane Collins und John Sinclair die »Bossa Nova.« Der Geisterjäger wies auf seine nassen Kleider und sagte zu Davis: »Sieht so aus, als wären wir unterwegs mindestens dreimal gekentert, nicht wahr? Aber das stimmt nicht. Es hat einen anderen Grund, daß wir naß bis auf die Haut sind. Wir wurden auf der Fahrt hierher aufgehalten. Irgend jemandem schien daran gelegen zu sein, daß wir umkehrten.«
»Was ist passiert?« fragte Wade C. Davis mit ernster Miene.
»Bitte lachen Sie mich nicht aus. Wir wurden von einer Riesenschildkröte angegriffen.« Davis wischte sich über die nervös zuckenden Augen. »Ich habe nicht den geringsten Grund, Sie auszulachen, Sinclair.«
John mußte haarklein erzählen, was vorgefallen war. Jane und er bekamen etwas zu trinken. Man hing ihnen Decken über die Schultern, denn es kam eine unangenehm kühle Brise auf.
Wade C. Davis und die anderen hörten gespannt zu. Der Meeresforscher meinte, nachdem John Sinclair geendet hatte: »Dieses Untier sollte Sie wahrscheinlich davon abhalten, zur ›Bossa Nova‹ zu kommen. Während Sie mit dem Panzerdämon kämpften, erwachte hier auf dem Forschungsschiff Wahadin zu neuem Leben.«
Als John das hörte, durchschaute er das gemeine Ränkespiel der bösen Mächte. Sie kämpften auf verschiedenen Ebenen, um ihren vorprogrammierten Sieg schneller zu erringen. Wahadin!
John Sinclair hörte diesen Namen nicht zum erstenmal.
Jeder, der nach Djakarta kam, wurde mit diesem Namen früher oder später konfrontiert. Er war in aller Mund. Jedermann hatte Angst vor dem Diakon des Teufels, obwohl er nachweislich seit zweihundert Jahren tot war.
Die Menschen in Djakarta befürchteten, daß Wahadin eines Tages in ihre Stadt zurückkehren würde. Diese Angst konnte ihnen niemand nehmen. Sie war zu tief in ihren Seelen verwurzelt, wurde von Generation zu Generation weitergegeben, und oft beteten die Javaner zu ihren Göttern: »Verschont uns vor Wahadin, dem Diakon des Teufels, dessen unermeßliche Grausamkeiten unsere armen Väter so häufig zu spüren bekamen.«
Wahadin!
Er war wieder frei.
John sprach über das Gehörte mit Wade C. Davis.
Der Forscher blickte ihn erschüttert an. »Gütiger Himmel!« stieß er hervor, während er sich den Schweiß von der faltigen Stirn wischte. »Was haben wir da angestellt? Wir haben einen Dämon befreit. Wir haben ihm die Möglichkeit verschafft, nach Djakarta zurückzukehren. Gott sei diesen armen Leuten gnädig.«
John erfuhr von Marty Maddock, wie alles begonnen hatte.
Da war zunächst nur eine geheimnisvolle Wolke gewesen, die plötzlich nicht mehr zu sehen gewesen war. Dann hatte Joseph Roane verrückt gespielt, und als er wieder normal geworden war, hatte er die mit Korallen besetzte Kassette vom Meeresboden heraufgeholt.
John sah sich die Kassette an.
»Hier drinnen hat sich Wahadins Kopf befunden«, erklärte Wade C. Davis.
»Der Kasten muß von den Mormonen, die den Diakon totgebetet hatten, gezimmert worden sein«, sagte John nach einer kurzen Untersuchung des handwerklich nicht besonders gut gelungenen Stücks. Ihm entgingen nicht die zahlreichen Symbole des Guten auf dem Deckel der Kassette.
Der Geisterjäger blickte den Expeditionsleiter mit sorgenvoller Miene an. »Wahadin wird sein Satanswerk nun fortsetzen.«
Davis leckte sich hastig über die Lippen und fragte dann schnell: »Glauben Sie, daß Sie ihm das Handwerk legen können, Sinclair?«
»Ich werde es natürlich versuchen. Aber Wahadin ist nicht allein. Er hat Helfer…«
»Wenn wir Ihnen irgendwie zur Hand gehen können…«
»Sie würden sich damit nur unnötig in Gefahr bringen«, erwiderte John
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