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0024 - Bestien aus dem Schattenreich

0024 - Bestien aus dem Schattenreich

Titel: 0024 - Bestien aus dem Schattenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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ein Menü aus Krabbencocktail, Zwiebelsuppe, Tournedos Rossini, Obst und einer Käseplatte, schloss die Mahlzeit mit dem unvermeidlichen Bourbon on the Rocks ab und lehnte sich zurück. Sein Blick glitt von einem zum anderen, und jetzt fiel ihm auf, dass die Gesichter seiner Freunde ernst und verschlossen wirkten.
    »Ihr seht aus wie drei Tage Regenwetter«, erklärte er. »Nicole – der Pariser Frühling scheint Ihnen nicht zu bekommen.«
    »Einigen Leuten ist er heute so schlecht bekommen, dass sie jetzt tot sind«, sagte Zamorras Sekretärin trocken.
    Bill hob die Brauen.
    »Gespenstergeschichten?«, fragte er.
    Zamorra lächelte leicht. Er war es gewöhnt, dass Bill Fleming dem weiten Gebiet des Übersinnlichen etwas skeptisch gegenüberstand.
    Dass das, was er früher stets als Hirngespinste abgetan hatte, durchaus real war, wusste er inzwischen aus Erfahrung. Aber das hinderte den jungen Historiker nicht daran, sein Unbehagen gegenüber diesen Dingen mit spöttischen Redensarten zu überspielen.
    Der Professor informierte ihn kurz. Bills Augen wurden schmal.
    Mechanisch zündete er sich eine Zigarette an und inhalierte tief.
    »Klingt gefährlich«, sagte er langsam. »Willst du dich darum kümmern?«
    Zamorra nickte.
    Für ihn war es selbstverständlich, dass er alles versuchen würde, um der irrationalen Drohung zu begegnen. Das Amulett, das er geerbt hatte, bedeutete nicht nur Macht, sondern legte ihm auch eine Verpflichtung auf. Als einer von wenigen war er in der Lage, wirksam gegen die dunklen Mächte zu kämpfen, die die Menschheit bedrohten, und er stellte sich dieser Aufgabe, wo immer sie auf ihn zukam.
    »Wir müssen herausfinden, mit welcher Art von Wesen wir es zu tun haben«, sagte er. »Bill – du hast doch früher einmal an der historischen Fakultät der Sorbonne gearbeitet, oder?«
    »Allerdings. Und ich kenne auch den Mann, der den Lehrstuhl für Parapsychologie innehat: Professor Lecourbé. Er verfügt über eine beachtliche Sammlung von alten Chroniken.«
    »Dann ist er der richtige Mann für uns. Kannst du ein Gespräch vermitteln?«
    »Ich kann es versuchen. Wartet einen Augenblick – ich bin gleich zurück.«
    Er verschwand in der Hotelhalle, um die Telefonzelle zu benutzen.
    Nach wenigen Minuten kam er zurück. Sein Gesicht drückte Triumph aus, und die anderen waren nicht überrascht zu erfahren, dass Professor Lecourbé sie erwartete.
    Eine halbe Stunde später betraten sie einen großen, düsteren Raum, der mit seinen deckenhohen Bücherregalen voller alter Bände, den schmalen Bogenfenstern und den knarrenden Ledermöbeln wie das Urbild einer Studierstube längst vergangener Zeit wirkte.
    Professor Lecourbé saß hinter seinem ausladenden Schreibtisch auf einem unbequemen, aber altehrwürdigen Stuhl mit hoher Rückenlehne. Lecourbé war klein und weißhaarig, hatte ein Gesicht voller winziger Fältchen und helle Augen, die beim Anblick von Nicoles Mini-Modell bewundernd auffunkelten. Mit einer galanten Verbeugung küsste er seiner Landsmännin die Hand, dann begrüßte er die anderen, nachdem Bill Fleming die Vorstellung übernommen hatte.
    Zamorra unterzogen die kleinen, flinken Knopfaugen einer besonders gründlichen Musterung. »Ich freue mich außerordentlich, Sie zu sehen, Professor. Es war schon immer mein Wunsch, Sie persönlich kennen zu lernen. Ihre Abhandlung über den telepathischen Aspekt des Voodoo-Kults gehört zu den fundiertesten Arbeiten über dieses Thema, die ich kenne.«
    Zamorra lächelte. »Vielen Dank, Kollege. Es war seinerzeit Ihre Artikelserie über telepathische Verbindungen in der Dämonologie, die mich zu den entsprechenden Forschungen angeregt hat. Außerdem erinnere ich mich noch gut an Ihren Vortrag vor dem letzten parapsychologischen Kongress in New York. Ich konnte leider nicht selbst dabei sein, aber ich habe mir hinterher den Wortlaut besorgt.«
    »Kinetische Phänomene«, nickte Lecourbé. »Ich habe inzwischen eine ganze Kette geglückter Experimente auf diesem Gebiet gemacht. Die Bewegung von Materie durch den Geist! Stellen Sie sich die Aspekte vor, die sich für die Zukunft der Menschheit ergeben, falls diese Kräfte systematisiert und unter Kontrolle gebracht werden könnten!« In Lecourbés kleinen, hellen Augen stand das Funkeln des besessenen Forschers. Er wollte weiter sprechen – doch dann unterbrach er sich und lächelte. »Aber Sie sind sicher nicht gekommen, um sich einen wissenschaftlichen Vortrag anzuhören«, meinte er.

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