0026 - Duell der Mutanten
den klaren Himmel und bemühten sich, auch die letzten Strahlen der sinkenden Sonne auf sich zu vereinigen. Die breite Zubringerstraße vom Flughafen zur Stadt war hell angestrahlt und konnte den Verkehr kaum bewältigen. Fellmer Lloyd zuckte plötzlich zusammen. Von irgendwoher drang etwas Böses und gar nicht in diese friedliche Umgebung Passendes auf ihn ein.
Jemand dachte an Gewalt und Vorsicht, an Mord und Tod. Die Reichweite seiner Fähigkeit war nicht sehr groß, nur einige hundert Meter. Aber die Stärke der auf ihn einströmenden Gehirnwellen war so groß, daß der Betreffende sich in unmittelbarer Nahe befinden mußte.
Hastig blickte er sich um. Menschen standen in Gruppen umher und unterhielten sich. Einige nahmen Abschied voneinander, trennten sich, winkten sich noch einmal zu. Eine junge Dame mit ausnehmend hübschen Beinen schritt zielbewußt durch die Sperre auf die wartende Maschine zu. In der Hand trug sie ihre große, braune Ledertasche. Weiter links erblickte Lloyd die Gestalt eines Polizisten, der mit aufmerksamen Augen die Passanten beobachtete.
Lloyds Blicke kehrten zu der jungen Dame zurück. In seinem Gehirn verstärkten sich die Eindrücke. Ja, wahrhaftig. Die gewaltigen Gedanken kamen von ihr, kein Zweifel. Für einen Augenblick glaubte der Mutant sich getäuscht zu haben, aber er konnte sich auf seinen Orientierungssinn verlassen. Vorsichtig setzte er seinen muskulösen Körper in Bewegung und ging hinter der Dame her. Sie trug ein modernes Kostüm und erweckte den Eindruck, als ob sie viel Sport triebe. Ihr Gang war elastisch und fast weich.
Noch drei Minuten bis zum Start. Als er die Gangway emporstieg; zeigte die junge Dame ihren Flugschein mit der Platznummer vor, wechselte einige Worte mit der Stewardeß und begab sich dann in das Innere der Maschine. Lloyd folgte ihr. Sein Ausweis genügte. Er erhielt den Platz schräg gegenüber.
Die Gedanken an etwas Schreckliches schwächten sich nun ein wenig ab und machten Beruhigung und vorläufiger Sicherheit Platz. Lloyd wußte mit Bestimmtheit, daß im Augenblick keine Gefahr, drohte. Aber er wußte auch, daß er diese, wie er nun sah, hübsche Frau nicht aus den Augen lassen durfte, solange sie in der Maschine weilte.
Sie mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein, war schlank und hatte dunkelbraune Haare. Ihre etwas schmalen Augen verliehen ihrem ovalen Gesicht einen ungewöhnlichen Reiz, und Lloyd konnte sich nicht gut vorstellen, daß sie eine Agentin des unbekannten Overhead sein sollte. Vielleicht war das alles nur ein purer Zufall.
Die Maschine startete und glitt bald hinter der untergehenden Sonne her. Ihre Geschwindigkeit war so groß, daß die Sonne noch in gleicher Höhe über dem Horizont stand, als sie in Berlin-Tegel landete. Lloyd spürte die plötzliche Welle der Erregung über sich hinwegspülen, als das junge Mädchen aufstand und zur Tür ging. Die Maschine war ausgerollt und stand dicht vor den Hallen der Zollabfertigung.
Der Mutant erhob sich ebenfalls und beeilte sich, sein Opfer nicht aus den Augen zu lassen. Dessen Gehirnwellenmuster waren nun so intensiv, daß Lloyd sich ihrer kaum noch zu erwehren wußte. Fast schmerzhaft drangen sie in sein Bewußtsein ein und erweckten in ihm das Gefühl einer unmittelbaren Bedrohung.
Sie war ausgestiegen und schritt nun schnell und ohne zu zögern auf die Sperre zu. In der Hand hielt sie ihren Flugschein. Gepäck besaß sie anscheinend nicht. Kein Gepäck? Es war Lloyd, als habe ihm jemand einen Kübel heißes Wasser über den Rücken geschüttet. Gepäck? Mit einem Ruck erkannte er die Wahrheit. Die Dame trug nichts in der Hand. Sie hatte ihre Ledertasche im Flugzeug zurückgelassen.
Lloyd machte auf dem Absatz kehrt, jagte mit Höchstgeschwindigkeit zur Maschine zurück, drängte sich an den aussteigenden Passagieren vorbei, achtete nicht auf die wütenden Proteste und war mit einem Satz an dem Platz, auf dem die Verdächtige gesessen hatte. Die Ledertasche stand harmlos unter dem Liegesessel. Mit einem Griff nahm er sie hoch und raste den kleinen Weg zurück. Für einen Augenblick glaubte er, die Besitzerin der Tasche verloren zu haben, aber dann sah er sie drüben beim Ausgang. Sie bemühte sich, ein Taxi aufzutreiben. Lloyd empfing ihre wirren Gedankenmuster, in die sich erneut Unsicherheit gemischt hatte. War sie nicht von dem überzeugt, was sie getan hatte?
Er kam gerade zurecht, sie in ein Taxi steigen zu sehen. Mit einigen erstaunlichen Sätzen holte er das
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