0026 - Maringo, der Höllenreiter
dunklen Seelen der Getöteten und Abtrünnigen sammle ich um mich herum. Und sobald die Stunde der Dämonen angebrochen ist, werden die Seelen befreit. So lange müssen sie im Reich der Schatten darben.«
Ich betete innerlich, daß es niemals dazu kommen würde. Aber die vier apokalyptischen Reiter hielten sich bereit. Wann griffen sie an?
Ich wollte mehr über die Reiter wissen. »Sind sie es, die in der Apokalypse beschrieben werden?«
»Ja, John Sinclair. Die alten Schriften haben nicht gelogen. Auch die Seher und Magier wußten, was auf die Welt zukommen würde. Sie haben gewarnt. Doch niemand wollte die Worte wahrhaben. Jetzt ist es zu spät…«
Tief atmete ich ein. Nun hatte ich die Bestätigung. Die vier apokalyptischen Reiter würden tatsächlich die Welt heimsuchen und das Chaos verbreiten. Aber was hatte der fünfte Reiter, Maringo, damit zu tun? Ich stellte diese Frage.
Da schallte mir ein Lachen entgegen. »Maringo war der Begleiter des Schwarzen Tods. Er war ein Leibwächter, ein Sendbote der Hölle. Er kündigte jedesmal die großen Schrecken und Katastrophen an. Wenn er auftauchte, war es zu spät. Dann schlug der Schwarze Tod wenig später erbarmungslos zu.«
»So wie jetzt?«
»Fast, John Sinclair, fast. Diesmal bereitete er den apokalyptischen Reitern den Weg. Er bahnt ihnen eine Gasse. Ich leihe sie dem Schwarzen Tod aus. Was in eurer Apokalypse geschrieben steht, wird sich bewahrheiten.«
»Auch wenn Maringo stirbt?« fragte ich. Meine Stimme klang lauernd, denn ich suchte nach der letzten Chance.
»Nein, dann geschieht nichts, denn die Regeln der Schwarzen Magie müssen eingehalten werden.«
»Ich will mit Maringo kämpfen!« forderte ich.
Ich hatte den Entschluß spontan gefaßt, so blieb mir vielleicht noch eine Möglichkeit, das Schicksal zu wenden.
Wieder lachte der Spuk. »Du Narr. Denkst du, wir lassen uns so dicht vor dem Ziel noch auf Kompromisse ein? Nein, John Sinclair, wir wissen um deine Gefährlichkeit. Du könntest Maringo unter Umständen besiegen. Wir würden dich dann zwar auch töten, aber die Invasion der Höllenheere wäre für eine Weile gestoppt. Das können wir nicht riskieren. Aber du sollst zusehen, was Maringo macht und wie er den Weg vorbereitet. Schau her!«
Ich sah ein wirbelndes Schattenspiel, und plötzlich kristallisierte sich aus dem Nichts eine graue Wand. Sie glich in der Größe einer Kinoleinwand, doch sie war dauernd in Bewegung. Es erschien mir, als würden Millionen von winzigen Insekten auf der Leinwand herumkriechen. Dann aber sah ich ein Bild. Eine kleine Stadt im Westen, in Arizona. Hickory!
Das Rodeo stand dicht bevor. Die Sonne senkte sich schon dem westlichen Horizont entgegen. Die ersten Reiter ritten in den Rodeo-Corral. Hunderte von ahnungslosen Menschen sahen zu. Mein Blick wanderte weiter, hinüber zu den Bergen im Westen, die bereits im Schatten lagen. Dort stand er wie ein Denkmal und stieß seine feurige Lanze in die klare Luft. Maringo, der Höllenreiter!
***
Der Medizinmann blies in die Schale vor seinen Beinen, und aus dem fingerdicken Rauchstrahl wurde eine Wolke. Sie quoll der Decke entgegen und zerfaserte dort.
»Maringo ist uralt«, sagte Tanzender Bär. »Manche behaupten, er wäre so alt wie die Welt selbst. Ich weiß es nicht, aber meine Ahnen und Urahnen haben von ihm berichtet. Noch bevor ihr Weißen in dieses Land gekommen seid, ist er über die Prärien und Wüsten geritten, auf seinem schwarzen Mustang, dessen Nüstern Feuer speien. Er war der Vorbote eines noch schrecklicheren Geschöpfes, des Schwarzen Dämons, wie wir ihn genannt haben.«
Suko wußte, daß mit dem Schwarzen Dämon nur der Schwarze Tod gemeint sein konnte. »Immer wenn Maringo in den Dörfern auftauchte und die Tipis verwüstete, gab es Krieg. Dann wurden blutige Stammesfehden ausgetragen. Männer starben, Frauen und Kinder weinten. Niemand konnte dem Höllenreiter Einhalt gebieten. Es kam die Stunde der Weißen. Sie drangen in unser Land ein, töteten die Büffelherden und brachten, ebenso wie Maringo, Not und Pein über uns. Da riefen wir den Höllenreiter um Hilfe an, und er kämpfte von nun an auf unserer Seite. Dafür verlangte er die Seelen unserer schönsten Squaws. Wir gaben sie ihm. Viele Weiße hat er getötet, doch dann kam ein Mann, den ihr Priester nennt, in unser Land und hat den Höllenreiter vernichtet. Er besiegte ihn mit der Macht des Kreuzes und drückte ihm mit einem geweihten glühenden Brandeisen ein Zeichen auf die
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