0026 - Maringo, der Höllenreiter
begegnet? Hatte er sie ebenso gesehen wie ich?
Meine Knie zitterten. Gegenüber diesen Reitern fühlte ich mich wie ein Wurm. Aber ich war der Lösung des Rätsels einen Schritt näher gekommen.
All das Grauen, das die Menschheitsgeschichte in sich barg, hing irgendwo zusammen, hatte in den Jenseitsreichen seinen Ursprung. Diese Erkenntnis überwältigte mich. Mir wurde schwindlig. Nur mit äußerster Kraft hielt ich mich auf den Beinen, wobei ich nicht verhindern konnte, daß ich schwankte.
Der Weltuntergang!
Stand er dicht bevor? War es schon soweit?
Nein, nein, nein! Ich konnte und wollte es einfach nicht glauben. Die Menschheit durfte nicht untergehen. Sie hatte bisher alle Schrecken, Kriege, Seuchen und Hungersnöte überstanden, und sie durfte auch jetzt nicht dem Grauen aus den anderen Dimensionen anheimfallen.
Keiner der Reiter bewegte sich. Stumm standen sie vor mir.
Ich hatte mich wieder gefangen und dachte an den fünften Reiter.
Wie hatte Herby ihn genannt?
Maringo, der Höllenreiter!
Aber wo befand er sich? Und in welcher Verbindung stand er zu den apokalyptischen Reitern? War er ihr Anführer? Hatte er sie geleitet?
Fragen über Fragen warfen sich mir auf. Vielleicht würde ich nie eine Antwort finden, denn ich war der Gefangene.
Aber was hatten die Reiter mit mir vor? Sie rührten mich nicht an, blieben wie Statuen auf ihren Pferden sitzen.
Manchmal hatte ich das Gefühl, daß überhaupt kein Leben in ihnen steckte.
Wenn die vier Reiter nicht die Initiative übernahmen, dann wollte ich es tun. Zwischen den beiden Pferden vor mir befand sich genügend Platz, um hindurchgehen zu können.
Ich wagte den ersten Schritt.
Die Reiter rührten sich nicht.
Der zweite Schritt, der dritte…
Sie ließen mich passieren. Niemand griff mich an, niemand wollte mein Leben. Frei konnte ich mich bewegen.
Doch die Freiheit dauerte nicht lange. Plötzlich war ich eingekreist. Ich hörte Stimmen.
Flüstern und Wispern um mich herum. Leises Lachen. Unsichtbare Hände griffen nach mir, zerrten an meiner Kleidung. Ich erhielt leichte Schläge ins Gesicht, jemand klammerte sich an mein Bein. Ich versuchte, mich aus der Umklammerung zu lösen, schaffte es aber nicht. Manchmal glaubte ich, für Bruchteile von Sekunden Schatten über den Boden huschen zu sehen. Im nächsten Augenblick waren sie wieder verschwunden. Plötzlich stoppte mich eine unsichtbare Barriere. Ich wartete darauf, was geschehen würde.
Vor mir begann die Luft plötzlich zu flimmern. Alles war in dauernder Bewegung. Etwas Grauenhaftes ging hier vor, etwas, was ich nicht fassen oder begreifen konnte. Dann sah ich das Augenpaar. Gelblich leuchtend und auf mich fixiert. Auf einmal wußte ich, wer vor mir stand. Es war ein alter Bekannter. Es war – der Spuk!
***
Suko und Herby waren auf dem Weg nach Hickory. Der Chinese hatte sich nach reiflicher Überlegung zu diesem Marsch entschlossen. Er hatte im Laufe der Zeit ein Gespür für bevorstehende Gefahrensituationen entwickelt, und er wußte auch, wann die Mächte der Finsternis zuschlugen. Suko konnte sich sehr wohl in den Höllenreiter hineinversetzen. Er ahnte, daß er in den nächsten Stunden angreifen würde. In Hickory war Rodeo. Zahlreiche Menschen kamen zusammen. Es wurde gefeiert, gelacht, getanzt und getrunken. Niemand rechnete mit einer Gefahr.
Solche Situationen nutzten die Dämonen aus. Dann schlugen sie erbarmungslos zu. Suko wollte dies verhindern.
Dabei hatte er jedoch ein schlechtes Gewissen. Viel lieber hätte er sich auf die Suche nach mir begeben, doch er kannte meine Einstellung. Wenn Menschen in Gefahr waren, zählte mein Leben nicht mehr. Dann galt es zuerst, die anderen zu retten. Zudem glaubte Suko nicht an meinen Tod. Und wenn er den Höllenreiter schnappte, hatte er vielleicht eine Chance, herauszufinden, wo ich mich aufhielt, So sahen seine Zielvorstellungen aus, als er von der Kuppe eines Hügels auf die Stadt hinunterblickte. Herby stand neben ihm.
»Da ist ja wirklich allerhand los«, sagte der Alte und rieb sich die Hände. »Die fünfzig Dollar haue ich auf den Kopf. Ich rieche schon den Whisky und das Bier.«
Suko sagte nichts. Er sah sich nach dem Festplatz um. Der Festplatz befand sich außerhalb des Ortes. Durch Corralstangen war das Gelände eingezäunt worden. An der Schmalseite befanden sich provisorisch aufgebaute Boxen, wo die Stiere auf ihren Auftritt warteten. Weiter hinten sah Suko die Pferdekoppeln, in denen sich die wilden Mustangs
Weitere Kostenlose Bücher