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0026 - Wir hetzten ihn für zwölf Millionen

0026 - Wir hetzten ihn für zwölf Millionen

Titel: 0026 - Wir hetzten ihn für zwölf Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir hetzten ihn für zwölf Millionen
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Tasche.
    »Jetzt muß es gleich losgehen!« sagte O’Kara rauh.
    Längst rasten wir hinter dem Zug her. Wir holten ihn ein, als ich meine Requisiten gerade vollzählig beisammen hatte und überlegte, ob meine monatliche Lebensversicherungsprämie pünktlich abgeschickt worden war.
    Verdammt, ich gebe zu, daß ich übel zu schwitzen begann, als ich die hellschimmernde Reihe der Wagen unter uns dahinhetzen sah. Ich bin sicher kein Feigling, aber ich glaube, daß die meisten Männer ein komisches Gefühl in der Magengrube haben, wenn sie von einem Flugzeug auf einen Pullman-Wagen umsteigen müssen.
    Und ich, ja, ich mußte es einfach.
    Die Kabine hatte eine Bodenplatte, die leicht zu öffnen war. Ich prüfte das Seil gründlich, ehe ich es mir mit einer besonders haltbaren Schlinge unter die Arme legte. Es war aus einwandfreiem Material und würde mein Gewicht ohne weiteres tragen. Meinen Revolver hatte ich in der Schulterhalfter, die Taschenlampe steckte in meiner Hose, und sämtliche anderen Gegenstände hatte ich fest in meinen Taschen geborgen.
    Die rechte Hand frei, in der Linken ein scharfes Kappmesser von O’Kara — so rutschte ich langsam durch die offene Luke ins Dunkel der Nacht hinaus. Meinen Fallschirm hatte ich abgeschnallt. Er war in dieser Höhe überflüssig.
    Der Flugwind traf mich wie eine eisige Mauer. Erst an den Beinen, und dann, als mich Phil Decker nach unten gleiten ließ, am ganzen Körper.
    Mir war, als ob jemand ziemlich kräftig meine Gesichtshaut massierte, und meine Jacke bauschte sich unter der Schlinge des Seiles wie ein aufgeblasener Sack. Ich hing zuerst schräg. Unter mir blieb weiterhin der Expreß, dessen erleuchtete Fenster ich nun als viereckige Lichtflecke dahinhuschen sah.
    Einen Moment kam mir der Gedanke, daß wir alle, Phil, O’Kara und ich, rettungslos verloren waren, wenn der Zug in den nächsten zwei oder drei Minuten in irgendeinen engen Canyon donnerte. In einer Schlucht hätte auch Jeff die totale Zertrümmerung des Flugzeuges an den Felsen durch noch so raffinierte Manöver nicht verhindern können.
    Unsagbar langsam ließ mich Phil nach unten pendeln. Mir jedenfalls kam diese Zeit wie eine Ewigkeit vor. Immer näher kam das Dach des Pullman-Wagens, über dem ich in die Tiefe schwebte.
    Und dann war es plötzlich sehr nahe, war plötzlich nur noch höchstens drei, vier Meter entfernt.
    Wieder dachte ich an die zwölf Millionen New Yorker. Zum Henker mit Myers! fluchte ich verbittert. Hätte er sich von seinen Kollegen zur Vernunft bringen lassen, dann wäre er jetzt keine Gefahr für Millionen von ahnungslosen Menschen.
    Es kamen elende Sekunden. Mir wurde übel, und ich glaubte, daß sich mein Magen umdrehen würde, noch ehe meine Füße den Zug erreicht hatten. Wenn Jeff O’Kara jetzt nicht absolut auf Draht war, wenn er jetzt ein paar schwache Sekunden hatte oder einen Herzschlag lang die Beherrschung verlor, dann würde man morgen meinen zerschellten Körper finden und…
    Dann fühlte ich plötzlich festen Halt unter den Füßen. Ich schwankte, klammerte mich an das Seil. Das Wagendach rutschte noch etwas, es war nicht schlüpfrig, es rutschte einfach nur. Sekundenlang stand ich bei rasender Fahrt auf dem Pullman-Wagen, dann kniete ich, stützte mich mit der Rechten und — kappte das Seil! Dann spreizte ich die Beine, ließ mich fallen und hielt mich an einem metallenen kleinen Höcker fest, der eine Luftklappe, ein Ventilator oder Gott-weiß-was war.
    Ziemlich undeutlich hörte ich, daß die Maschine höher stieg — mal schwpll das Tosen der Motore an, mal ebbte es ab. Aber ich lag jedenfalls auf dem Dach »meines« Pullman-Wagens und hatte es geschafft.
    Ich hätte schreien mögen vor Freude. Ich hatte es wirklich und wahrhaftig geschafft!
    ***
    21 Uhr 10
    Ich lag also jetzt auf einem Wagen des Zuges, in dem der Mann mit dem radioaktiv verseuchten Gehirn saß, der Mann, den ich unbedingt zur Strecke bringen mußte. Es war 21 Uhr 10 — über fünf Stunden waren von der Frist verstrichen, die uns Nafty Myers gegeben hatte.
    Langsam sehr langsam, kroch ich zum vorderen Ende des Wagendaches. Es war schwierig, in das lederne Verbindungsstück zwischen meinem und dem nächsten Wagen ohne auffallende Geräusche einen Einstieg zu hacken. Mit Hilfe meines Beiles und des Klappmessers brachte ich es schließlich fertig.
    Das weitere war ein Kinderspiel. Eine Minute später stand ich im Gang des Wagens, auf dessen Oberfläche ich eben noch mit gemischten Gefühlen

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